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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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beschrieben werden könnte, der zu Schlußfolgerungen in bezug auf Leid und Elend angesichts von Ungleichheit und Ungerechtigkeit führt. Meine Kinder dürfen so neugierig sein, wie sie wollen, vorausgesetzt, ihr Bewußtsein wird dadurch geschärft — wobei hier noch positiv hinzukommen
dürfte, daß die Neugier ihnen helfen kann herauszufinden, was gut für sie ist und was nicht. Sollten sie zu mir kommen, um mich in dieser Hinsicht um Rat zu fragen, könnte das nur aus Neugier geschehen.
     
    Doch wie dem auch sei, weder meine Frau noch ich können unseren Sohn fragen: »Was hast du mit Mr. Webb eigentlich alles zu besprechen?« Ich hoffe weiter, daß er es uns irgendwann erzählt, aber er tut es nie. Wir können nicht verhindern, daß er hinübergeht. Meine Frau kann nicht einmal andeuten, daß es ihr lieber wäre, wenn er es nicht täte, weil sie dann einen Grund angeben müßte, und vor allem einen, der den Unterschied zwischen richtig und falsch herausstreichen würde. Und soweit ich weiß, gibt es an Webb nichts Richtiges oder Falsches. Ich könnte mit meiner Frau darüber diskutieren (ich könnte), ob sein rastloses Interesse an anderen Leuten nicht eine Folge davon ist, daß es in seinem eigenen Leben nichts gibt, an dem er rastlos interessiert sein könnte, seine Frau zum Beispiel. Ich weiß nicht so recht, warum meine Frau ihm so offensichtlich mißtraut. Sie sagt Adrian nicht, was sie von Webb hält. Und auch mir kaum, gibt es mir höchstens einmal mit einer Grimasse zu verstehen. Auch ich habe so meine Zweifel, was die Freundschaft meines Sohns mit ihm angeht, aber nur deshalb, weil sie mich an mein Versagen als Vater erinnert, der keine Werkstatt in der Garage und keine Briefmarkensammlung hat und eben auch kein unerschöpfliches Reservoir an Themen, die für eine Unterhaltung mit Jungs seines Alters geeignet sind.
     
    Ungefähr eine Woche bevor meine Tochter die Karotten von den Hambles bekam, besuchte mein Sohn Webb zum ersten Mal. Am folgenden Nachmittag sagte Webb durch die Hecke zu mir (diesmal war ich es, der sie schnitt, damit ich ihn aus größerer Entfernung sehen konnte, wenn er durch sie hindurchspähte, um herauszufinden, was wir so trieben, und damit ich nicht auf eine Art spähen mußte, um zu sehen, ob er spähte, die es mir unmöglich machte, schnell wegzugehen, wenn ich bemerkte, daß er es tat): »Hat geschickte Hände, ihr Junge.«

    Ich schnippelte weiter. »Ach, wirklich? Freut mich, daß Sie das sagen. Macht in der Schule ’nen Tischlerkurs, hat er mir gesagt.«
    »Nicht nur Tischlern. Auch Metallbearbeitung. Und Töpfern. Sie können wählen. Das gefällt mir gut. Zu meiner Zeit gab’s so was nicht.«
    Ich vermutete, daß er bereits mehr über meinen Sohn wußte als ich, und deshalb versuchte ich, die Unterhaltung eher allgemein zu halten. »Wunderbar, was in der Schule heutzutage so alles gemacht wird«, sagte ich und schnippelte weiter.
    »Mittwoch und Freitag.«
    »Ach ja.«
    »Er arbeitet an einem Beistelltisch für seine Mum. Will, daß es eine Überraschung wird.«
    Ich zupfte an ein paar Zweigen über der Stelle, wo ich eben geschnitten hatte, und hatte nun plötzlich sein Gesicht zur Gänze vor mir. Jetzt sah ich, was meine Frau meinte. Seine Geschlecktheit war überwältigend. Seine dünnen, graumelierten Haare waren heftig pomadisiert und von einem Mittelscheitel aus schräg nach hinten gekämmt, und ich schaute mir auch seinen bleistiftstrichdünnen Schnurrbart genau an, der, präzise gestutzt, in einem schmalen Abstand genau parallel zur Oberlippe verlief und exakt an den Mundwinkeln endete, die von zwei tiefen, halbkreisförmigen Falten eingerahmt waren, was ihn so aussehen ließ, als wäre er kurz davor, in ein krampfhaftes Kichern auszubrechen. Dank des bereits erwähnten Abstands zwischen Schnurrbart und Mund wirkten die Lippen dicker, als sie waren, und beim Sprechen schien er sie vor den Zähnen halten zu wollen; um ihn wirklich als abstoßend betrachten zu können, versuchte ich mir vorzustellen, wie verfault oder künstlich sie waren. Aber um ehrlich zu sein, ich schaute ihn nur so genau und auf diese Art an, um mich von der Tatsache abzulenken, daß mein Sohn den Beistelltisch nicht für mich machte. Denn es war mein Geburtstag, der bevorstand.
    »Das ist aber nett«, sagte ich.
    »Wird auch richtig hübsch. Gehe ihm nur ein wenig zur Hand, wenn Sie wissen, was ich meine. Tischlere ja selber ganz gern. Lenkt einen ab.«

    »Es geht doch nichts über ein

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