Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
Hobby.«
»Und was ist Ihrs, wenn ich fragen darf?«
»Eigentlich gar keins.«
Eine längere Pause entstand, in der ich weiterschnippelte und ein pfeifendes Gesicht machte.
»Er ist ein guter Junge«, fuhr er nach einer Weile fort. »Um ehrlich zu sein, ich habe normalerweise für Kinder nicht so besonders viel übrig. Es tut mir nicht leid, daß wir ohne sind. Meine Frau meinte, eins adoptieren, aber ich kann mir das nicht vorstellen, der abgelegte Balg eines anderen. Man kann sich dann schlecht für dessen Fehler selber die Schuld geben, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und Sie haben beschlossen, nach nur den beiden aufzuhören, mh?«
»Die Bevölkerungsexplosion und das alles«, sagte ich mit leichtem Erröten und verfluchte mich dabei, weil ich nicht gesagt hatte: »Scheren Sie sich verdammt noch mal um Ihren eigenen Kram.« Auch war bei mir ein Gedankengang in Bewegung geraten dahingehend, daß man verantwortlich ist für die Fehler seiner Kinder, sich aber ihre Vorzüge nicht als Verdienst anrechnen sollte, und ich kam zu dem Entschluß, dieses Thema nicht noch weiter zu vernebeln, indem ich meine Frau um Klärung bat.
»Ho ho«, sagte er. »Mit der Bumserei ist es auch nicht mehr wie früher, was?« Er machte ein schlürfendes Geräusch und schniefte. »Natürlich haben wir, meine Alte und ich, unsere Versuche inzwischen aufgegeben. Haben uns damit abgefunden. Deshalb ist es nett, einen Jungen im Haus zu haben. Ich beneide Sie, so ein guter, sauberer Junge. Nichts Explosives an den Webbs, was?« Dieser letzte Satz mit seiner Duke-of-Edinburgh/Stanley-Holloway-Stimme. Dann schnaubte er und strich sich über die Haare.
»Wir wüßten nicht, was wir ohne ihn tun würden«, erwiderte ich, zerrte das Astgewirr beiseite und fing, nun auf Kniehöhe, wieder an zu stutzen.
»Wobei sie noch nicht zu alt dafür ist«, sagte er.
Ich machte den Fehler, kurz zu ihm hochzuschauen, und er zwinkerte. Da ich nun uns beide haßte, grinste ich nur. »Einige Dinge sollte man besser für sich behalten.«
Er dachte darüber nach. »Sehr witzig, Tom, was? Jünger werden wir alle nicht. Hab da diesen Kumpel im Büro, der meint, einen hochzukriegen ist eine Sache, ihn hoch zu halten eine ganz andere.«
Ich ließ die Schere mit lautem Knacken zuschnappen, verfehlte allerdings, wonach ich gezielt hatte, und er mißverstand mein Zähnefletschen als ein zweites, noch lüsterneres Grinsen.
»Autsch! Aber eins muß man sagen, es gibt einen Ausweg. Kennen Sie den über den Mann, der zum Arzt ging, um ihn sich abschneiden zu lassen, sich kastrieren zu lassen, und der tatsächlich darauf bestand? Nachdem alles erledigt war, traf er im Krankenhaus seinen Kumpel, der sagte, er bringe seinen Sohn zur Beschneidung hierher — und der Kerl schnippte mit den Fingern und sagte: ›Scheiße, das war das Wort, das ich gesucht habe.‹«
Das war ein Witz, den ich noch nicht gehört hatte, deshalb lachte ich kurz auf, woraufhin er aufhörte zu lachen und sagte: »Ist gar nicht mehr so lustig, wenn man darüber nachdenkt.«
»Wahrscheinlich nicht.«
Es entstand noch eine Pause. »Eine attraktive Person, Ihre Frau, wenn ich das sagen darf. Der Junge schlägt ihr nach.«
»Aber natürlich dürfen Sie. Jungs sehen immer ihren Müttern ähnlich. Mädchen ... Die Tochter wird mal ’ne richtige Schönheit, meinen Sie nicht auch?«
Er dachte ernsthaft darüber nach. »Sie könnte wirklich ein bißchen was von Ihnen haben, das muß ich zugeben. Was will sie denn mal werden?«
Ich ging mit meiner Schere an der Hecke entlang, aber er folgte mir.
»Krankenschwester«, murmelte ich. »Sie interessiert sich sehr dafür.«
»Schüchtern sind die da heutzutage nicht mehr, diese Krankenschwestern, ganz und gar nicht. Keine zitternden Jungfrauen mehr. In diesem Beruf nicht mehr. Meine Frau wollte auch mal Krankenschwester werden, hat sie mir zumindest erzählt. Jetzt erledigt sie freiberuflich Sekretariatsarbeiten.«
»Wußte ich gar nicht. Welche?«
»Hab nie gefragt, Sie? Fragen kann man ja. Mal setzt’s ’ne Ohrfeige, mal kriegt man ...«
Ich schaute auf meine Uhr. »Verdammt, ich muß zum Badminton.« Dann ließ ich die Schere zuschnappen und wandte mich zum Gehen.
»Sie halten sich in Form, ist auch gut so. Da hat mein Freund Probleme, sagte er. Die kleinste körperliche Anstrengung, schon ist er außer Atem. Sie wissen schon, hoch halten und so. Seh Sie schon richtig mit dem alten Schläger rumfuhrwerken.«
Er grinste und hielt sich
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