Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
ehrlich zu sein, ich habe ihr gesagt, daß mir das nie im Traum einfallen würde. Das heißt, wir sprechen nie darüber, was wir tun würden, falls wir je gewinnen sollten, obwohl mein Sohn das Thema einmal zur Sprache brachte und dann, was für ein Zufall, gleich mit einer Yacht anfing, worauf Virginia ihren Wunsch nach einem größeren Haus und einem anständigen Auto anmeldete. Dann schauten sie mich an, als meine Frau sagte: »Der Traum vom Reichtum ist die Zuflucht
der Unzulänglichen.« Autsch, das tat weh — aber wer ist denn schon zulänglich, das würde ich gern wissen. Ich bat meinen Sohn, da keine Diener vorhanden waren, mir die Kartoffeln zu reichen.
Und in diesem Augenblick ertappte ich mich bei der Hoffnung, er möge nie schwul werden, weil ich dann die Gelegenheiten verpassen würde, auf die ich mich bereits jetzt freue, wenn er nämlich demnächst anfängt, Mädchen mit nach Hause zu bringen. Er wird zu einem ziemlich gutaussehenden jungen Mann werden, und das erhöht die Chancen, daß diese Mädchen ebenfalls gutaussehend sind. Ich hoffe, daß bis dahin die Miniröcke wieder in Mode sind und die Emanzipation all ihre Ziele erreicht hat. Manchmal kann ich mir nichts Schöneres vorstellen als eine Welt, in der der Mann das Sexualobjekt ist. Heutzutage kann, nach meiner Erfahrung oder meinem Mangel daran, der Wunsch nur wieder einen anderen Wunsch erzeugen, und der ist ein Bastard.
Um diesen Gedanken noch ein wenig fortzuspinnen. Ich habe von häßlichen Männern gelesen, die außergewöhnlich erfolgreiche Liebhaber waren — was damit zusammenhängt, daß Frauen sich nicht groß um körperliche Schönheit scheren. Das ist wahrscheinlich Quatsch, verstärkt (vergällt?) aber das Vergnügen, sich auszumalen, daß der Mann eines Tages das Sexualobjekt ist. Ich bin bekannt dafür, absurde Phantasien zu diesem Thema zu haben, zum Beispiel, daß ich in der U-Bahn angestarrt werde wie gewisse Mädchen (von genau diesen Mädchen) und den Blick nicht abwende, bei Gott, nein, sondern ihr (oder ihnen) mit den unterschiedlichsten Tricks meine Visitenkarte zustecke, oder daß ich auf der Rolltreppe verfolgt und dann auf der Straße wie durch Zufall angerempelt werde, von wo es dann weitergeht in einen Pub und dann ad libitum, um es mal ganz deutlich auf lateinisch zu sagen. Ich habe meine Zweifel, daß so etwas andersherum je passiert. Männer haben für so etwas einfach nicht den Mumm. Wieviel mehr (oder weniger) Sex würde es dann geben, frage ich mich. Manchmal nennt man ihn ja »beiläufig«. Je häufiger er vorkommt, desto beiläufiger würde er mit Sicherheit werden (eher
im Sinne von unbeständig als im Sinne von ungezwungen oder gar ausschweifend); aber wahl- und planlos, wie das Wörterbuch meint? Ich glaube, je häufiger man es macht, desto wichtiger werden Auswahl und Plan, außer man versteht beiläufig irgendwann nur noch als nebensächlich.
Und auch das Alter ist Frauen bei weitem nicht so wichtig wie den Männern, sagen sie, wenn sie sich auf dem Markt umsehen. Warum machen sie sich überhaupt die Mühe? Wie auch immer, ich hoffe, daß die Rollen sehr bald vertauscht werden, ohne daß sich die gegenwärtigen Diskrepanzen im Bereich der Vorlieben verändern. Vielleicht sind dann auch die Frauen bereit, in einem Ausmaß dafür zu bezahlen wie die Männer jetzt. Ich als Weibstoller würde es mir vielleicht überlegen, zum losen Mannsstück zu werden (im Gegensatz zu den vielen Männern, die sich wie losgelassen auf die Damenwelt stürzen), sagen wir mal, zweieinhalb Abende pro Woche, dann allerdings ein wählerisches. Ich würde zuerst ihre Fotos sehen müssen, nicht sie die meinen. Allerdings überlege ich es mir nicht lange. Ich würde nichts zu tun haben wollen mit dem weiblichen Äquivalent der Männer, die jetzt zu Huren gehen oder, weil wir gerade dabei sind, Frauen als Sexualobjekte behandeln. Ich hätte es nicht nötig, aufgerissen zu werden oder zu warten, bis man mich fragt. Ich würde von vorneherein klarstellen, daß das Angebot umsonst ist, so wie ich mir das vorstelle. Ich wäre unter den richtigen Umständen außerordentlich leicht zu haben.
Wenn ich in der Richtung noch ein bißchen weiter schwadroniere, kriege ich es vielleicht aus meinem System — nicht daß es eins ist, so wahllos, wie es überall herumlungert, und was das Rauskriegen angeht, keine Chance, denn genau das ist es, woraus das System größtenteils besteht oder bestehen würde, wenn es ein bißchen was
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