Ein Traummann auf Mallorca
sehr angenehmen Nachmittag, Dolores. Zumindest, wenn man voraussetzt, dass ich meine Zeit gerne im Wartezimmer einer Provinztierärztin vertue.“ Der liebenswürdige Klang seiner Stimme passte nicht ganz zu seinem eisigen Blick. „Und wie ist es dir ergangen?“
Die junge Frau – Dolores – begriff offenbar, dass sie zu weit gegangen war, und versuchte, von sich abzulenken. „Und wer sind Sie?“, fragte sie Charlene und fixierte sie kühl.
„Darf ich vorstellen?“, antwortete Javier an Charlenes Stelle. „Das ist Charlene Beckett. Sie kommt von der Agentur, um sich als neues Kindermädchen für Aurora vorzustellen.“
„Dann ist das also dein neues Outfit für Bewerbungsgespräche?“, konnte Dolores sich einen bissigen Kommentar nicht verkneifen, während sie Javier kopfschüttelnd musterte. Doch sein Stirnrunzeln brachte sie rasch wieder zur Räson.
„Treib es nicht zu weit, Dolores“, warnte er sie. „Du weißt, dass ich mich dir um Carlos’ willen verpflichtet fühle – aber halt dich in Gottes Namen ein wenig zurück, haben wir uns verstanden?“ Als Dolores mit gesenktem Blick nickte, wandte er sich Charlene zu. „Und nun zu Ihnen … Was soll ich mit Ihnen anfangen?“
Charlene spürte, wie ihr Herz einen Schlag aussetzte und gleich darauf anfing, gegen ihre Rippen zu trommeln. Sie hatte die ganze Zeit nicht mehr daran gedacht, warum sie eigentlich hier war. Nun holte die Realität sie ein – und zwar mit der Wucht eines Vorschlaghammers.
„Ich … Wir haben uns noch gar nicht unterhalten. Wollen wir nicht …?“
Er winkte ab. „Das wird nicht nötig sein, Señorita Beckett. Was ich gesehen habe, reicht mir eigentlich schon. Ich glaube nicht, dass wir zusammenkommen werden. Es tut mir leid, ich …“
„Papá, no!“
Auroras empörter Aufschrei kam für alle so überraschend, dass sich unwillkürlich alle Blicke auf sie richteten.
„Was hast du, mi corazón ?“, fragte Javier irritiert.
„Ich will nicht, dass die Señorita geht!“, flüsterte das Kind mit gesenktem Blick. „Bitte, Papá , kann sie nicht bleiben?“
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Es war Dolores, die die Stille durchbrach. „Willst du dir wirklich von einer Sechsjährigen sagen lassen, wen du einstellst und wen nicht? Ich bitte dich, Javier!“
Er bedachte sie mit einem kühlen Blick. „Und auf wen sollte ich dann hören? Auf dich vielleicht?“
Säuerlich verzog Dolores das Gesicht und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
Javier ging neben seiner Tochter in die Hocke. „Du möchtest also, dass die Señorita dein neues Kindermädchen wird?“ Als Aurora eifrig nickte, lächelte er. „Herzlichen Glückwunsch.“ Er blickte über die Schulter zu Charlene hoch. „Sie haben soeben den Zuschlag für die Stelle erhalten. Wann können Sie anfangen?“
„Findest du wirklich, dass es eine gute Idee war, diese Frau einzustellen?“ Dolores sah Javier kopfschüttelnd an.
Verständnislos erwiderte Javier ihren Blick. Seit Stunden saß er nun in seinem Arbeitszimmer und brütete über komplizierten Geschäftsunterlagen. „Sonst hätte ich es nicht getan, oder?“, erwiderte er. „Zu deiner Information: Die Arbeitsagentur hat mir Charlene Beckett nicht nur empfohlen, sondern mir wärmstens ans Herz gelegt. Ihre Referenzen sind ausgezeichnet, und das Wichtigste ist, dass sie mit Kindern umgehen kann. Und vor allem scheint sie das erste Kindermädchen zu sein, mit dem Aurora auskommen könnte.“
„Trotzdem war ich überrascht zu sehen, wie du dich von dieser Engländerin hast einwickeln lassen. So kenne ich dich gar nicht.“
„Ich habe mich nicht einwickeln lassen!“, protestierte Javier aufgebracht, obwohl ihm selbst klar war, dass dies keineswegs der Wahrheit entsprach. Im Grunde hatte Dolores durchaus recht. Er wunderte sich selbst immer noch darüber, welch starke Wirkung Charlene auf ihn ausübte. Ein Blick aus diesen erstaunlichen veilchenfarbenen Augen, und er verspürte das drängende Verlangen, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Das war auch der Grund, warum er sie erst gar nicht hatte einstellen wollen. Er konnte keine Frau in seiner Nähe brauchen, die sein Leben noch komplizierter machte, als es bereits war – erst recht nicht, wenn diese Frau zusammen mit Aurora und ihm unter einem Dach leben würde. „Aber ich brauche dir sicher nicht zu sagen, welche Probleme ich seit Catalinas Tod mit meiner Tochter habe. Kein Kindermädchen hat es seither geschafft, Auroras
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