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Ein Tropfen Zeit

Titel: Ein Tropfen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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seines Ponys einem Diener und trat zu Polpey und Bodrugan, die an den Wirtschaftsgebäuden vorbei zum Haus gingen.
    »Es ist Lady Carminowe«, sagte Bodrugan zu Roger; die frohe Zuversicht verließ ihn, und seine Züge wurden scharf vor Unruhe. »Sie bringt schlechte Nachricht.«
    »Lady Carminowe?« rief Roger ungläubig; dann begriff er plötzlich und senkte die Stimme: »Sie meinen Lady Isolda?«
    ***
    »Sie ist unterwegs nach Carminowe«, erklärte Bodrugan, »und da sie ungefähr wußte, wo ich sein konnte, hat sie ihre Reise hier in Polpey unterbrochen.«
    Wir erreichten die andere Seite des Hauses. Ein geschlossener Reisewagen, ähnlich jenen, die ich am Martinstag in der Priorei gesehen hatte, stand vor dem Tor, aber dieser war ziemlich klein und nur zweispännig.
    Als wir näherkamen, wurde der Vorhang an einem der kleinen Fenster zurückgezogen, und Isolda lehnte sich hinaus; der dunkle Umhang, der ihren Kopf bedeckte, fiel über die Schultern herab.
    »Gott sei Dank erreiche ich Euch noch rechtzeitig«, sagte sie. »Ich komme direkt aus Bockenod. John und Oliver glauben mich unterwegs nach Carminowe zu den Kindern. Eure Sache hat eine schlimme Wendung genommen, wie ich befürchtete. Bevor ich abfuhr, hörten wir, daß die Königin und Mortimer in Schloß Nottingham überfallen wurden und Gefangene sind. Der König hat die Macht in der Hand, und Mortimer soll nach London vor Gericht gebracht werden. Das ist das Ende Eurer Träume, Otto.«
    Roger wechselte einen Blick mit Julian Polpey, und während dieser sich diskret in den Schatten zurückzog, beobachtete ich den Widerstreit der Gefühle in Rogers Miene. Ich konnte mir vorstellen, was er dachte. Der Ehrgeiz hatte ihn irrgeführt, und er hatte eine verlorene Sache unterstützt. Nun konnte er nur noch Bodrugan mahnen, auf sein Schiff zurückzukehren, seine Männer zu entlassen und Isolda zur raschen Weiterreise zu überreden. Er selbst mußte Lampetho, Trefrengy und den übrigen seinen Frontwechsel, so gut er konnte, erklären und seine Stellung als vertrauenswürdiger Verwalter von Joanna Champernoune wieder festigen.
    »Ihr kamt, obwohl man Euch entdecken konnte«, sagte Bodrugan zu Isolda. Seine Miene verriet nicht, wieviel er verloren hatte.
    »Wenn ich es tat«, antwortete sie, »so wißt Ihr den Grund.«
    Ich sah, wie sie einander anblickten. Roger und ich waren die einzigen Zeugen. Bodrugan verneigte sich und küßte ihr die Hand. Im gleichen Augenblick hörte ich vom Weg her das Geräusch von Rädern und dachte: Sie ist doch zu spät gekommen, um ihn zu warnen. Oliver, ihr Mann, und Sir John sind ihr nachgefahren.
    Ich wunderte mich, warum sie die Räder nicht hörten, und dann sah ich, daß sie nicht mehr neben mir standen. Auch der Reisewagen war verschwunden; statt dessen kam das Postauto die Straße herauf und hielt am Tor.
    Es war Morgen. Ich stand in der Einfahrt von einem kleinen Haus jenseits des Tales von Polmear Hill; ich wollte mich rasch in den Büschen verstecken, aber der Postbote war schon aus dem Wagen gestiegen und öffnete das Tor. Er hatte mich erkannt und musterte mich erstaunt. Ich folgte seinem Blick und bemerkte, daß ich vom Gürtel bis zu den Füßen durchnäßt war; offenbar war ich durch Moor und feuchte Wiesen gegangen. Meine Schuhe waren voll Wasser und beide Hosen zerrissen. Ich rang mir ein mühsames Lächeln ab.
    Er machte ein ziemlich verlegenes Gesicht. »Sie sind ja schön zugerichtet«, sagte er. »Sie sind doch der Herr, der in Kilmarth wohnt, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete ich.
    »Dies hier ist Polpey, Mr. Grahams Haus. Aber ich glaube nicht, daß sie schon auf sind; es ist erst sieben Uhr. Wollten Sie Mr. Graham sprechen?«
    »Um Gottes willen, nein! Ich bin früh aufgestanden, habe einen Spaziergang gemacht und muß mich verlaufen haben.«
    Das war eine grobe Lüge und klang auch so. Er schien sich jedoch mit der Erklärung abzufinden.
    »Ich muß diese Briefe abgeben, dann fahre ich zu Ihrem Haus hinauf«, sagte er. »Möchten Sie nicht einsteigen?«
    »Danke, das nehme ich gern an.«
    Er ging zum Haus, und ich stieg in den Wagen und blickte nach meiner Uhr. Er hatte recht, es war fünf nach sieben. Mrs. Collins würde erst in anderthalb Stunden kommen, und so hatte ich reichlich Zeit, zu baden und mich umzuziehen.
    Ich versuchte zu überlegen, wo ich gewesen war. Offenbar war ich über die Hauptstraße auf den Hügel gegangen und dann querfeldein in den sumpfigen Talgrund hinunter. Ich hatte nicht einmal

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