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Ein Tropfen Zeit

Titel: Ein Tropfen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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eigenem Gebrauch oder anderweitiger Verwendung, zur Erinnerung an die Jahre der Freundschaft seit unserer Studentenzeit; er schrieb dazu, die einstigen Bewohner dieses Hauses hätten es so gewünscht. Das war alles.
    »Ich nehme an«, schloß der Anwalt lächelnd, »daß er mit den früheren Bewohnern seine Eltern meinte, Fregattenkapitän Lane und Mrs. Lane, die Sie gekannt haben, soviel ich weiß.«
    »Ja«, sagte ich noch ganz benommen, »ja, ich hatte die beiden sehr gern.«
    »Nun, das wär's. Es ist ein schönes Haus. Ich hoffe, Sie werden hier sehr glücklich sein.«
    Ich sah Vita an. Sie zündete sich eine Zigarette an – wie immer eine Gebärde der Abwehr im Augenblick eines plötzlichen Schocks. »Wie … wie außerordentlich großzügig vom Professor«, sagte sie. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Natürlich bleibt es Dick überlassen, ob er es behalten will oder nicht. Unsere Zukunftspläne sind zur Zeit recht unbestimmt.«
    Einen Augenblick herrschte verlegenes Schweigen, während Dench uns beide abwechselnd ansah.
    »Natürlich«, meinte er, »Sie müssen das erst alles gemeinsam besprechen. Aber Sie wissen sicher, daß das Haus und alles, was es enthält, für die gerichtliche Bestätigung des Testamentes geschätzt werden müssen. Ich würde es daher gern einmal ansehen, wenn ich Ihnen damit nicht zu viel Umstände mache.«
    »Aber natürlich nicht.«
    Wir standen auf, und Vita bemerkte: »Der Professor hatte ein Labor im Kellergeschoß, einen höchst unheimlichen Raum – so schilderten ihn wenigstens meine Söhne. Ich nehme an, die Sachen darin gehörten nicht zum Haus und sollten seinem Labor in London übergeben werden? Vielleicht weiß Mister Willis, was darin ist?«
    Sie machte ein völlig unschuldiges Gesicht, aber ich hatte den Eindruck, daß sie das Labor absichtlich erwähnte, um endlich zu erfahren, was es enthielt.
    »Ein Labor?« fragte der Anwalt, und an Willis gewandt: »Hat der Professor hier gearbeitet?«
    Der kleine mausgraue Mann blinzelte hinter seiner Hornbrille. »Das bezweifle ich sehr«, erwiderte er schüchtern, »und wenn, so waren diese Versuche gewiß ohne wissenschaftliche Bedeutung und hatten mit seiner Tätigkeit in London nichts zu tun. Vielleicht machte er hier ein paar Versuche, um sich an Regentagen zu amüsieren – mehr war es sicher nicht, denn er hätte es mir gegenüber erwähnt.«
    Braver Mann. Wenn er etwas wußte, so würde er jedenfalls nichts verraten. Ich sah, daß Vita gerade sagen wollte, ich hätte ihr erzählt, das Labor enthalte Gegenstände von unschätzbarem Wert, also kam ich ihr zuvor und machte den Vorschlag, daß wir zuerst das Labor besichtigten, bevor wir durch das übrige Haus gingen.
    »Kommen Sie«, sagte ich zu Willis, »Sie sind der Fachmann. Zu Kapitän Lanes Zeiten war der Raum eine alte Waschküche, und Magnus bewahrte Flaschen und Gläser darin auf.«
    Er sah mich an, schwieg aber. Wir stiegen ins Kellergeschoß hinunter, und ich öffnete die Tür.
    »Das ist es«, sagte ich. »Nicht sehr aufregend. Nichts als eine Reihe alter Gläser, ganz wie ich Ihnen sagte.«
    Vitas Gesicht war sehenswert, als sie sich umblickte. Staunen, Ungläubigkeit und dann ein rascher, fragender Blick auf mich. Kein Affenkopf, kein Katzenembryo, nur leere Flaschen. Sie bewies erstaunliche Geistesgegenwart und äußerte sich nicht dazu.
    »Nun ja«, meinte der Anwalt, »der Schätzer wird für jedes Glas höchstens ein paar Pennys ansetzen. Was meinen Sie, Mister Willis?«
    Der Biophysiker lächelte kurz. »Ich nehme an, Professor Lanes Mutter hatte hier eingemachte Früchte und Winterobst aufbewahrt.«
    »Das nannte man eine Vorratskammer, nicht wahr?« meinte der Anwalt lachend. »Das Dienstmädchen machte in der Vorratskammer für das ganze Jahr Obst und Gemüse ein. Sehen Sie die Haken in der Decke? Wahrscheinlich hängten sie hier auch Fleisch auf. Mächtige Schinkenseiten. Nun, Mrs. Young, dies ist wohl eher Ihr Reich als das Ihres Mannes. Ich würde empfehlen, eine elektrische Waschmaschine in die Ecke zu stellen, damit Sie sich die Wäscherechnungen sparen. Die ist zunächst teuer, aber in ein paar Jahren zahlt sie sich aus, besonders bei einer jungen Familie.«
    Er wandte sich lachend um, und wir folgten ihm in den Flur. Ich schloß die Tür hinter mir ab. Willis, der ein bißchen langsamer hinterherkam, bückte sich und hob etwas vom Boden auf. Es war das Etikett von einem der Gläser. Er reichte es mir wortlos, und ich steckte es in

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