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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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möchte?“
    „Ja, denn das möchte ich auch.“
    Er küßte sie, und sie lachte.
    „Ja, insofern hast du recht, aber ich dachte an etwas anderes. Ich möchte mit dir zusammen auf einem Schiff fahren, weit, weit weg, auf einer Weltreise, und du dürftest nicht all diese ekligen Pflichten eines Kapitäns haben. Du müßtest Passagier sein, und wir würden reisen und reisen und neue Orte zusammen sehen, und wenn wir an Land gingen – “
    „Dürftest du keine Verträge abschließen – “
    „Und du dürftest keine Bekannten haben, die dich zum Essen einladen.“
    „Ja, Mädchen, dagegen hätte ich gar nichts. Aber siehst du, dies ist meine erste Fahrt als Kapitän, und da kann ich mich vor nichts drücken. Verstehst du das?“
    „Klar tue ich das! Wenn du aber erst mal besser in Schwung gekommen bist, kannst du dir sicher mehr Freizeit gönnen.“
    „Aber gewiß doch! Außerdem war das Wetter ja auch gräßlich wechselhaft auf der Überfahrt. Denk an die Sturzsee, die dich selber erwischte.“
    „Das war eine ganz wunderbare Sturzsee, wenn ich an das Ergebnis denke.“
    „Das stimmt“, räumte Helge ein.
    Sie hatten ihre kleinen hektisch glücklichen Stunden, aber sie sehnten sich beide sehr nach größerer Ruhe und Alleinsein. Nicht immer den Blick auf die Uhr gerichtet haben müssen wegen der Wachen und Wettermeldungen und was ein junger Kapitän sonst zu beachten hat.
    Gerd fühlte, daß viele unbeantwortete Fragen sich ansammelten. Ach, wie sie sich darauf freute, mit Helge in Ruhe beisammenzusein. Vielleicht konnte er von Kristiansand aus eine Spritztour zu ihr machen; es war ja nicht weit mit dem Bus. Ihr Herz klopfte, wenn sie daran dachte, wie nett sie alles für ihn herrichten würde, mit gutem Essen und Gemütlichkeit in ihrer Mansarde. Sie würden unendlich viel fragen und erzählen und einander bis auf den Grund kennenlernen. Sie wollte alles wissen von Helge, von seiner Kindheit und der Jugendzeit, von seinen verschiedenen Reisen, sie wollte seine Meinung über Politik kennenlernen, über Kunst, Musik, seinen Geschmack, seine Wünsche, seine Ideale.
    Sie wußte im voraus, daß sie sich verstehen würden. Denn in allem, was sie bisher miteinander erlebt hatten, paßten sie großartig zusammen. Allein die gemeinsame Liebe zur Musik! Sie vergaß nie den Beethoven-Film in Hamburg. Die Liebe zu den Tieren, die sich beim Besuch des Zoos so deutlich gezeigt hatte. Die Liebe zur See. Und wenn einer von ihnen kleine philosophische Betrachtungen anstellte, so verstand der andere ihn immer. Es war, als ob einer die Gedanken des anderen ausspräche.
    Daß zwei Menschen so gut zusammenpassen konnten!
    Als sie sich Norwegen näherten, wurde Helge immer nervöser. Er war ruhelos, aß wenig, konnte nur schwer stillsitzen, und Gerd fand, daß er magerer geworden war in diesen wenigen Tagen.
    „Fehlt dir denn etwas, Helge?“ fragte sie besorgt beim Mittagstisch. Die norwegische Küste war wie ein ferner grauer Streifen aufgetaucht, am Abend sollten sie in Stavanger sein.
    „Ja und nein“, antwortete Helge mit einem blassen kleinen Lächeln. „Ich bin kurz davor, verrückt zu werden, weil ich nicht in Ruhe mit dir sprechen kann. Aber Gerd, wenn wir von Stavanger wegfahren, werde ich mir eine Weile freinehmen. Ich muß mit dir reden, verstehst du, mein Kleines, ich muß dir schrecklich viel sagen, dich fragen, dir erzählen. Es ist da so vieles, was wir ins reine bringen müssen. Es ist durchaus nötig, daß wir uns aussprechen, nicht wahr - ?“
    „Bestimmt, Helge. Ich kann dich diesmal unmöglich verlassen, ohne – ohne – “
    „Ohne eine klare Linie, meinst du?“
    „So kannst du es auch nennen. Diesmal muß ich wissen, woran ich mit dir bin.“
    „Aber das weißt du doch. Du hältst mich in der hohlen Hand, ganz und gar.“
    „Letztesmal, weißt du, als wir uns in Hamburg verabschiedeten, da wartete ich und wartete – Ach, Helge, warum ließest du da nie von dir hören?“
    „Auch das werde ich dir heute abend erzählen, Gerd. Aber eines kann ich dir schon jetzt sagen: Wärst du nicht plötzlich hier aufgetaucht, so hättest du einen Brief von mir bekommen, und ich hätte – “
    Sie wurden wieder unterbrochen durch Krauskopf, der den Nachtisch brachte.
    Sie lagen bloß kurze Zeit in Stavanger, und Gerd begannen diese Geräusche an Bord wohlbekannt zu werden, das Getrampel an Deck, wo Kisten und Güter geschoben und im Laderaum gestapelt wurden. Da erklangen Kommandos, da war Leben und

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