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Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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der Kerl eine Panne oder er hatte sich verfahren und fragte jetzt irgendwo nach dem Weg.
    Nach ein paar Minuten wurde es Janine zu dumm. Sie schaltete die Zündung ab und stieg aus. Langsam ging sie auf den Bulli zu, der eine intensive Wäsche gebrauchen konnte. Die Heckpartie war mit Schlammspritzern übersät, das Nummernschild kaum zu erkennen. Als sie nur noch wenige Meter von dem Wagen entfernt war, bemerkte sie im Außenspiegel des Lieferwagens eine Bewegung.
    »Hallo«, rief Janine freundlich. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Aus dem Bulli erfolgte keine Reaktion. Vielleicht hatte sie sich ja doch getäuscht. Um den Fahrer, sofern er in der Führerkabine hockte, nicht zu erschrecken, klopfte sie an die Seitenwand des Wagens und ging vor bis zur Fahrertür.
    »Haben Sie eine…«
    Panne, wollte sie eigentlich fragen, aber dazu kam sie nicht mehr. Die Tür flog mit einem gewaltigen Ruck auf und erwischte sie an der Schläfe. Janine spürte, wie etwas Warmes an ihrer Wange herunterlief. Wie durch einen Schleier sah sie, dass ein Mann aus dem Bulli sprang, mindestens einen Kopf größer und bestimmt dreißig Kilo schwerer als sie. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, als eine Faust in ihrem Magen landete.
    Janine klappte zusammen, jeder Zentiliter Luft drang aus ihrem Körper. Langsam kamen die Brennnesseln am Straßenrand näher, sie konnte den Sturz nicht verhindern. Japsend landete sie auf allen vieren und stützte sich schwerfällig mit der Hand ab, als der Kerl an sie herantrat und ihr den Spann seines Lederstiefels in die Seite bohrte.
    Janine war wie paralysiert. Sie spürte, wie zwei kräftige Hände ihre Schulter und Haare griffen und wie sie in Richtung des Bulli gezerrt wurde. Irgendwie musste der Kerl die Schiebetür geöffnet haben, sie erblickte nur das dunkle Innere des Wagens. Plötzlich wurde ihr bewusst, was sie vermutlich erwartete, wenn der Kerl es schaffen sollte, sie in den Wagen zu zerren. Hilflos schlug sie mit ihrer linken Hand um sich und erwischte den Kerl, der eine Motorradmaske über seinem Gesicht zu tragen schien, oberhalb des Schienbeins. Die Quittung dafür bekam sie in Form eines weiteren Trittes, diesmal in den Unterleib.
    Schmerzwellen jagten durch ihren zierlichen Körper, zu jeder weiteren Gegenwehr unfähig, ließ sie sich in den Wagen verfrachten.
    Und dann wurde es wirklich schlimm.

11
     
     
     
    Locke klemmte seinen Astra in die nächstbeste Parklücke, angelte die Sporttasche von der Rückbank und stieg aus. Die letzten Reste Sonnenlicht verschwanden allmählich, trotzdem war es immer noch angenehm warm. Sein Hemd klebte schweißdurchtränkt an seinem Rücken, eine Dusche würde nicht schaden.
    Im Hausflur stiegen ihm sofort die bekannten, muffigen Gerüche in die Nase. Locke atmete flach durch den Mund und klaubte die Post aus seinem Briefkasten. Nichts Besonderes darunter.
    Ächzend wuchtete er die Tasche auf den Rücken und begann den Aufstieg ins Dachgeschoss. Hätte ihm jemand vor ein paar Jahren prophezeit, er würde einmal in einer derartigen Bruchbude hausen, hätte er nur verständnislos den Kopf geschüttelt. Der Abstieg war ja auch atemberaubend. Von einem schmucken Einfamilienhäuschen in Riesenschritten in diese Kaschemme, in der er nicht nur im Bad fließend Wasser hatte. Bei jedem heftigeren Regenguss verwandelten sich auch die Wände in der Küche und in seinem Schlafzimmer in ein Feuchtbiotop. Aber die dreieinhalb Zimmer waren preisgünstig, etwas Besseres konnte er sich nicht leisten.
    Locke knallte seine Tasche auf den Boden, angelte seinen Schlüsselbund aus der Hosentasche und suchte nach dem richtigen Türöffner. Die kleine Funzel, die mit einiger Fantasie auch als Treppenhausbeleuchtung angesehen werden konnte, hatte mal wieder den Geist aufgegeben. Als Locke endlich den Schlüssel ins Schloss steckte und herumdrehte, hörte er hinter sich ein leises Knarren.
    Gegenüber seiner Wohnungstür war der Zugang zum Dachboden, doch Locke schaffte es nicht mehr, sich umzudrehen. Stahlharte Finger landeten in seinem Nacken und sein Kopf wurde unsanft gegen den Türrahmen geknallt. Locke quiekte vor Schmerz auf, dann erhielt er einen Tritt in den Allerwertesten, der in quer durch seine Diele beförderte.
    »Grüß dich«, brummte eine ihm nicht unbekannte Stimme. »So spät noch unterwegs?«
    Locke krallte sich an den schmucklosen Schuhschrank aus Pressspan und richtete sich langsam auf. Die riesenhafte Gestalt im Türrahmen folgte ihm in die Diele und

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