Ein Traummann auf Mallorca
unserer Familie gegeben. Es wird Zeit, das Kriegsbeil zu begraben, findest du nicht?“
Javier lachte bitter auf. „Hast du Charlene deshalb zu mir geschickt? Damit sie mich mit ihrer rührseligen Geschichte dazu bringt, meinen Standpunkt Vater gegenüber zu überdenken?“
Ärgerlich funkelte Maria ihn an. „Sei nicht so respektlos, mein Junge. Du glaubst vielleicht, dass du alles durchschaust, aber das ist ein Irrtum. Also, kannst du jetzt bitte Charlene rufen? Ich schulde ihr mindestens ebenso sehr eine Erklärung wie dir. Immerhin habe ich mich seit Tagen vor ihr verleugnen lassen, weil ich ahnte, was sie mir mitteilen wollte. Nämlich dass sie sich entschlossen hatte, dir die Wahrheit zu sagen.“
Misstrauisch musterte Javier seine Tante. Sagte sie die Wahrheit? Hatte Charlene beabsichtigt, ihm von ihrem Arrangement mit seiner Tante zu berichten?
Und wenn? Was macht es für einen Unterschied? Hat sie dich nicht trotzdem wochenlang an der Nase herumgeführt?
Er runzelte die Stirn. „Nun, es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber du hast Charlene knapp verpasst. Ich habe sie aufgefordert, mein Haus zu verlassen. Sie ist, wenige Minuten bevor du eingetroffen bist, losgefahren.“
Im ersten Moment wirkte Maria erschrocken, dann wurde sie traurig. „Es ist alles meine Schuld“, sagte sie langsam. „Als ich zufällig von Charlenes Geschichte erfuhr und hörte, dass sie allen Widrigkeiten zum Trotz, ohne zu zögern, nach Mallorca gekommen war, um ihrem Vater in der Stunde der Not beizustehen, da dachte ich …“ Sie straffte die Schultern. „Ich hoffte, dass ihr Verhalten dich zum Nachdenken anregen würde. Aber offensichtlich habe ich mich getäuscht. Es war ein Fehler, Charlene als Unbeteiligte in eine solche Situation zu bringen.“
„Dann hat sie die Sache mit ihrem Vater also nicht bloß erfunden?“ Javier war einigermaßen überrascht. Er hatte angenommen, dass seine Tante sich die Geschichte ausgedacht hatte.
Doch Maria schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Nur wegen ihres Vaters ist sie auf mein Angebot überhaupt eingegangen. Es beinhaltete im Wesentlichen, dass ich die Kosten für seine Spezialbehandlung übernehme.“
„Wie überaus freundlich von dir“, höhnte Javier, während er sich im Stillen fragte, ob ihm nicht ein schrecklicher Fehler unterlaufen war. „Du hast sie in eine unmögliche Situation gebracht, ist dir das eigentlich klar? Im Grunde hatte sie gar keine andere Wahl, als deine Forderung zu erfüllen.“
Betroffen senkte Maria den Blick. Ihr schien erst jetzt wirklich klar zu werden, was sie mit ihrem Verhalten angerichtet hatte. Javier seufzte. Eigentlich hätte er wütend auf sie sein sollen, doch irgendwie tat sie ihm auch leid.
Allem Anschein nach hatte sie es wirklich nur gut gemeint. Ihr war es darum gegangen, die Familie wieder zusammenzubringen. Wenn er ehrlich war, traute er Maria sogar zu, dass sie Graham Beckett selbst dann unterstützt hätte, wenn Charlene nicht auf ihr Angebot eingegangen wäre. Denn im Grunde ihres Herzens war sie ein guter Mensch. Sie griff nur manchmal zu den falschen Mitteln, um etwas zu erreichen, das ihr am Herzen lag.
Und vielleicht hat sie ja zumindest mit einer Sache recht, überlegte Javier. Es war tatsächlich an der Zeit, mit der Vergangenheit Frieden zu schließen. Miguel hatte Fehler gemacht – aber er ebenfalls. Und wollte er wirklich, dass Aurora aufwuchs, ohne ihre Großeltern kennenzulernen?
Er wollte gerade etwas sagen, als Jolanda ins Zimmer platzte. „Aurora!“, stieß sie entsetzt hervor. „Ich habe alles abgesucht – sie ist verschwunden!“
Charlene hatte die halbe Strecke zur nächsten Ortschaft zurückgelegt, als sie ihren Wagen am Straßenrand zum Stehen brachte.
Nein! war alles, was ihr durch den Kopf ging, immer wieder. Nein, so nicht! So sollte Aurora sie auf keinen Fall in Erinnerung behalten. Als jemanden, der sich wie ein Dieb in der Nacht aus ihrem Leben stahl.
Entschlossen wischte Charlene sich mit dem Handrücken über die tränennassen Wangen, wendete das Fahrzeug und fuhr in die entgegengesetzte Richtung zurück. Ganz gleich, was Javier dazu sagen würde, sie wollte sich von Jolanda und vor allem von Aurora verabschieden.
Sie war eben auf die Küstenstraße abgebogen, die zu Javiers Anwesen führte, als sie ein einsames Ruderboot bemerkte, das in einiger Entfernung vom nächsten Bootssteg auf dem Meer dümpelte. Irgendetwas daran erregte Charlenes Aufmerksamkeit.
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