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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Augenpaare trafen sich. Es war, als wechselten Helges Augen die Farbe. Sie wurden dunkler, blanker.
    Er drückte sie an sich, seine Hände liebkosten sie. Wünschende, sehnsuchtsvolle Hände. Zitternde, suchende Hände.
    „Gerd – o Gerd, wie habe ich mich nach dir gesehnt!“
    „Und ich mich nach dir.“
    Seine Hände faßten um ihre Schultern, er hielt sie ein Stückchen weg, sah ihr in die Augen. Sein Blick war ohne Boden. Es war eine einzige, sehnsuchtsvolle Frage.
    „Gerd?“ Es kam wie ein zitterndes Flüstern.
    Die Röte schoß ihr in die Wangen, und sie lächelte ihn an mit bebenden Lippen. Und ihre Antwort kam flüsternd, aber so sicher, so direkt aus dem Herzen:
    „Ja, Helge.“
    Kleine Wellen glucksten gegen „Babettes“ Seiten, und das Schiff lag still in der Herbstnacht, in dem schwachen Lichtschimmer, der vom Kai herüberleuchtete.

12
     
     
    „Schicksals-Tücke, daß wir nicht eine Minute für uns allein haben können“, seufzte Helge.
    Gerd lachte ihm ins Gesicht.
    „Übertreibst du nicht ein bißchen, mein Junge?“
    „Du weißt sehr gut, was ich meine: Dieser Tag sollte doch ganz der unsere sein. Und da rennst du nun zuerst zu diesem Verführertyp, diesem Clement – “
    „Entschuldigen Sie, Herr Kapitän, ich bin es, die ihn verführt hat. Weißt du, was ich hier habe? Den unterschriebenen Vertrag!“
    „Du bist hoffnungslos. So jung, so hübsch und so verdammt unpassend geschäftstüchtig.“
    Gerd lachte hell auf.
    „Naja, habe ich nicht recht? Als wir endlich ein paar Stunden für uns allein hätten haben können, da tauchte doch schon wieder dieser ,lovely sandwiches’ auf-“
    „Aber wir waren doch wirklich recht gemütlich beisammen“, verteidigte ihn Gerd.
    „Und wie! Wenn du wüßtest, wie sehr ich wünschte, ein Hühnerknochen möchte ihm im Hals steckenbleiben!“
    „Helge, aber Helge!“
    „Oder daß ihm der Rotwein in die falsche Kehle gekommen wäre.“
    „Jetzt will ich aber nichts mehr davon hören! Du redest, als wäre dieser Tag die einzige Gelegenheit, zusammenzusein. Wir haben doch das ganze Leben vor uns, Liebster!“
    Jetzt mußte auch Helge lachen.
    „Ja, Gott sei Dank! Aber Gerd, ich habe doch recht: Der Tag hätte der unsere sein sollen. Deiner und meiner ganz allein. Grade dieser Tag, der so anfing…“
    „Anfing? Aber lieber Junge, er fing damit an, daß Krauskopf die Kaffeekanne runterfallen ließ…“
    „O nein, Gerd. Der Tag fängt früher an. Der neue Tag fängt an in dem Augenblick, wo der alte Tag vorbei ist. Nämlich um Mitternacht. Weißt du das denn nicht?“
    „Ach, so meinst du…“ Gerd errötete und schob ihre Hand in Helges.
    „Sag, habe ich nicht recht? Der Tag, der so anfing, hätte der unsere sein sollen, deiner und meiner, ganz allein.“
    „Ja, Helge. Aber – aber…“
    Plötzlich schwieg sie.
    „Nanu, traust du dich nicht, es auszusprechen?“
    Sie biß sich auf die Lippe.
    „Sag mir, was du denkst, Gerd. Weißt du, was ich an dir so liebe? Deine Ehrlichkeit! Daß du keine Komödie spielst, daß du – daß du dich mit offenen und ehrlichen Augen zu deiner Liebe bekennst.“
    „Dann weißt du, was ich sagen wollte.“
    „Vielleicht. Aber ich möchte es so gern hören.“
    „Der Tag kann ja vielleicht so enden, wie er anfing“, sagte Gerd. Ihre Stimme war leise, aber klar und fest.
    Sie standen nebeneinander an der Reling auf dem Achterdeck. Newcastle hatten sie hinter sich gelassen, und nun ging es wieder ostwärts. Es war eine Enttäuschung für sie gewesen, als „lovely sandwiches“ wieder aufgetaucht war, freundlich, gastfrei, von überströmender Liebenswürdigkeit, und sie zu einer Autotour nebst Lunch eingeladen hatte. Der Ausflug war sehr hübsch gewesen. Stundenlang fuhren sie über hügelige, weite Strecken, durch die sich der Weg wie ein ewiges hellgraues Band schlang.
    Sie hatten einen erstklassigen Lunch in einer entzückenden alten Jagdhütte bekommen, wo es so exklusiv war, daß Gerd sich ernstlich überlegte, ob sie auch fein genug angezogen wäre.
    Während der Fahrt hatte sie vorn neben „Mr. L. S.“ gesessen, indes seine Frau im Fond des Wagens Helge nach Kräften zu unterhalten versuchte. Trotzdem waren beide in der Gesellschaft nicht ganz froh gewesen.
    Aber jetzt senkte sich der Frieden der Nacht herab. Jetzt war „Babette“ gleich draußen auf hoher See, und dann waren sie wieder in ihrer eigenen friedlichen Welt, dieser wunderbaren kleinen Welt.
    „Du, Helge, weißt du, was ich

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