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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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silberne Brosche in Form eines Vogels hing am Revers. Ich schaute mir ihr Gesicht noch einmal an. Das Make-up war verschwunden, und sie wirkte merkwürdig gelassen und selbstbeherrscht. Die Augen schauten mich freundlich an. Es war das Gesicht von jemandem, der eben gesagt hat oder gleich sagen wird: »Kann ich Ihnen helfen?« oder: »Seien Sie willkommen bei uns« oder: »Bitte fühlen Sie sich wie zu Hause.« Kann sein, daß ich mir das erst später so vorgestellt habe. Brown faßte mich am Ellbogen und zog mich sanft zur Haustür.
    »Bin gleich bei dir, Darling. Mr. Ripple will eben gehen.«
    »Ich nehme an, er hat Ihnen gesagt, daß ich sein Leben ruiniert habe. Er hat recht. Habe ich. Und auch das unseres lieben, kleinen Simon. Na ja.«
    Ihre Stimme war leise und gelassen. Das Affektierte war verschwunden, aber es lag etwas Hölzernes darin, als würde sie Auswendiggelerntes aufsagen. Browns Hand an meinem Ellbogen drückte fester zu.
    »Schon gut, Darling ...«, setzte Brown an.
    Ihre Stimme wurde nun sehr schläfrig. »Aber manchmal ist er immer noch nett. Als er mich über die Promenade schob. Wir waren damals sehr glücklich. Erinnerungen. Der Strand. Das Meer. Wissen Sie, ich war eine ganz gewöhnliche Verkäuferin ...«
    »Du warst Abteilungsleiterin, Liebling.«
    »Unterwäsche. Ich wußte ’ne Menge über Unterwäsche, nicht, Johnny? Fandest du damals. Du wolltest, daß ich dir die neuesten Kollektionen zeige ... Meine kleinen, nächtlichen Modenschauen.« Sie kicherte.
    »Bin gleich bei dir, Darling. Ich will mich nur eben von Mr. Ripple verabschieden.«
    »Langsam, hat er immer gesagt, laß dir Zeit. Damit’s beim Drunter nicht drüber geht.«
    Sie lächelte ihn an und hob die Flasche. »Wunderbarer Mann.« Dann schwenkte sie die Flasche in meine Richtung. »Sind Sie verheiratet?«

    Sie ließ mir nicht die Zeit für eine Antwort. »Sie sehen aus, als wären Sie es. Beim Promenieren haben wir noch so unsere Augenblicke, nicht, Johnny? Nicht so gut wie Spitzenhöschen. Anders. Aber meistens wünscht er sich, ich wäre tot. Das hat er Ihnen gesagt, nicht?«
    »Nein, natürlich nicht. Er hat mit großer Zuneigung von Ihnen gesprochen.«
    »Blödsinn, Mr. Splash. Absoluter, völliger Blödsinn.«
    Ich hätte noch weitere Einwendungen machen, noch ein bißchen mehr lügen können, aber Brown führte mich zur Tür, öffnete sie und stellte sich mir in den Weg.
    »Danke, daß Sie gekommen sind«, sagte er. Jetzt war er der Besoffene. Ich vermutete, daß er hinter seiner getönten Brille Tränen in den Augen hatte. »Es hat mir sehr viel bedeutet.« Er senkte die Stimme. »Es dürfte Sie nicht überraschen, daß ich ein wenig scheißeinsam bin.«
    Seine Frau hob die Stimme. Unvermittelt klang sie barsch und schrill. »Erzählt er Ihnen, wie ich in Dessous aussehe?«
    Über die Schulter hinweg sagte er: »Nein, Darling, ich habe ihm eben gesagt, daß er uns wieder einmal besuchen soll.«
    Hinter ihm schwenkte sie die Flasche hoch über dem Kopf. Dann stieß sie ein langes Heulen aus und zog die Tür hinter sich zu, tauchte aber fast sofort ohne die Flasche, aber mit einer Zigarette zwischen den Lippen wieder auf. Mit schwungvoller Bewegung riß sie ein Streichholz an, aber ihre Hand zitterte zu sehr, um die Zigarette anzünden zu können. Brown ging zu ihr. »Augenblick, altes Mädchen«, sagte er und zündete ihr die Zigarette lässig mit einem Feuerzeug an. Sie legte ihre Hände um seine. Ich konnte sehen, wie sie früher einmal miteinander gewesen waren.
    Brown kam zu mir zurück. »Ich habe das ernst gemeint«, sagte er mit einem Grinsen. »Kommen Sie wirklich mal wieder, Professor. Wobei wohl kaum die Chance besteht, daß Sie es tun werden, wenn Sie auch nur ein Fünkchen Verstand haben.«
    »Gern«, sagte ich. »Bis irgendwann im Connaught dann.«
    »Oder im Laden.«
    »Oder im Laden.«

    »Danke«, sagte er, als ich mich umdrehte und den Pfad entlangging.
    Ich hörte, wie hinter mir die Tür zugeschlagen wurde, und wartete am Gartentor. Stille. Vielleicht war er zu ihr gegangen. Vielleicht stritten sie sich. Ich wußte es einfach nicht. Doch dann war ich mir hundertprozentig sicher, daß er einfach ins Wohnzimmer zurückgekehrt war, sich noch einen Drink eingegossen, dann unsere Gläser in die Küche getragen, sie gewaschen und poliert und in einen Schrank gestellt hatte, um das Haus wieder so herzurichten, als wäre ich nie dagewesen. Ich meinte sogar, das Geräusch eines Staubsaugers zu

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