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Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman

Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman

Titel: Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Maria Herbst
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kam und man ihn einfach vergaß.
    Wie dem auch sei, die Nudeln sind die besten unseres Lebens, und wären wir Restauranttester, würden wir diese Trattoria, die wir in Deutschland nicht mal zum Pinkeln aufgesucht hätten, auf Seite eins vom Schlemmeratlas setzen.

15
    Nachmittags
    Liebes Logbuch!
    Erkenntnis des Tages: Die Welt ist ein Dorf und der Herbst sein Depp, inzwischen Worldwide.
     
    Joggte eine Stunde an der chilenischen Küste entlang. Herrlich. Das Gefühl, rechts neben sich den Pazifik zu haben, um sich 25 Grad und in jedweder Richtung Menschen, die einen nicht kennen, hatte was, allein Letzteres sollte sich als Trugschluss erweisen, wurde ich doch bereits auf den ersten Metern von einem Einheimischen mit »Hola Sssstromberge!« begrüßt.
    Auf Nachfragen erwies sich der Zeitgenosse als einer, der Internet nicht nur nicht für ein Café hielt, sondern in ihm sogar zu Hause zu sein schien. Breitbeinig stellte er sich auf der schmalen Promenade vor mich und in Sekundenschnelle musste ich meine Hand vor die Augen halten und abbremsen, weil ich so stark geblendet wurde. Es war tatsächlich ein Zahn, der mich fast stolpern ließ, nämlich der goldene Schneidezahn dieses Mannes, der die tiefstehende Sonne reflektiert hatte.
    Eigentlich hatte ich zu wissen geglaubt, wie der
Stromberg
-Fan aussieht, ein chilenischer Edelmetallträger namens Alonso war bislang jedenfalls nicht darunter gewesen. Spannend. Ungefragt hatte er sich vor mich gestellt und sich mir vorgestellt, und lächelnd versuchte ich wieder in ein langsames Trippeln zu kommen, um ihm damit zu signalisieren, dass ich weiterzulaufen gedachte. Er quittierte meinen Ausbruchsversuch mit einem lachenden
     
    »Bernd! Du altesss Ssslüpfersstürmer! Wie ssstehen die Akten?«
     
    Wie vom Donner gerührt blieb ich abermals stehen, diesmal von diesem Original-Zitat geblendet, dem meine Ohren kaum trauten. Er hatte mich »Bernd« genannt und mir den Namen »Schlüpferstürmer« gegeben, ein Ausdruck, der nur ein einziges Mal in der kompletten Serie fällt, nämlich, soweit ich mich erinnerte, in der allerersten Staffel, wenn sich Bernd mit dem Manager von Roland Kaiser unterhält. Allem Anschein nach hatte ich es hier mit einem Hardcorefan der ersten Stunde zu tun. Immerhin war die erste Staffel schon fast sechs Jahre her. Gutgelaunt konterte ich mit der Fan-Quiz-Frage:
     
    »Höher als
was
sollte man den Arsch nie hängen?«
    »Alsss man sssseißen kann … bohahahahaha …!«
     
    100 Punkte! Eindeutig. Nicht nur hatte er die Antwort richtig gegeben, sondern sie auch noch abgeschmeckt mit derselben Lache, die ich für meine Kunstfigur erfunden hatte. Selten hatte ich sie so perfekt imitiert gehört. Geplättet, gebauchpinselt und interessiert, hörte ich auf zu trippeln, und zeigte mich bereit für den ersten transantlantischen Comedyplausch an einem chilenischen Strand mit einem sympathischen Eingeborenen, dessen beide Augen und zumindest
ein
Zahn mich anfunkelten.
     
    »Krasse Serie, oder?«
    »Krasssse Documentacíon, sí! Maaann, SSS ie hier sssu ssehen –
dasss
issst krasssss!«
    »Die Welt ist klein. Und Sie haben alle Staffeln gekauft und geguckt?«
    »No, ich habe alle gesssaugt und gebrannt.«
    »Oh.«
    »Ssssorry!«
    »Ach, k-kein Pro … äh … Problem! aber geguckt haben Sie sie alle?«
    »Seguro! War ein ganzzz sssöner … ähm … wie sssagt man?«
    »Spaß!!!?«
    »… No, äh … Sssstress!«
    »Oh! Okay!? Aber das Ganze will ja am Ende dann doch eine Comedy sein, gell?«
    »Dasss Leben issst immer Tragedy!«
    »Viele sehen das bestimmt so, aber …«
    »Eben. Und ihr ssseigt das Leben. Von ssseine ssslimmssste Ssseite. Sssseißse!«
     
    Ich folgte seinem Blick nach unten, denn ich dachte, er habe in diesem Moment einen großen Hundehaufen entdeckt, aber er hatte mit diesem Kraftausdruck wohl tatsächlich nur seine Einschätzung der Gesamtsituation zusammengefasst. Irritation lag in der Luft, zumindest in meiner. Vorsichtig fragte ich nach:
     
    »Aber insgesamt, so, die Gags …«
    »Wir alle, alle wie wir da sssind, ssssind Gagss, Gagss in Gottess grosssstem Witzss!!«
     
    Ooha! Er begann philosophisch zu werden und das auf eine immer aggressivere Art, die mich zunehmend nicht mehr nur irritierte, sondern motivierte, möglichst rasch weiterzulaufen. So warf ich ihm also ein kurzes
     
    »Läääuuft!«
     
    zu – ich hätte auch »Amen!« rufen können, wollte ihn aber nicht noch mehr aus der Reserve locken – und

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