Ein Tropfen Zeit
wenn andere dasselbe tun.«
»Nicht der junge Champernoune«, sagte der Mann mit dem Messer. »Er ist unmündig und hängt noch am Rockschoß seiner Mutter. Und du, Roger würdest nie einen Aufstand gegen einen gekrönten König riskieren – nicht in deiner Stellung.«
Er lachte spöttisch, und die anderen lachten mit, aber der Verwalter blieb ungerührt und sah einen nach dem anderen an.
»Der Sieg ist sicher, wenn rasch gehandelt wird und man die Macht schnell an sich reißt«, sagte er. »Wenn die Königin und Mortimer das vorhaben, so sind wir alle auf seiten des Gewinners, indem wir uns mit ihren Freunden gutstellen. Es könnte ja zu einer Aufteilung des großen Gutes kommen – wer weiß? Und anstatt euer Vieh im Schilf weiden zu lassen, könntet ihr dann das Hügelland nutzen.«
Der Mann mit dem Messer zuckte die Achseln. »Leicht gesagt«, bemerkte er, »aber wer sind diese Freunde, die mit ihren Versprechungen so leicht bei der Hand sind? Ich kenne keinen.«
»Sir Otto Bodrugan zum Beispiel«, antwortete Roger ruhig.
Unter den Männern erhob sich ein Gemurmel, und Henry Trefrengy, der gegen die französischen Mönche gesprochen hatte, schüttelte wieder den Kopf.
»Er ist ein guter Mann, keiner ist besser als er«, sagte er, »aber als er sich 1322 gegen die Krone wandte, verlor er und mußte für all die Mühe tausend Dukaten Strafe zahlen.«
»Vier Jahre später wurde er belohnt; die Königin ernannte ihn zum Statthalter der Insel Lundy«, antwortete Roger. »Die Ufer von Lundy eignen sich gut als Ankerplatz für Schiffe, die Männer und Waffen bringen. Dort liegen sie sicher, bis sie am Festland gebraucht werden. Bodrugan weiß, was er tut. Was ist leichter für ihn, wenn Grundbesitz in Cornwall und Devon und obendrein die Statthalterschaft von Lundy auf dem Spiel stehen, als Männer und Schiffe für die Königin zu stellen?«
Sein gewandt vorgebrachtes Argument schien Eindruck zu machen, besonders auf einen gewissen Lampetho. »Wenn es zu unserem Vorteil ist, wünsche ich ihm Erfolg und halte zu ihm, sobald die Tat vollbracht ist«, sagte er. »Aber ich geh für niemand über den Tamar, weder für Bodrugan noch für einen anderen, das kannst du ihm sagen.«
»Du kannst es ihm selbst sagen«, entgegnete Roger. »Sein Schiff liegt unten, und er weiß, daß ich ihn hier erwarte. Ich sage euch, Freunde, Königin Isabella wird sich ihm und anderen, die wußten, zu welcher Seite sie halten mußten, erkenntlich zeigen.«
Er trat an die Leiter. »Komm herunter, Robbie«, rief er. »Nimm ein Licht, geh über das Feld und sieh, ob Sir Otto schon unterwegs ist.« Er wandte sich den anderen zu. »Ich bin bereit, mich für ihn einzusetzen, auch wenn ihr nicht wollt.«
Sein Bruder nahm eine Fackel und lief in den Hof hinter der Küche.
Henry Trefrengy, einer der vorsichtigen unter den Männern, strich sich über das Kinn. »Was gewinnst du, Roger, wenn du Bodrugans Partei ergreifst? Wird Lady Joanna mit ihrem Bruder gemeinsame Sache gegen den König machen?«
»Meine Herrin hat mit der Sache nichts zu tun«, erwiderte Roger kurz. »Sie ist nicht zu Hause, sondern weilt mit ihren Kindern und Bodrugans Frau und Familie auf ihrem anderen Gut in Trelawn. Keiner von ihnen weiß, was auf dem Spiel steht.«
»Sie wird es dir nicht danken, wenn sie davon erfährt«, sagte Trefrengy, »und Sir John Carminowe auch nicht. Jeder weiß, daß die beiden nur darauf warten, daß Sir Johns Gemahlin stirbt und sie heiraten können.«
»Sir Johns Gemahlin ist gesund und wird es wohl auch bleiben«, antwortete Roger, »und wenn die Königin Bodrugan zum Aufseher von Schloß Restormel und aller Länder des Herzogtums ernennt, wird meine Herrin das Interesse an Sir John verlieren und mehr an ihrem Bruder hängen als jetzt. Ich zweifle nicht, daß Bodrugan mich belohnt und meine Herrin mir vergibt.« Er lächelte und kratzte sich am Ohr.
»Wir alle wissen, daß du stets auf deinen Vorteil siehst«, sagte Lampetho. »Wer immer der Sieger ist, er findet dich an seiner Seite. Ob Bodrugan oder Sir John in Schloß Restormel einziehen – du stehst jedenfalls mit wohlgefülltem Beutel an der Zugbrücke.«
»Ich leugne es nicht«, sagte Roger, immer noch lächelnd. »Wenn ihr ebenso klar denken könntet wie ich, würdet ihr es genauso machen.«
Vom Hof her hörte man Schritte, und Roger ging zur Tür und riß sie auf. Otto Bodrugan stand auf der Schwelle, hinter ihm der kleine Robbie.
»Tretet ein, Sir, und willkommen«,
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