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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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weil wir das erkennen? Und sich dann zu sagen, man solle trotz allem so weitermachen, und es nicht mal zu schaffen, ein unbeträchtliches Lächeln hervorzuzaubern. Ich vermute, Sie haben den Witz nicht verstanden. Ich schon, aber er war nicht lustig. Bei der Selbstbetrachtung löscht man sich selber aus und fühlt sich sogleich sehr viel besser. Was für ein eitler Gedanke!
     
    Ich habe irgendwo gelesen, daß der Ton der Verzweiflung in den Einsame-Herzen-Rubriken deutlich hörbarer wird, je näher das Millennium rückt. »Die Uhr tickt lauter und wird zum klagenden
Ton einer Totenglocke.« So hat es irgend jemand formuliert. Kann sein. Was mich auf Maureen und die Frage bringt, ob sie je an mich denkt. Vielleicht schaltet sie noch immer ihre Anzeigen. Gelegentlich werfe ich mal einen Blick in diese Rubriken und suche nach jemandem, der späte Freundschaft in choraler Umgebung sucht. Ich hoffe, sie hat das Glück gefunden. In der Sendung Songs of Praise suche ich nach ihrem Gesicht in den abgefilmten Kirchengemeinden. Vor allem die älteren wirken sehr erbaut, dauerhaft ermutigt durch ihre Liebe zu Gott oder wenigstens durch ihr Zusammensein mit anderen, um sie auszudrücken. Vielleicht war Maureen einmal unter ihnen, und ich habe sie nicht erkannt. Ich hoffe, daß ihre Erinnerungen an mich ihr ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Vielleicht wirft auch sie hin und wieder einen Blick in diese Rubriken, weil sie weiß, daß sie diesen schlauen Halunken sofort wiedererkennen würde, der versucht, mit Doppeldeutigkeiten und Sichkleinmachen Aufmerksamkeit zu heischen. Ich mache das nicht mehr. Ich will nicht über die Anzeige eines verzweifelten Knackers stolpern, der ein einsames Millennium erlebt, und erkennen, daß ich das bin. »Fetter Zigarrenraucher schlägt nach dreifachem Bypaß eine neue Seite auf etc....« Ach ja, alles Gute für dich, Maureen. Singe dir die Seele aus dem Leib in der Liebe für Jesus. Wenn es im Laden schlecht lief, seufzte mein Vater immer und sagte: »Ach Gott, sei mir gnädig!« Und meine Mutter erwiderte dann immer: »Was du brauchst, ist nicht seine Gnade, sondern seine Hilfe beim Umsatz.« Manchmal wünsche ich mir, ich wäre wie diese älteren Leute in Songs of Praise . Aber im Lauf der Zeit würde ich mich nur immer unwohler unter ihnen fühlen. Es wäre nicht mein unmelodisches Singen, sondern mein wachsender Unglaube, das immer stärker werdende Bewußtsein für unsere unendliche Fähigkeit zum Selbstbetrug. Natürlich versuche ich auch zu glauben, daß ich mich in dieser generellen Richtung vielleicht selbst betrüge.
     
    Ich habe mich schon oft gefragt, was meine Eltern sagen würden, wenn sie mich besuchen kämen. Ich stelle mir vor, daß meine Mutter sagt: »Hast ja nicht viel aus dir gemacht, was?« Das wäre
nicht im geringsten verletzlich, würde sie doch damit implizieren, daß, wer viel aus sich macht, zuviel Aufheben von sich macht. Sie hätte nicht gewollt, daß ich es zu weit bringe in der Welt, bei dem Zustand, in dem diese Welt ist. Die ganz oben, hatte sie einmal gesagt, wie tief die fallen können. Mein Vater? Er hätte sich umgesehen und gedacht, daß ich es mir eigentlich recht gemütlich gemacht habe, aber sich dabei noch immer gewünscht, daß ich den Laden übernommen hätte, auch wenn er zugleich gewußt hätte, daß ich es dann aller Wahrscheinlichkeit nach weniger gemütlich gehabt hätte, und dieser Gedanke wäre für uns beide ziemlich ungemütlich gewesen. Er hätte vermutlich kaum etwas gesagt, sondern nur immer wieder auf seine Uhr gesehen und mehr als einmal die Abfahrtszeit ihres Zuges wiederholt.
    Zurück zum Millennium. Ich habe überlegt, mir einen kleinen Vorrat an Delikatessen anzulegen, um etwas zum Anbieten parat zu haben, falls am Morgen danach Nachbarn mit ihren Glückwünschen vorbeikommen sollten. Der Laden an der Ecke ist sehr gut ausgestattet für die Bedürfnisse von jemandem wie mir, mit gefrorenen Lamm- und Schweinekoteletts usw. Als Abwechslung alle sechs Monate von der Monotonie der Fertiggerichte wie Cumberland Pie, Fisherman’s Pie oder Cauliflower Cheese usw. Wenn die festliche Zeit näher rückt, gibt der Besitzer, Mr. Patel, sich alle Mühe, die Bedürfnisse seiner Kunden mit Mr. Kipling’s Mincemeat Pie, Knallbonbons und dergleichen zu befriedigen. Er will nicht in den Ruf kommen, schlecht bestückt zu sein. Und seine Kunden ebenfalls nicht.
    Ich merkte das schon kurz nach meinem Einzug, als ich ihn mit seiner Frau und seinen

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