Ein Tropfen Blut
warf die Tür hinter sich zu.
»Balu«, stammelte Locke undeutlich.
»Genau der«, grinste der Hüne. »Soll ich dir helfen?«
»Bloß nicht«, quetschte Locke schnell hervor, wobei ihm etwas Blut auf die Lippen lief. Seine Nase sah bestimmt aus wie eine ausgequetschte Pflaume.
»War gerade in der Gegend«, setzte Balu die Konversation fort. »Achmed lässt dich schön grüßen.«
Locke stand endlich wieder auf seinen Füßen und trippelte rückwärts in sein Wohnzimmer. Balu folgte ihm unerbittlich, wobei er sich aufmerksam in der Wohnung umsah.
»Meine Güte, ist das ein Dreckloch. Kommt hier wenigstens einmal im Monat ein Kammerjäger vorbei?«
»Kannst ja wieder verschwinden, wenn dir das hier zu schmutzig ist.«
Balu lachte laut auf. »Riskierst ‘ne ganz schön dicke Lippe, Kleiner. An deiner Stelle wär ich ein bisschen vorsichtiger.«
Locke hatte endlich den abgeschabten Sessel erreicht. Beinahe hätte er einen unfreiwilligen Salto rückwärts geschlagen, aber im letzten Moment hielt er das Gleichgewicht. »Was willst du hier?«
Balu verschränkte die Arme vor der mächtigen Brust und lehnte sich an die Schrankwand. »Achmed macht sich Sorgen um dich«, meinte er.
»Klasse«, ätzte Locke, »jetzt geht es mir schon viel besser. War es das?«
»Ich wiederhole mich ungern: Riskier lieber nicht so eine große Schnauze«, bellte Balu, diesmal weitaus weniger freundlich. »Du schuldest ihm einen ganzen Batzen Kohle und die will er irgendwann zurückhaben.«
Mit zitternden Fingern griff Locke nach dem Päckchen Papiertaschentücher auf dem Tisch, fummelte eines heraus und presste sich den Zellstoff auf die Nasenlöcher. So schlimm hatte ihn der Türrahmen doch nicht erwischt, die Schmerzen waren erträglich.
»Ich hab bisher immer pünktlich gezahlt«, erklärte er beinahe trotzig. »Und dabei bleibt es auch.«
»Ich persönlich hab daran nicht den geringsten Zweifel«, antwortete Balu. »Aber weißt du, Achmed ist mein Boss. Und wenn mir mein Boss sagt, überbring eine Zahlungserinnerung, dann mach ich das auch.«
»Schön, die Mahnung ist angekommen.«
»Du kapierst anscheinend immer noch nicht«, seufzte Balu und trat einen Schritt näher. »Achmed hat mit dir bisher sehr viel Geduld gehabt. Seine anderen Kunden haben alle weit kürzere Zahlungsfristen als du.«
»Da muss ich mich ja wirklich glücklich schätzen«, nickte Locke frech. »Sag Achmed, in vier Wochen hat er seine Kohle zurück. Und zwar komplett.«
Balu war schnell, Locke konnte die Bewegung nicht vorausahnen. Wie ein Schatten glitt der Riese an ihn heran, woher der kurze Gummiknüppel kam, den er plötzlich in der Hand hielt, würde ihm ein Rätsel bleiben. Eine Bombe aus Schmerz explodierte in Lockes Ellbogen.
Er brüllte auf, gleich darauf spürte er Balus Faust in seinem Magen. Aus dem hohen Kreischen wurde augenblicklich ein ersticktes Röcheln.
»Hält die Luft an«, empfahl Balu gut gelaunt. »Muss ja nicht gleich jeder wissen, dass du Besuch hast. Zwei Wochen. Dann sind deine Schulden reif.«
»Das schaff ich nicht«, japste Locke mühsam.
Der Geldeintreiber packte ihn an den Haaren und riss ihn aus dem Sessel.
»Zwei Wochen«, wiederholt Balu starrsinnig. »Und du kannst noch von Glück sagen, dass Achmed so großzügig ist.«
Locke biss sich verzweifelt auf die Lippen, um nicht wieder loszubrüllen. Panisch kroch er in die nächste Zimmerecke, um möglichst viel Distanz zwischen sich und seinen Besucher zu bringen. Er brauchte dringend ein paar Sekunden, um Luft zu holen.
»Balu, zwei Wochen sind zu knapp«, jammerte er mit dünner Stimme. »Ehrlich, das kann ich nicht schaffen. Ich hab ‘ne große Sache in Aussicht, aber das dauert.«
Der Riese seufzte bedauernd und setzte sich in Bewegung. Locke kam irgendwie auf den Rücken und schaffte es sogar, seine Hände abwehrend vor den Körper zu halten.
»Nein«, flennte er. »Bitte, sag Achmed, er kriegt noch zehntausend als Zinsen drauf, aber es geht nicht schneller.«
Balu blieb abwartend stehen und zog die Stirn in Falten.
»Zehntausend extra?«, höhnte er. »Wo willst du denn plötzlich so viel Kohle hernehmen?«
»Glaub mir, ich schaffe das. Ich hab ‘ne Versicherung gekündigt, aber die wird erst in vier Wochen ausgezahlt.«
»Ach nee, vielleicht vermögenswirksame Leistungen oder was?«, lachte Balu.
»Nein«, widersprach Locke. »Ich zahl seit zehn Jahren in einen privaten Rentenfonds, den kann ich ablösen. Bitte, gib mir die vier Wochen.«
Der
Weitere Kostenlose Bücher