Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
eigentlich sagen? Was ich meine, es ist nicht gerade zum Spaßen, oder? Ist natürlich völlig okay, aber, na ja, diese ganze Heimlichtuerei und so ...«
Er fing an zu lächeln, aber auf eine Art, die die Tränen bereits erahnen ließ. Ich hatte meine Hand auf seiner, und als die Kellnerin wieder einmal kam, drückte ich seine Hand und ließ dann meine auf ihr liegen.
»Darling«, sagte ich, »wir sollten bestellen, sonst wird die Lady noch böse auf uns.«
»Verstehe, so ist das also«, sagte sie. »Laßt euch Zeit, ihr Süßen, mir ist es egal.« Und wieder ging sie.
»Jetzt mal ernsthaft, Dad, hast du was dagegen? Mum sagt Sachen wie die letztendliche Bedeutungslosigkeit der Sexualität. Die Wahrheit, sagt sie, ist ihre überflüssige Individualisierung, so was in der Richtung.«
Ich nahm meine Hand weg und tippte ihm mit der Faust ans
Kinn. »Ach, sagt sie das? Davon habe ich keine Ahnung. Wahrscheinlich. Die Wahrheit ist in diesem Fall nur nicht sehr schön für mich. Warum irgendwas vorschützen? Mir gefällt die Vorstellung nicht, daß du mit einem anderen Kerl »zusammen« bist. Ganz und gar nicht. Im Gegensatz zu du mit einem Mädchen. Wobei ich mir das auch nicht so gern vorstellen mag, außer ganz im allgemeinen, so nach dem Motto, jetzt rutsch mal rüber, du Glückspilz. Oh, ’tschuldigung!«
Er lächelte noch einmal. Langsam wurde es okay, und er blinzelte alle Tränen weg bis auf eine, die an einer Wimper haftenblieb.
»Es widert dich also an?«
»Genau das, ja.«
»Sehr?«
»Ja, sehr. Aber du widerst mich absolut nicht an. Es könnte dich zäher machen, toleranter. Solange du nur keine große Sache draus machst, dich von Leuten nicht einschüchtern läßt, nicht zickig oder verbissen oder verschlagen wirst oder sonstwas, das dich von dir selber entfernt oder von anderen, von mir zum Beispiel. Ich meine, schau dich jetzt mal an, Adrian ...« Ich nahm wieder seine Hand, und in dem Augenblick kam auch die Kellnerin wieder. »Also mal ehrlich, wie ein Wrack. Kein Ekel, nein, nur Angst ... Für mich einen Kaffee bitte, danke.« Adrian nickte. »Zwei Kaffee.« Sie wartete. »Ein Spiegelei und Pommes.« Adrian nickte noch einmal. »Zwei Spiegeleier und Pommes. Das ist ein Ei für jeden.«
Sie steckte ihren Notizblock in die Tasche, schaute auf unsere verschränkten Hände und machte die Lippen schmal.
»Tut mir leid, euch zu stören, ihr Süßen. Aber so werdet ihr das Ei kaum schaffen, mit einer Hand, meine ich. Die Pommes schon, aber das Ei nicht.«
»Mein Sohn und ich haben keinen großen Hunger. Waren früher öfter mal hier.«
»Ihr Sohn, aha?« Sie zwinkerte Adrian zu und deutete mit dem Kopf in meine Richtung. »Egal, wer er ist, sagense ihm von mir, was er braucht, ist mal ’ne anständige Mahlzeit. Ich meine, vielleicht wärense mit ihm besser woanders ...«
»Ich hätte auch gern noch ein Glas Milch dazu, bitte«, sagte Adrian.
»Sinse sicher, daß er sich das leisten kann?« fragte sie und ging.
»Was du gerade gesagt hast, Dad. Ekel.«
»Adrian, hör zu. Ich will dieses Gespräch nicht mehr weiterführen. Ich meine, wenn ich eine Liste der ekligsten Sachen auf dieser Welt zusammenstellen müßte, dann wäre das, was Kerle miteinander machen, nicht darauf. Wenn ich an dich denke, was nicht sehr oft ist, aber wahrscheinlich viel öfter, als du an mich denkst, wo du dir doch über dein Studium Gedanken machen mußt und na ja, über andere Kerle, wo war ich, ich will jetzt mehr an dich denken, was heißt, daß du mich öfter anrufst, wenigstens einmal im Monat, oder mir eine Postkarte schickst ...«
»Da ist noch was anderes, Dad.«
»O nein, was denn noch, um Himmels willen.«
»Es geht um das, was damals zwischen Webb und mir in seiner Garage passiert ist.«
»Erinnere mich nur nicht daran. Ich war damals ziemlich schwach, was?«
»Ja, das warst du. Aber weißt du, ein Teil von mir hat das auch genossen. Er hat mich nicht angerührt oder sonstwas.«
Ich hob die Hände an den Kopf, ließ die Ellbogen krachend auf den Tisch fallen und stöhnte: »Jetzt erzählt er mir das! War es das, was dich dazu gebracht ... ?«
»Nein, ich meine die Bilder, die er mir gezeigt hat. Die waren gar nicht so schlimm. Nicht wie einige von denen in den Magazinen, die du geglaubt hast so gut versteckt zu haben, daß ich sie nicht finde. Die fand ich wirklich furchtb ...«
Ich stöhnte noch einmal, erschauderte, schlug mir mit der Faust an die Stirn, schluchzte, schüttelte meine
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