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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Brusttasche etwas darauf und gab mir die Karte mit einem flüchtigen Zucken einer Augenbraue und einem leichten Zusammenpressen der Lippen, als müßte er ein Lächeln unterdrücken. Ich sah ihn danach nie wieder. Sein Name war Christopher Prebble, und er hatte das r ausgestrichen. Was für ein originelles Zeichen der Solidarität. Pebble, »Kiesel, kleines Steinchen«. Das kleine Steinchen und das kleine Wellchen. Das freute mich damals sehr, und ich habe seitdem sehr oft an ihn gedacht und mir manchmal sogar vorgestellt, wir seien Partner und würden uns Kunden vorstellen, ohne auch nur das Gesicht zu verziehen.
    Sechs Monate später erzählte Plaskett mir, daß er wegen Insinder-Handels in ziemlich großem Maßstab zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden sei. »Hab’s Ihnen doch gesagt, Tom, nicht?« Er grinste sein für ihn so typisches Grinsen, doch bei diesem Anlaß mit ein bißchen mehr Blasiertheit als Gift darin. Ich überlegte, ob ich ihm ein Memo schicken sollte mit der Nachricht, daß er ein absoluter Pfundskerl gewesen sei, weil er Plaskett an diesem Tag so mit Verachtung gestraft hatte, aber das tat ich natürlich nicht. Ich hatte ihn gemocht. Es ist schwierig, Betrüger, Diebe und so weiter zu mögen. Aber Plasketts Freude über seinen Sturz brachte mich dazu, ihn noch mehr zu mögen.
     
    Ich frage mich noch immer und ziemlich oft, was aus ihm geworden ist. Ich hatte gehofft, er mochte mich ebenfalls oder würde mich mögen, falls er mich wirklich kennen würde. Wenn ich an Plaskett denke, denke ich zugleich immer auch an Hipkin und an Mrs. Plaskett. Aber manchmal ist es Christopher Prebble. Ich stelle mir vor, wie seine große, gebeugte Gestalt die Uferpromenade entlanggeht, ein ruinierter Mann, sein Leben in Trümmern, seine Ehe vorüber, falls er je eine gehabt hatte. Manchmal bleibt
er bei einer Bank stehen, auf der eine andere Gestalt, den Kopf in den Händen, sitzt und nur hin und wieder aufs Meer hinausschaut, als gäbe es da etwas, das er verpassen könnte. Es ist Hipkin. Prebble setzt sich neben ihn und sagt: »Sie werden mir das nicht glauben, alter Junge, aber ich habe mal einen Mann getroffen, der Ripple hieß.« Dann gibt er ihm seine Karte, und das r ist ausgestrichen. Sogar Hipkin lächelt, auch wenn er mich schon längst vergessen hat. Dann denke ich wieder an Plaskett, der vielleicht auf einem Boot ist irgendwo, wo die Wellen unter einer strahlenden Sonne funkeln.
    Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als wir die Ladentheke erreichten. Er machte mir Platz und sagte: »Sieht man sich mal wieder im Connaught? Hören Sie, war’n verdammt blöder Witz, ich weiß, aber wenn man selber so einen verdammt langweiligen Namen hat wie >Brown<, nicht einmal mit einem e hinten, John Brown, also wissen Sie, da wird man einfach neidisch.«
    »Noch schlimmer als Green, mh?«
    »Wirklich witzig.« Er schaute auf die Straße hinaus, die in der nassen Seeluft feucht glänzte. Das Meer dahinter sah ziemlich ähnlich aus, nur gekräuselt und mit Weiß gesprenkelt, wie mit Unrat übersät. »Verdammt erbärmlich, was? Verdammt, verdammt erbärmlich. So ist das Leben. Ganze Ozeane davon.«
    Mit fiel darauf keine Erwiderung ein, während wir gemeinsam auf die Straße traten und dann schweigend in derselben Richtung auf den Hügel zugingen.
    »Ich würde mir keine Beachtung schenken, wenn ich Sie wäre«, sagte er nach ungefähr fünfzig Metern. Er war stehengeblieben, war allem Anschein nach extra mit mir mitgekommen, um etwas zu sagen, denn jetzt kehrte er um. Er hatte nicht viel zu sagen gehabt, und es war unmöglich, darauf zu antworten.
    »Aber warum denn nicht? Ich meine ...« Mehr brachte ich nicht heraus.
    »Ich kann die lustige Seite einfach nicht sehen, im Gegensatz zu Ihnen. Sie wirken ja irgendwie ziemlich, na ja, scherzhaft.«
    »Tut mir leid.«
    »Ach, das braucht Ihnen nicht leid zu tun, Kumpel.«

    Er stand ziemlich dicht vor mir und starrte mich an, und seine Augen glänzten, aber sehr blaß, farblos. Dann ging er abrupt los. Scherzhaft. Das hatte meine Mutter mich immer genannt, und mein Vater fügte hinzu, ich sollte auf meine Mutter hören und endlich anfangen, die Dinge ernst zu nehmen, wenn ich im Leben etwas erreichen wollte. Ich wußte, was meine Mutter dann dachte: daß ihn die Ernsthaftigkeit nicht sehr weit gebracht hatte — was machte er denn, als einen Laden zu führen, den er von seinem Vater geerbt hatte? Vielleicht fragte sie sich auch, ob letztendlich nicht auch

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