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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Anwesenheit zu neutralisieren?
    »Jane sagte, sie habe den Nachmittag mit dir sehr genossen. Sie mag dich sehr gern, weißt du das?«
    »Und ich sie.« Fiel mir nichts Besseres ein? Sollte ich ihm sagen, was er bereits tausendfach wußte? Nun, da er gar nichts mehr sagte, redete ich. »Sie ist die wunderbarste Frau, die ich kenne, das ist alles.«
    Er nickte langsam. Es war sehr merkwürdig — als würde er genau darüber nachdenken, was ich gesagt hatte, um zu entscheiden, ob er mir zustimmen konnte oder nicht. Ich sagte ihm, ich hätte bereits mit Virginia und seiner Mutter gesprochen. Zuerst reagierte er auch darauf nicht, sondern stand auf und goß sich Wein nach. Kurz kam mir der Gedanke, daß es ihm vielleicht lieber wäre, ich wäre nicht da, daß er eben Gedanken nachgehangen hatte und jetzt befürchtete, den Faden zu verlieren.
    »Wir haben uns Sorgen um Virginia gemacht«, sagte er dann. »Weißt du, wir haben sehr viel mehr Geld, als wir je brauchen werden. Ich drucke es praktisch selber. Und Jane genauso, eigentlich sogar noch mehr. Bis vor kurzem zumindest. Wir würden Virginia gern einen Batzen davon abgeben, einen ziemlich großen sogar, aber wäre das nicht demütigend für Richard, für sie beide?«
    »Ja, das wäre es.«
    »Wir haben uns Folgendes gedacht. Wie wäre es, wenn wir es dir geben, und du sagst ihr dann, das sei ihr Erbteil, aber jetzt sei eben der Augenblick, da sie es braucht. So eine Art Vorschuß.
Lebe noch sieben Jahre, und es ist steuerfrei, so was in der Richtung.«
    »Da sind ein paar Haken dabei, Adrian. Virginia weiß sehr gut, wenn ich einen großen Batzen Geld und noch sieben Jahre zu leben hätte, dann würde ich an die Costa Brava oder auf die Kanaren düsen und es ausgeben. Oder eine Weltreise machen. Die Mädchen würden in Scharen herbeiströmen. Du kennst mich doch. Die große Chance. Eine ziemlich blöde Idee, ehrlich gesagt.«
    Er lächelte. Es war dieses typische scheue, wissende Lächeln. Man konnte sich gut vorstellen, daß manche Leute ihn unwiderstehlich fanden — beiderlei Geschlechts, sollte ich wohl hinzufügen.
    »Jane hat gesagt, daß du so was sagen würdest.«
    »Ach, tatsächlich? Sie kennt mich doch kaum.«
    »Sie kennt dich ganz gut.«
    Wir sprachen noch eine Weile über diese Idee, und im Prinzip stimmte ich ihm zu. Aber war es denn nicht falsch, sie zu täuschen? Sie anzulügen? Auch das hatte Jane gesagt. Und darauf einigten wir uns letztendlich auch — Aufrichtigkeit kontra Freundlichkeit und das ganze moralische Gewäsch. Wir aßen Käse und Cracker, tranken den Wein, und dann mußte er weg. Es gab keine zusammenfassenden Abschiedsworte. Ich drückte einfach seinen Ellbogen sehr fest und murmelte: »Sag mir Bescheid, wenn ...«
    Und das war’s. Er blieb sehr ruhig, fast lässig, als wollte er mir zeigen, wie er für sie würde sein müssen, daß in ihren letzten gemeinsamen Tagen ihre Kameradschaft, falls dies das richtige Wort dafür war, sich noch weiter vertiefen würde; der Baum breitete seine Blätter aus und verdeckte für einen kurzen Augenblick die sich auftürmenden schwarzen Wolken und die hereinbrechende Dämmerung.
    Gerade jetzt ist so ein Abend ... Ich bin eben ziemlich hastig von der Uferpromenade zurückgekehrt, nachdem ich gesehen hatte, daß sich über der Klippe Wolken zusammenballen wie eine riesige Herde wütender, wilder Tiere. Ich habe es gerade noch rechtzeitig geschafft. Oder nicht ganz. Ich sitze hier mit ein paar Regentropfen auf meinen Wangen und frage mich, ob nicht jetzt die Zeit ist, um zu beenden, was ich noch über Jane zu erzählen
habe. Wie gesagt, ich habe sie nie mehr wiedergesehen, aber sie rief mich, wenn Adrian bei ihr war, noch dreimal von ihrem Totenbett aus an. Sie erzählte mir, daß mein Sohn sie nach Strich und Faden verwöhne, ihr jeden Wunsch von den Augen ablese. Sie hatte ihm schließlich gestanden, wie sehr ich diese roten Socken gehaßt hatte. Sie sagte, wir sollten Virginia nie anlügen, aber nichts könne sie davon abhalten, ihr in ihrem Testament etwas zu hinterlassen. Sie sagte, es sei unglaublich geizig von mir gewesen, ihr nur einen Zuckerkrapfen anzubieten, damals an diesem Tag, als sie sich so sehr nach Buttergebäck und Schokoladen-Eclairs gesehnt habe, was für ein Schwiegervater sei ich denn eigentlich? Also zuerst mal absolut keinen Humor ...
    Sie war es, die die ganze Zeit redete, weil sie wußte, daß ich nicht wissen würde, was ich ihr sagen sollte. Sie versuchte, ihre Stimme

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