Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
Vom Netzwerk:
Fraktion.«
    »Muß ziemlich gesprächsintensiv sein, kann ich mir vorstellen.«
    »Ja. Sind schon rechte Weltverbesserer.«
    »Daß du jetzt auf Wirtschaft machst, dir vielleicht sogar einen Job in der City suchst, das kreiden sie dir ziemlich an, was? Allerdings dürfte die Linke Leute ziemlich nötig haben, die was von Geld verstehen. Es bringt doch nichts zu wissen, was das Beste für die Leute ist, wenn man mit ihnen keinen Kassensturz machen kann. Ich meine ... was meine ich eigentlich?«
    »Mir ist das alles völlig egal, Dad. Ich will einfach meine Arbeit gut machen. Es ist doch so, ich bin ziemlich gut auf diesem Gebiet, mache einige Zusatzprüfungen und so, und ein paar der großen Firmen sind schon hinter mir her.«
    »Das ist ja wunderbar, Adrian. Ich vermute allerdings, daß mein Name dir einige Türen geöffnet hat.«
    Aber ich sah deutlich, daß die Dinge alles andere als wunderbar waren. Es war schlimmer als die Schweigsamkeit seiner Kindheit, die es mir schwermachte, ihm ein guter Vater zu sein, auch wenn es
andersherum sehr gut funktionierte. Nein, er war ganz einfach völlig unglücklich. Sein Gesicht war blaß und fleckig, als wäre kaltes Spülwasser mit kleinen Dreckbrocken darin unter seine Haut gesickert. Und seine Augen, na ja, die sind leicht zu beschreiben: den Tränen nahe, und einmal war er meinem Blick ausgewichen. Dann sagte er: »Es tut mir leid, daß ihr beide euch getrennt habt.«
    »Na ja, mir in gewisser Weise auch. Wenigstens sind wir nicht im Bösen auseinandergegangen. Irgendwie haben wir nicht so recht zusammengepaßt, das ist alles. Ich bewundere sie. Das habe ich immer getan. Sie war eine gute Ehefrau, eine gute Mutter.«
    Er spielte mit der Speisekarte, drehte die Ecken auf. »Ich weiß noch, die Ausflüge, die du mit uns gemacht hast, je mehr du dich bemüht hast, uns aufzumuntern, um so schlimmer wurde es. Kannst du dich noch an den Tag bei Harrods erinnern?«
    »Sehr gut sogar. Preiseraten. Dann hattest du also Mitleid mit mir, mh? Schau, ich hatte, habe, kein Selbstmitleid. Vielleicht hat mir das Ganze eher auf allgemeine Art leid getan. Und dann fand ich diese unbekümmerte Frau, die sich allerdings ... Was soll’s. Erinnerst du dich noch an sie?«
    Jetzt verzog er das Gesicht und fing an, die Speisekarte zu zerteilen. »Ach, die. Ist nur ... es hat mir schon was ausgemacht, daß du einfach nicht mehr dauernd da warst. Virginia weniger. Sie hatte damals alles mögliche im Kopf.«
    »Und ich habe mir damals die größten Gedanken gemacht, was sie woanders drinhaben könnte. Na ja, inzwischen scheint sie sich ja einen recht anständigen Kerl geangelt zu haben. Du bist doch nicht auch verliebt, oder sonst irgendwas Blödes?«
    Genau in diesem Augenblick breitete sich etwas, das mehr war als nur Unglücklichsein, über sein Gesicht aus wie ein Schatten, und er nickte heftig. Die Kellnerin kam wieder und stand vor uns, und ich schüttelte den Kopf. Als sie wieder gegangen war, sagte ich: »Ich glaube, wir sollten besser bestellen. Die Entscheidung zwischen dem Unaussprechlichen und dem Ungenießbaren. Wer hat das gesagt? War das nicht dieser alte Schw...«
    Er unterbrach mich ziemlich scharf. »Dad, das solltest du wissen, ich bin schwul.«

    »Ja«, erwiderte ich achselzuckend, »deine Mutter hat schon so was angedeutet. Dann nimmst du also weder die Hühnerbrust noch was von der blöden Pute?«
    Meine Stimme blieb ziemlich fest, diesen Eindruck hatte ich damals, aber er war es nicht, der in dem Moment den Blickkontakt vermied. Also schauten wir uns flüchtig in die Augen, und ich befeuchtete die Lippen und versuchte zu grinsen.
    »Dann hast du also nichts dagegen?«
    »Natürlich habe ich verdammt noch mal was dagegen. Ich meine, schau dich doch nur an, wie elend dich irgendwas macht. Anstatt daß du dir ’ne schöne Zeit mit den Mädchen machst oder was weiß ich. Ich weiß ja, daß man im Augenblick, vielleicht ja auch für immer, sehr freizügig ist und viele berühmte Leute so sind, und bei weitem nicht alle davon sind Schauspieler, und ob du es zur Schau stellst oder nicht, ob du lispelst oder einen Ohrring trägst, diese Sache wird immer im Mittelpunkt deines moralischen und seelischen Seins stehen — auseinanderhalten kannst du so was nicht. Ich meine, nicht wie bei uns verrückten Heteros, die es natürlich auch im Hirn haben, aber nicht dauernd nur um der Sache selbst willen zusätzlich zu dem, worum’s bei der Sache geht ... Moment mal. Was will ich

Weitere Kostenlose Bücher