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Ein toter Lehrer / Roman

Ein toter Lehrer / Roman

Titel: Ein toter Lehrer / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Lelic
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nicht. Ich schwör’s, Dad, ich war’s nicht.
    Ich guck ihn bloß an.
    Ehrlich, Dad, du musst mir glauben. Okay, ich war dabei. Ich hab’s gesehen. Ich hab gesehen, was sie mit ihm gemacht haben, aber ich war’s nicht.
    Und sie gleich: Der lügt doch!
    Und ich: Sie sind still. Sie sind jetzt mal ganz still.
    Wer war es, Donnie? Was hast du gesehen?
    Aber Donnie macht die Klappe nicht auf. Sagt keinen Piep. Womit die Sache ja klar ist. Es war einer von seinen Kumpels. Und man braucht kein … Dings, kein Hellseher zu sein, um zu wissen, welcher.
    Donnie, sag ich noch mal. Was hast du gesehen?
    Ich kann nicht, Dad. Du weißt, ich kann nicht.
    Er war es! Mein Sohn hat es mir erzählt!
    Ich war’s nicht. Ich schwöre Ihnen, ich war’s nicht!
    Aber er hat ihn gesehen. Er hat dich gesehen!
    Vielleicht hat er mich gesehen, aber ich hab es nicht getan. Da waren ganz viele. Zehn, zwanzig Leute. Vielleicht hat er mich verwechselt. Vielleicht hat er nur gedacht, ich wär’s gewesen.
    Er hat niemanden verwechselt! Wenn er sagt, du warst es, dann …
    Sie beschuldigen den Falschen, sag ich zu ihr. Hören Sie? Sie beschuldigen den Falschen. Reden Sie mit der Schule. Erzählen Sie denen, was passiert ist. Sollen die sich drum kümmern.
    In der Schule war ich schon, sagt sie. Ich hab mit dem Direktor gesprochen. Er sagt, sie können nichts machen. Sprich, sie wollen nichts machen. Deshalb bin ich hier bei Ihnen. Ich habe mit meinem Sohn geredet, und jetzt rede ich mit Ihnen!
    Dann macht Karen auch mal den Mund auf. Da sind doch Kameras, sagt sie. Sind da keine Kameras? In den Bussen.
    Genau, sag ich. Fragen Sie bei den Verkehrsbetrieben nach. Gucken Sie sich die Bänder an.
    Sie haben Taschentücher über die Kameras getan! Jetzt brüllt sie wieder, die Verrückte. Ihr Sohn! Nasse Papiertaschentücher haben sie drübergeklebt! Und dann will sie auf Donnie losgehen und versucht, sich an mir vorbeizuquetschen, und da hab ich endgültig die Schnauze voll. Ich schnapp sie bei den Armen und schieb sie raus. Hätte ich eigentlich gleich machen sollen. Hau ab, sag ich und knall die Tür zu. Dann geh ich wieder rein und esse weiter.
    Das war’s. Feierabend. Ich hab nie wieder was von ihr gehört oder gesehen. Was ja wohl der beste Beweis ist. Mal ehrlich, wenn sie sich so sicher gewesen wäre, dass es Donnie war, wäre sie ja nicht einfach so wieder in ihr Loch zurückgekrochen. Nicht nach dem Theater, was sie hier gemacht hat. Ich sag Ihnen, wie das war: Sie ist gegangen und hat noch mal mit ihrem Bengel geredet, und der hat dann gesagt: Hm … na ja … okay … da hab ich mich wohl geirrt. Vielleicht war’s gar nicht Donovan. Aber krieg ich etwa eine Entschuldigung? Kriegt Donnie eine Entschuldigung? Einen Scheiß kriegen wir.
    Meinetwegen können Sie hier sitzen und Andeutungen machen, bis Sie schwarz werden. Ich kenn das alles schon, ist doch alles erstunken und erlogen.
    Wissen Sie was, warum red ich mir hier überhaupt den Mund fusselig? Sie sind genau wie die anderen, alles eine Sorte, das sehe ich an Ihrem Gesicht. Es ist scheißegal, was ich sage. Das geht bei Ihnen hier rein und da raus. Glauben Sie doch, was Sie wollen. Wen interessiert das denn jetzt noch?
    Jetzt reicht’s. Schluss, aus, Ende.
    Jetzt sofort.
    Geben Sie das Ding her.
    Wie geht das aus?
    Wo ist denn der verdammte Schal…
     
    Tut mir leid wegen meinem Mann, Detective.
    Nein, nein, keine Sorge. Es würde ihm zwar nicht gefallen, dass ich mit Ihnen rede, aber er kommt so schnell nicht zurück, erst später. Er kommt nach Hause, wenn er Hunger hat. Meine Mutter hat immer gesagt, Männer sind wie Hunde. Sie bellen, und manchmal beißen sie auch, aber solange man sie füttert, laufen sie nie weit weg von zu Hause.
    Sie dürfen nicht schlecht von ihm denken. Es hat ihn bloß ziemlich mitgenommen, das alles. Er wird immer wütend, wenn ihm irgendwas Kummer bereitet. Manchmal glaube ich, das ist seine einzige Möglichkeit, sich auszudrücken. Er ist eben sehr aufbrausend, das ist sein Problem. Er ist ein sehr leidenschaftlicher Mensch. Und ihm fehlt sein Sohn. Ein Kind darf doch nicht vor seinen Eltern sterben, das ist doch nicht richtig. Das hat mal jemand so gesagt – ich glaube, das war in den Nachrichten, oder vielleicht auch in irgendeiner Folge von Coronation Street, und das ging mir irgendwie nicht mehr aus dem Kopf, auch wenn ich ja nie gedacht hätte, dass es mal … also, dass wir mal … also dass …
    Kümmern Sie sich nicht um mich. Mir geht’s

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