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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Virginia, die zuvor angerufen hatte, um mir zu sagen, daß Richard seinen Job verloren hatte. Von wegen Management, wenn er seine Karten nur richtig spielte. Sie könne jetzt Vollzeit im Krankenhaus arbeiten, aber ein tolles Leben sei das nicht, die Kinder seien eine ganz schöne Plage, Richard sei ziemlich niedergeschlagen und manchmal sehr ungeduldig mit ihnen ... und noch einiges mehr in dieser Art. So kam es, daß ich erst, als ich das Licht ausschaltete, wieder an John Brown dachte und mich bei der Hoffnung ertappte, ich würde ihn nie wiedersehen. Es gab noch ein anderes Hotel ein Stückchen weiter unten an der Promenade, falls ich mal wieder an einem einsamen Abend aufs Meer hinausstarren wollte ...
     
    Ungefähr drei Wochen später rief er mich an.
    »Brown hier.«
    Im ersten Augenblick erkannte ich seine Stimme nicht, hätte beinahe gesagt, er habe sich wohl verwählt, und aufgelegt. »Wie bitte?«
    »Na, kommen Sie, Ripple. Ihr Saufkumpan aus dem Connaught. Sagen Sie bloß nicht, Sie sind unter die Antialkoholiker gegangen.«
    Er mit Sicherheit nicht, hatten »Kumpan« und »Connaught« bei ihm doch eben wie einsilbige Wörter geklungen.
    »O nein, ich ...«
    »Dachte, Sie hätten’ne Schwäche für dieses Kiwi-Barmädchen. Klasse Arsch hat die.«
    »Eigentlich nicht. Na ja ...«
    »Hören Sie. Warum kommen Sie nicht mal am Abend auf ’nen Drink vorbei?«

    »Sehr freundlich. Ich ...«
    »Also morgen dann, so gegen sechs ... Haben Sie Papier und Bleistift bei der Hand?«
    Er wartete nicht auf meine Antwort und gab mir seine Adresse.
     
    So kam es, daß ich am folgenden Abend vor seinem Haus stand. Es war ein halbstündiger Fußmarsch gewesen, und ich wünschte mir, ich hätte ein Taxi genommen. Außerdem wünschte ich mir, meine Nummer würde nicht im Telefonbuch stehen. Im nüchternen Licht des Tages bedauerte er wahrscheinlich, daß er mich eingeladen hatte.
    Der Bungalow war fast identisch mit seinen Nachbarn, bis hin zu den Stores und dem Pflasterweg und den kleinen, kieferartigen Bäumen und den geschwungenen Blumenbeeten mit vorwiegend Rosen darin. Als er die Tür öffnete, wirkte er überrascht. Er bedauerte nicht, daß er mich eingeladen hatte. Er hatte mich völlig vergessen. Es war das erste Mal, daß ich ihn ohne Brille sah. Seine Augen waren sehr hellgrau mit einer suchenden Furchtsamkeit darin, die mir Angst einjagte. Jede Aggressivität war von ihm abgefallen, so als hätte er seinen Job verloren oder als wäre ich ein Schuldeneintreiber, den er seit langem erwartete. Das Spiel war aus. Mit seiner Clubkrawatte, dem neu wirkenden Tweedsakko, den glänzenden braunen Oxford-Schuhen und der scharf gebügelten Hose war er angezogen, als würde er auf seine Verhaftung warten.
    »Es war doch heute abend ...«, begann ich.
    Er kam schnell wieder zu sich, streckte die Hand aus und faßte mich am Arm. »Ah, Tom, schön, daß Sie es geschafft haben. Kommen Sie rein.«
    Dann rief eine Frauenstimme von drinnen: »Wer ist es, Darling?«
    Er führte mich ins Wohnzimmer, wo ich eine verkrüppelte Frau in einem Rollstuhl erwartete.
    »Meine Frau«, sagte er, »das ist Tom Ripple, Liebes. Ich habe dir doch schon von ihm erzählt.«
    Sie lehnte am Kaminsims und streckte mir so träge die Hand
entgegen, als würde sie eine Gräfin imitieren. In der anderen Hand hielt sie eine lange Zigarettenspitze mit einer unangezündeten Zigarette darin. Es war offensichtlich, daß ich erwartet wurde. Sie war stark geschminkt und sehr dünn, und dies wurde noch betont von einem glänzenden, dunkelgrünen Abendkleid, das eng an ihrem Körper klebte und die Schultern freiließ. Ihre ordentlich gewellten Haare hatten ein grobes, besprühtes, irgendwie windschiefes Aussehen, als wäre sie eben beim Friseur gewesen. Ich hätte gleich darauf kommen sollen, daß es eine Perücke war, aber alles, was ich am Anfang sah, waren ihre breiten Lippen und die großen, dunklen Augen. Erst als ihre Lider sich ein wenig senkten, bemerkte ich die Perücke.
    »Ah, einer seiner Schnapsgesellen. Freut mich sehr, Mr. Thomas Ripple Esquire. Was für ein außerordentlich komischer Name, muß ich sagen. Haben Sie das Haus gleich gefunden?«
    Die affektierte Stimme paßte zur trägen Darbietung ihrer Hand — die Vokale waren wirklich gräflich spitz. Ich nahm ihre Hand, und sie taumelte zur Seite, so daß ich den Griff verstärken mußte, um sie auf den Beinen zu halten. Sie faßte nach dem Kaminsims und ließ meine Hand langsam los. Von

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