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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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lieber, du würdest sie fragen.«
    »Ich habe ihnen gesagt, daß wir ein Picknick machen.«
    »Meinst du das im Ernst? Zu dieser Jahreszeit? Wenn die Blätter bereits von den Bäumen fallen. Der Wetterbericht hat Schnee angesagt, oder war es Graupel? Ich würde sagen, da hast du das Eis ein bißchen zu heftig gebrochen.«
    »Kannst du nicht rübergehen und mit ihnen reden?«
    »Das muß ich jetzt ja wohl, nicht?«
    »Du bist doch nicht sauer auf mich, oder, Daddy?«
    Sie weiß, sie muß das nur sagen, und schon fühle ich mich, als wäre das einzige, was mir noch fehlte, eine Peitsche in der Hand.
    »Natürlich bin ich nicht sauer. Es ist nur so, daß sie vielleicht gar keine Lust auf einen Ausflug in den verdammten Park haben. Vielleicht ist es das letzte, was sie wollen.«
    »Aber wir können jetzt kaum ohne sie losfahren, oder?« Nun lag wieder die Gereiztheit in ihrer Stimme.
    »Zufällig ist mir gerade wieder eingefallen, daß ich heute nachmittag Badminton spiele. Ich könnte natürlich anrufen und absagen ...« Aber sie weiß immer ganz genau, wann ich lüge, oder inzwischen sollte sie es, deshalb strich ich ihr über den Kopf und sagte: »Denk dir nichts, meine Liebes. Ich gehe rüber zu ihnen und kläre die Sache.«
    Sie läßt sich nicht gern über den Kopf streichen (wer mag das schon?), doch gibt es, aus bereits erläuterten Gründen, kaum noch andere Stellen, an denen ich sie hätte streicheln können, und das war für mich einfach eine Gelegenheit zu körperlichem Kontakt, da inzwischen jeder andere Kontakt der Stoff ist, aus dem Alpträume gemacht werden.
    »Ach, danke, Daddy. Jetzt tun sie mir gleich gar nicht mehr leid oder sonstwas.«
    In dem Augenblick fühlte ich mich ziemlich gut, zumindest für den Bruchteil einer Sekunde, denn ich hatte einem meiner Kinder aus der Patsche geholfen, eine Gelegenheit, die sich mir nur selten bietet. Doch dann kam mir wieder zu Bewußtsein, daß ich zu den Hambles gehen und sie davon abbringen mußte, sich warm
anzuziehen und einen riesigen Korb zu packen. Vielleicht würde ich ihnen einfach für die Karotten danken und sagen, diese modernen Autos seien auch nicht mehr das, was sie mal waren. Ich hätte meins eben erst in der Werkstatt gehabt, aber man könne heutzutage niemandem mehr trauen, so wenig wie dem Wetter. Letzteres würde ich dann anfügen mit einem verzweifelten Blick zum Himmel auf der Suche nach einer riesigen, sich schwarz zusammenballenden Sturmwolke. Wie würde meine Frau sich in dieser Situation verhalten? Sie würde auf jeden Fall nichts über das Auto sagen, denn das war eine Sache, die wir zu schätzen wissen konnten, die Hambles dagegen nicht. Ich wußte nur, wenn gleich alles vorüber wäre, hätte sie Sachen gesagt, die ich nicht gesagt hatte, und natürlich andersherum ebenfalls.
     
    Seit dem Tag ihres Einzugs war ich nicht mehr im Haus der Hambles gewesen. Ich hatte ihnen gewinkt, ihnen »Wie geht’s« und ähnliches zugerufen und, wie bereits erwähnt, heimlich durchs Fenster in ihre Richtung geschaut. Ich klopfte zweimal, und dann war er es, der mir öffnete. Ich wischte mir noch die Hände an dem ab, was erst vor wenigen Augenblicken zum Lumpen geworden war, und bereitete mich darauf vor, irgendwas von zufälligem Vorbeikommen zu murmeln und dann die Autoausrede anzuschließen. Sein Gesicht wirkte noch röter und fleckiger als sonst, wahrscheinlich weil er sich hatte bücken müssen, um seine Winterschuhe zuzubinden. Aber in dieser ersten Sekunde, in der ich mich räusperte, wurden Flecken und Röte noch heftiger, und ich wußte, daß ich der Grund dafür war. Dann kam ein schüchternes Krächzen von irgendwo hinter seiner Nase, Schweiß lief ihm seitlich an der Nase entlang, und sein Mund öffnete sich zu einer kleinen, runden Höhlung, als würde er blasen. Hinter ihm klickte eine Tür. Als ich den Kopf senkte, sah ich, daß ich das ehemalige Taschentuch zu drei festen, sehr braunen Knoten verschnürt hatte.
    »Bin nur da, um, na Sie wissen schon, wegen Virginias Karotten.«
    Ich zupfte an den Knoten und schenkte ihm dieses schnelle, schmallippige Lächeln mit einem Hochziehen der Augenbrauen,
das ich schon eine ganze Weile nicht mehr im Spiegel kontrolliert hatte, das aber eine schüchterne Offenheit ausdrücken soll, nach dem Motto: Man bleibt nur selten nicht für sich, aber wenn man’s schon mal tut, dann kann man’s ruhig gemeinsam vermasseln.
    »Karotten? Karotten?« Er atmete einmal tief ein und zog seine Hose hoch, damit

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