Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein toter Lehrer / Roman

Ein toter Lehrer / Roman

Titel: Ein toter Lehrer / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Lelic
Vom Netzwerk:
klingelt trotzdem weiter Sturm, der Idiot. Ist mir jetzt auch egal, ob draußen was brennt, ich muss mir erst mal diesen Typen vorknöpfen.
    Ich mach die Tür auf, die Linke zur Faust geballt. Und wer steht da? Eine Frau. Was ihr Glück ist, sonst hätte ich nicht erst so lange rumgequatscht.
    Wer zum Teufel sind Sie?, frag ich.
    Und sie sagt: Stanley. Sie sind Stanley, richtig?
    Wer will denn das wissen? Was fällt Ihnen eigentlich ein, hier wie eine Bekloppte an meine Tür zu hämmern? Sie haben Glück, dass Sie eine Frau sind, sonst würde ich Ihnen aber was erzählen.
    Genau deshalb komme ich, Mr. Stanley. Sie und Ihr Sohn, Sie sollen mir mal was erzählen.
    Donnie? Was ist mit Donnie? Außerdem haben Sie mir immer noch nicht geantwortet. Wer sind Sie, verdammt noch mal?
    Da sagt sie ihren Namen. Sie sagt ihn, aber ich hab keine Ahnung mehr, wie er war. Irgend so ein Negername. Afrikanisch oder was weiß ich. Sie war nämlich eine von denen. Eine Farbige.
    Barry. Du sollst diese Menschen nicht so nennen.
    Wie denn sonst? Ihre Haut war doch wohl farbig, oder? Also ist sie eine Farbige, ist doch logisch.
    Das sind Afroamerikaner. Man nennt sie Afroamerikaner.
    Amerikaner? Was hat denn das jetzt bitte mit Amerika zu tun? Also, Fakt ist, ich weiß ihren Namen nicht. Ihr Akzent war okay, ich hab sie verstanden, aber ich kann Ihnen nicht sagen, wie sie hieß, in Ordnung?
    Also gut.
    Sie sagt mir also ihren Namen. Und ich sage: Und?
    Und Ihr Sohn hat meinen Sohn angegriffen.
    Angegriffen. Was soll das heißen, angegriffen?
    Er ist auf ihn losgegangen, sagt sie. Im Bus. Im Schulbus. Er und seine Kumpels haben ihn festgehalten, ihn geboxt und getreten und … und …
    Und was?
    Und jetzt flennt sie. Das ist das Problem mit den Weibern. Man unterhält sich, und mittendrin fangen sie an zu flennen. Keine Ahnung, ob das die Hormone sind oder die ganzen Schnulzen im Fernsehen oder weiß ich was.
    Und was?, frag ich noch mal.
    Und dann geht sie auf mich los. Sie spuckt beim Sprechen, und sie brüllt wie eine Wilde. Sie haben ihn vollgepinkelt, keift sie. Vollgepinkelt, einen zwölfjährigen Jungen. Sie haben ihn zusammengeschlagen, bis er auf dem Boden lag, und dann haben sie ihn vollgepinkelt. Ihr Sohn. Dieser Dreckskerl!
    Da hab ich die Faxen dicke. Ich sag: Moment mal. Moment mal, Lady. Sie sprechen über meinen Sohn. Sie beschuldigen meinen Sohn.
    Und sie dann so: Was heißt hier beschuldigen? Ich sage Ihnen, was passiert ist. Ich sage Ihnen, wie es war.
    An diesem Punkt dreh ich mich um. Karen, die lauscht schon, und Donnie hat todsicher auch gelauscht. Aber ich rufe ihn. Donnie,
     ruf ich. Donovan! Mach, dass du hier runterkommst. Aber dalli!
    Keiner sagt ein Wort, und wir warten auf ihn. Ich hör seine Tür klappen. Ich meine, ich weiß genau, dass er schon oben an der Treppe steht. Bloß, er hat sich wieder zu seinem Zimmer geschlichen und die Tür zugeworfen, damit es aussieht, als ob er die ganze Zeit da drin gewesen wäre. Ich sag ja, er ist raffiniert. Jedenfalls kommt er an die Treppe und fragt: Was ist? Was willst du?
    Komm einfach runter, sag ich zu ihm.
    Und als sie ihn dann sieht, da tickt sie total aus. Sie will an mir vorbei und wirft sich nach vorn, fuchtelt mit den Armen rum und fängt wieder an zu spucken und zu brüllen. Dann heult Karen los.
    Ich hab gar nicht geheult.
    Karen heult los, und in der Zwischenzeit steht Donnie auf halber Treppe, und ich halte diese Irre an den Schultern fest, damit
     sie nicht in mein Haus kommt.
    Wer ist denn da?, fragt Donnie.
    Ich antworte nicht, hab ja genug mit ihr zu tun. Sie ist zwar eine Frau, aber nicht gerade klein. Die Frauen von denen sind ja meist größer, nicht wahr?
    Na jedenfalls, irgendwann beruhigt sie sich. Was heißt, beruhigt sich. Sie hört auf zu schreien. Sie wischt sich mit dem Handrücken über den Mund und steht da und atmet so ein und aus, aber wie sie guckt – als ob sie sagen wollte, na los, Donnie, komm nur einen Schritt näher.
    Kommt er aber nicht. Er bleibt, wo er ist. Ich sag ja, blöd ist er nicht.
    Du, sagt sie. Was hast du getan?
    Wer ist das, Dad? Was hat sie gesagt?
    Sie sagt, du wärst auf ihren Sohn losgegangen, sag ich zu ihm. Im Bus. Sie behauptet, du hättest ihn vollgepinkelt. Und ich erwarte, dass Donnie lacht oder so. Weil, das ist ja total hirnrissig. Aber nichts. Er lacht nicht, sagt keinen Ton. Starrt auf den Boden.
    Und diese Verrückte gleich: Sehen Sie! Da haben Sie’s! Er gibt es zu.
    Nein, sagt Donnie. Ich war’s

Weitere Kostenlose Bücher