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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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seine Hosenträger nicht zu sehr spannten. Dann drehte er sich um und rief: »Joanne, der Herr ist hier wegen irgendwelchen Karotten.«
    Er trat einen Schritt zurück, und jetzt tauchte Mrs. Hamble neben ihm auf, sie ebenfalls rot im Gesicht und nervös an den Bändern ihrer Schürze zupfend. Auch ansonsten war die Ähnlichkeit zwischen den beiden beinahe unheimlich. Sie waren ungefähr gleich groß, und ihre Gesichtsröte hatte denselben Ton, wenn auch ihre Flecken eher rosa und die seinen eher bläulich waren. Die größte Ähnlichkeit bestand bei den Augen. Als ich von ihm zu ihr schaute, zitterten ihre Lider und schlossen sich, flackerten dann aber weiter, als würden die Augäpfel dahinter wie auf der Flucht hin und her zucken, doch zuvor sah ich noch bei beiden denselben grauen Schimmer, dessen schwarzes Zentrum sich weitete wie in einem letzten, intensiven Blick vor dem Einsetzen der Blindheit, als würden sie diese dem vorziehen, wovor ihre Augen sich schlossen.
    »Wollte mich nur schnell für die Karotten bedanken, Mrs. Hamble. Wenn ich nur auch solche Karotten ziehen könnte.«
    Sie lächelte, und ihre Augen öffneten sich und ruhten für einen Augenblick auf meinem Hals, an den jetzt meine Hand mit dem Taschentuch fuhr, das, wie ich später feststellte, auch dort etwas Schmiere hinterließ.
    »Ach, das sind nicht unsere eigenen Karotten. Alf hatte allerdings schon immer ein Händchen für Karotten, nicht, Alf?«
    »Schon, ja. Meine Karotten kamen immer ziemlich gut.«
    »Und dann erst seine Tomaten.«
    »Hab mit einer mal einen Preis gewonnen.«
    »Wie viele Pfund hatte die? In dem Jahr, du weißt schon, als Will seinen Kürbis hatte.«
    »So einen Kürbis habe ich noch nie gesehen, weder vorher noch nachher.«

    Jetzt ruhten ihre Augen, weit offen, aufeinander. Es war fast, als wäre ich überhaupt nicht da. In diesem Blick lag echte, bewährte Zuneigung, eine unauflösliche Verbundenheit durch irgend etwas in der Erinnerung. Ich erwartete fast, daß sie sich plötzlich in die Arme fielen. (Wann haben meine Frau und ich uns das letzte Mal so angesehen? Dieses Suchen im anderen, ich befürchte, nicht mehr seit dem ersten Mal, als zumindest ich nach einer Ahnung dessen suchte, wie es sein würde, dieses Gesicht für den Rest meines Lebens in regelmäßigen Abständen so dicht vor dem meinen zu haben. Ich sah dieselbe Frage in den Augen meiner Frau flackern, und sofort richtete sich meine Suche auf das, was sie dachte, und nicht mehr auf irgendwelche eigenen Gewißheiten. Von denen hatte ich an diesem Tag so gut wie keine, denn an dem war mein Vater gestorben, und egal, was ich war und wußte, ich fühlte mich irgendwie völlig ausgehöhlt.)
    »Du hast auch andere Preise gewonnen. Aber nie für Karotten.«
    »Nie für Karotten. Allerdings mal für Kartoffeln.«
    Mrs. Hamble drehte sich mir zu, und ihre Augen schlossen sich wieder. Die Röte war verschwunden, aber nicht die rosa Flecken. »Alf hat den grünen Daumen«, sagte sie. »Hatte er immer schon.«
    Ich fragte mich, ob sie noch Sex miteinander hatten, und vermutete, nein. Wahrscheinlich küßten sie sich nicht einmal mehr auf die Lippen. Dieser Gedanke, seine Irrelevanz und Impertinenz, machte mich unendlich traurig.
    »Virginia hat sich sehr gefreut.« Ich machte einen neuen Anlauf. »Ich hoffe nur, Sie hatten nicht den Eindruck, daß sie zum Schnorren gekommen ist.«
    Jetzt öffnete Mrs. Hamble die Augen wieder, riß sie sehr weit auf, doch sie blieben irgendwie klein und blind. »Ach du meine Güte, nein! Wo denken Sie hin! So ein hübsches Mädchen. Und so höflich.«
    Da nun in meinen Augen eine mehr als reelle Chance bestand, daß Virginias Einladung als reine Höflichkeit verstanden worden war, beeilte ich mich, diesen Eindruck zu bekräftigen.

    »Versucht immer, das Richtige zu sagen, voller guter Absichten, aber manchmal ein bißchen vorschnell. Ist eben noch ein Kind.«
    Ich kam mir gräßlich vor. Tatsache ist nämlich, daß meine Tochter gar nicht so perfekt ist. Da sie immer wieder versucht, so zu sein, wie meine Frau sie gern hätte, hat sie inzwischen ein bißchen was von einem Tugendbold an sich, doch das wird immer wieder konterkariert von einem Anflug grundehrlicher Selbstsüchtigkeit. Ich freute mich überhaupt nicht darauf, ihr sagen zu müssen, daß die Hambles nun doch nicht in den Park mitkommen können. Sie würde den Verdacht haben, daß ich (schon wieder) log, und deshalb meine Frau mit hinzuziehen, die mich retten würde,

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