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Ein toter Lehrer / Roman

Ein toter Lehrer / Roman

Titel: Ein toter Lehrer / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Lelic
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Darauf würde ich ganz und gar nicht zählen.«

D as ist doch gelogen.
    Bitte, Schatz. Beruhige dich.
    Nein, ich beruhige mich nicht, verdammte Scheiße. Was fällt der eigentlich ein? Was fällt Ihnen ein? Er ist tot. Mein Sohn ist tot, ermordet von dieser schwulen Pfeife von einem Lehrer, und ich soll hier einfach ruhig sitzen bleiben, während Sie Donnie durch den Dreck ziehen?
    Blödsinn. Haben Sie gar nicht. Sie haben nicht gefragt. Behauptet haben Sie es. Dings haben Sie gemacht, Mann, sag schon. Andeutungen. Genau das. Wenn Donnie so viel Ärger gemacht hat, wieso hat denn die Schule nie einen Ton gesagt? Meine Frau war doch beim Elternabend. Erst letzten Monat.
    Das war im Februar. Vor vier Monaten.
    Dann halt im Februar. Ist das jetzt nicht scheißegal, wann das war? Es geht doch darum, dass nie jemand was gesagt hat. Kein Wort, verdammte Scheiße.
    Barry, bitte. Nicht solche Ausdrücke.
    Halt den Mund. Halt einfach mal den Mund. Und Sie. Sie hören mir jetzt mal zu. Mein Sohn war ein guter Junge. Er hatte vielleicht eine große Klappe, gut. Und er hat gesagt, was er dachte, öfter, als gut für ihn war. Aber er hat nie Probleme gemacht. Keine Drogen, kein Sprit, nichts. Er wusste schon, was ihm geblüht hätte, wenn ich ihn mit so was erwischt hätte. Und seine Noten waren vielleicht nicht die besten, aber er war ein heller Kopf. Richtig clever. Nur dass er immer mit dieser Niete zusammen war, das war seine einzige Dummheit. Wie heißt der noch mal. Mensch, wie heißt denn der noch mal?
    Gideon. Gi. Gideon.
    Genau, Gideon. Dieser verdammte Idiot. Sie kommen hierher, weil Donnie angeblich Ärger gemacht hat, dabei müssten Sie sich eigentlich mal diesen Gideon vorknöpfen. Der hat ständig Mist verzapft, und Donnie hat’s dann abgekriegt. Ich hab’s ihm immer wieder gesagt. Pass auf, Junge, hab ich gesagt, diese Niete zieht dich noch mit rein in den Dreck. Und ich hatte recht. Genau das ist passiert. Bei diesem Gideon wissen sie alle Bescheid, dass der so eine halbseidene Type ist, und Donnie haben sie in denselben Topf geworfen.
    Sag doch auch mal was, Karen. Ich hab doch recht, oder etwa nicht? Sag ihr, dass ich recht hab.
    Er hat recht.
    Klar hab ich recht. Wie letzten Sommer. Wie bei dieser Geschichte im letzten Sommer, mit dem Jungen im Bus.
    Das war im November.
    Quatsch, November. Im Sommer war das.
    Doch, das war im November, das weiß ich genau. Weil es nämlich schon dunkel war, und dabei hatten wir noch nicht mal halb sechs.
    Das war im Sommer. Schreiben Sie das auf, Fräulein. Es war im Sommer.
    Ist mir egal, ob Sie das aufnehmen, ich sag Ihnen, schreiben Sie es auch noch auf. Sie schreiben ja auch andere Sachen auf.
     Schreiben Sie es auf.
    Also, das war im Sommer. Ich hab beim Abendbrot gesessen. Hatte mich gerade hingesetzt. Ich hatte einen langen Tag gehabt,
     war eh schon angepisst, weil wir nur warmes Bier dahatten.
    Ich hab dir doch gesagt, Barry, das liegt am Kühlschrank. Der läuft schon seit Monaten nicht mehr richtig. Ich hab ja gesagt, ich kann schnell runter zum Kiosk laufen und ein paar kalte Flaschen holen, aber du hast gesagt …
    Menschenskind. Kannst du nicht mal für eine Minute still sein? Das ist doch jetzt wohl scheißegal. Der Kühlschrank ist also kaputt. Deshalb war das Bier warm. Na und?
    Wo war ich stehengeblieben? Andauernd diese Unterbrechungen. Jetzt weiß ich nicht mehr, wo ich war.
    Du hast gerade beim Abendbrot gesessen.
    Richtig, ich sitze also beim Abendbrot, hab gerade erst angefangen. Ich sitze also da, und auf einmal klingelt es an der Tür. Dann, direkt darauf, klopft es. Es ist mehr so ein Hämmern. Wie mit der Faust. Und ich so zu Karen: Leck mich am Arsch, wer ist das denn jetzt? Und sie zuckt bloß mit den Schultern und guckt blöd aus der Wäsche, so wie jetzt, und dann klingelt es noch mal, dingdongdingdongdingdong, wie wenn derjenige vor der Tür den Finger auf dem Knopf lässt. Und ich so: Ich geh mal, ja? Obwohl Karen schon fertig ist mit essen, und es könnte ihr ja weiß Gott nicht schaden, auch mal ihren Arsch in Bewegung zu setzen. Ich steh also auf und bin noch nicht richtig aus der Küche raus, da geht das Gehämmer schon wieder los. Hör mal, Freundchen, brülle ich, da draußen brennt’s wohl, oder wie? Vom Flur aus seh ich dann jemanden hinter der Scheibe – so als Schatten, wie so als …, na, als Silhouette –, und ich sehe, dass der draußen das Gesicht an die Scheibe drückt. Sieht der mich also die ganze Zeit kommen und

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