Ein Tropfen Zeit
Bruder blickten von der Leiter aus fasziniert hinunter. Die fünf Männer traten näher heran, und einer berührte das Ohr des Jungen mit dem Messer. »Soll ich ihn stechen und ihm Blut abzapfen«, fragte er, »und nachher seinen Schädel versengen, dort, wo das Fleisch besonders empfindlich ist?«
Der Novize hob flehend die Hände. »Ich sage alles, was ich weiß«, rief er, »aber es ist nichts, nichts … nur das, was ich belauschte, als Meister Bloyou, der Gesandte des Bischofs, mit dem Prior sprach.«
Roger setzte das Windlicht wieder auf die Bank. »Und was hat er gesagt?«
Der verängstigte Novize blickte von einem zum anderen. »Daß der Bischof das Verhalten einiger Brüder mißbillige, ganz besonders das von Bruder Jean. Daß dieser gemeinsam mit anderen gegen den Willen des Priors handle und das Eigentum des Klosters in liederlicher Weise vergeude. Sie seien der Skandal des ganzen Ordens und ein verderbliches Beispiel für viele Außenstehende. Der Bischof könne nicht länger die Augen verschließen und habe Meister Bloyou Vollmacht erteilt, dem kanonischen Gesetz mit Hilfe Sir John Carminowes Geltung zu verschaffen.«
Er hielt inne, um Atem zu holen, und suchte in ihren Gesichtern nach einem Zeichen der Beruhigung, und einer der Männer – nicht der mit dem Messer – entfernte sich von der Gruppe.
»Bei Gott, es ist wahr«, murmelte er, »wie können wir es leugnen? Wir wissen recht gut, daß die Priorei und alle in ihr ein Skandal sind. Wenn die französischen Mönche dorthin zurückkehrten, wo sie hergekommen sind, wären wir sie los.«
Die anderen murmelten zustimmend, und der Mann mit dem Messer, ein hochgewachsener, ungehobelter Bursche, verlor das Interesse an dem Novizen und wandte sich an Roger.
»Trefrengy hat recht«, sagte er mürrisch. »Es leuchtet ein, daß die Leute im Tal nur gewinnen würden, wenn die Priorei ihre Pforten schlösse. Wir haben Anspruch auf das Land in der Umgebung, von dem sie sich mästen, während unser Vieh im Sumpf weiden muß.«
Roger verschränkte die Arme und stieß mit dem Fuß nach dem immer noch furchtsamen Novizen. »Wer sagt, daß die Priorei ihre Pforten schließt?« fragte er. »Nicht der Bischof in Exeter, er spricht nur für die Diözese, und er kann dem Prior zwar nahelegen, die Mönche zu bestrafen, aber weiter nichts. Der König ist der Oberlehnsherr, das wißt ihr genau, und wir alle, die wir Pächter unter Champernoune sind, wurden gerecht behandelt und erhielten obendrein Vergünstigungen von der Priorei. Mehr noch. Keiner von euch verzichtete darauf, mit den Franzosen Handel zu treiben, als ihre Schiffe in der Bucht vor Anker gingen. Ist einer unter euch, der sich nicht dank ihrer seine Keller füllen konnte?«
Niemand antwortete. Der Novize, der sich in Sicherheit glaubte, wollte fortkriechen, aber Roger packte ihn erneut und hielt ihn fest.
»Nicht so schnell«, sagte er, »ich bin noch nicht fertig mit dir. Was hat Meister Henry Bloyou dem Prior sonst noch gesagt?«
»Sonst nichts«, stammelte der Junge.
»Nichts über die Sicherheit des Königsreiches selbst?«
Roger tat, als wolle er das Licht wieder von der Bank nehmen, und der Novize hob zitternd die Hände, um sich zu schützen.
»Er erwähnte Gerüchte aus dem Norden«, stotterte er, »und daß zwischen dem König und seiner Mutter Königin Isabella immer noch Unfrieden herrsche, der bald in offenen Streit ausbrechen könne. Er fragte, wer wohl im Westen des Landes dem jungen König treu bleiben würde, wenn dies geschehe, und wer sich für die Königin und ihren Liebhaber Mortimer erklären würde.«
»Das dachte ich mir«, sagte Roger. »Jetzt kriech in eine Ecke und schweig. Wenn du außerhalb dieses Hauses ein Wort von all dem verlauten läßt, schneide ich dir die Zunge ab!«
Er wandte sich den fünf Männern zu, die ihn unsicher ansahen; bei den letzten Worten des Novizen waren sie erschrocken verstummt.
»Nun, was haltet ihr davon?« fragte Roger. »Seid ihr alle stumm?«
Der Bursche mit Namen Trefrengy schüttelte den Kopf. »Das geht uns nichts an«, sagte er. »Der König mag sich mit seiner Mutter streiten. Das ist nicht unsere Sache.«
»Ihr meint also nicht?« sagte Roger. »Nicht einmal, wenn die Königin und Mortimer weiter die Macht in Händen halten? Ich kenne einige Leute in dieser Gegend, denen das lieber wäre und die dafür belohnt würden, wenn sie sich, falls es zur Schlacht kommt, für die Königin erklärten. Ja, und die zahlen großzügig,
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