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Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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Schläger dachte einen Moment nach und steckte dann tatsächlich seinen kleinen Gummiknüppel in die Gesäßtasche seiner Jeans. Dann trat er zu Locke und hielt ihm die Hand hin.
    Der Mann unter ihm sah misstrauisch hoch, ergriff dann aber die Hand. Mit einem Ruck wurde Locke wieder auf die Füße gezogen.
    »Nimm es nicht persönlich«, meinte Balu und schlug blitzschnell eine Dublette. Lockes Augen traten aus ihren Höhlen, dann klappte er zusammen.
    Der Körper landete wie ein nasser Sack vor seinen Füßen. Kopfschüttelnd wandte sich Balu ab und ging zurück zur Wohnungstür.
    Die Festung war sturmreif. Locke war nur noch Millimeter von einem Zusammenbruch entfernt; und Achmed hatte keine Ahnung, wie sehr sich Balu über diesen kleinen Auftrag gefreut hatte.

12
     
     
     
    »Fahr schneller, Papa.«
    Michael Helsing heftete seine Augen für einen Moment in den Rückspiegel und schaute dann wieder auf die Straße. Es herrschte zwar nicht mehr viel Verkehr, aber in dem Halbdunkel wollte er lieber kein Risiko eingehen.
    »Ich fahre, so schnell ich darf, Moritz«, erklärte er ruhig.
    »Nein«, krähte der Filius auf dem Rücksitz. »Fahr schneller!«
    Helsing unterdrückte ein Grinsen. Der kleine Knirps in dem Kindersitz hatte einen hochroten Kopf, auf seinen leuchtenden Wangen zeichneten sich immer noch deutlich die Spuren der Tränen ab, die er im Laufe des Abends schon vergossen hatte. Eigentlich hätte er schon seit mindestens drei Stunden im Bett liegen müssen, immerhin war es bereits kurz vor elf. Wenn da nicht…
    »Bobo hat bestimmt Angst«, jammerte Moritz und schluchzte leise auf. »Fahr doch schneller, Papa.«
    »Bobo ist doch ein tapferer Bär«, tröstete Helsing geduldig.
    »Nein, Bobo hat furchtbare Angst«, widersprach Moritz entschieden. »Draußen wird schon dunkel, und wenn er nicht in seinem Bett liegt, kann er nicht schlafen.«
    Einleuchtende Kinderlogik, schoss es Helsing durch den Kopf. »Draußen wird es schon dunkel«, korrigierte er den Spross seiner Lenden automatisch. »Jetzt hab mal keine Angst, wir finden deinen Bären schon wieder.«
    »Versprochen?«, fragte Moritz sofort mit großen Augen.
    Vater Helsing wollte bejahen, er konnte sich jedoch im letzten Moment beherrschen. Eigentlich war ihm dieses staubverkrustete Stofftier, dessen Verlust seinen Sohn an den Rand der Verzweiflung brachte, herzlich egal. Im Regelfall quengelte sein Sohn bei ähnlichen Anlässen maximal eine halbe Stunde. Aber heute Abend hatte Moritz Durchhaltevermögen bewiesen. Geschlagene vier Stunden hatte er seinen Eltern in den Ohren gelegen, ohne seinen Knuddelbären könne er nicht schlafen. Wenn Helsing jetzt ein Versprechen gab, das er vielleicht nicht halten konnte, war die Nachtruhe gänzlich dahin.
    »Wann hast du Bobo denn das letzte Mal gesehen?«, fragte er deshalb.
    »Weiß nicht«, jammerte Moritz.
    »Hattest du ihn denn wirklich dabei?«, schoss Helsing ein schlimmer Verdacht durch den Kopf.
    »Klar«, protestierte Moritz sofort. »Mama hat ihn doch extra in meinen Rucksack gesteckt. Damit ich ihn nicht vergesse.«
    Helsing rümpfte die Nase und dachte einen Moment nach. Stimmt, seine Frau hatte seinem Sohn, während er ihn am Nachmittag in den Wagen verfrachtet hatte, um mit ihm zum Gysenberg zu fahren, den kleinen gelben Bären in den Kinderrucksack gesteckt, zusammen mit einer Tüte Orangensaft, an deren Seite ein kleiner, in Plastik verschweißter Strohhalm steckte. Irrtum unmöglich.
    »War Bobo noch in deinem Rucksack, als du deinen Saft herausgeholt hast?«
    »Weiß nicht.«
    Helsing holte tief Luft. Sie waren anderthalb Stunden durch das Naherholungsgebiet gelaufen. Das konnte ja lustig werden.
    »Hast du deine Taschenlampe dabei?«, krähte es vom Rücksitz.
    »Was? Ja, wir haben eine im Kofferraum«, antwortete Helsing unkonzentriert.
    Der Parkplatz an der Wischer Straße kam in Sicht. Helsing setzte den Blinker, ließ einen entgegenkommenden Lieferwagen passieren und gab dann sachte Gas. Heute Nachmittag hatten sie Schwierigkeiten gehabt, eine Parklücke zu finden; jetzt standen hier höchstens noch vier, fünf Autos herum.
    Helsing parkte am Ende des Platzes und holte erst die Taschenlampe aus dem Kofferraum, bevor er seinen Sohn aus dem Gurt befreite. Moritz hatte kaum ein Bein auf der Erde, da stürmte er schon energisch in den Park.
    »Langsam, Moritz. Wenn du rennst, findest du Bobo bestimmt nicht.«
    Der Pimpf blieb gehorsam stehen. Sein Vater richtete den Kegel der Taschenlampe

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