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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Schulter. Brown sah es sehr deutlich, und auch den Ausdruck auf meinem Gesicht.
    »Verstehe«, sagte er. »Gut, daß ich da bin. Wie recht Sie doch hatten. Sie hatte mir eben vorher gesagt, sie könne es kaum erwarten, daß dieser flotte Feger Tom Ripple mal wieder kommt.«
    Ich machte ein schockiertes Gesicht, als würde ich unter großen Schwierigkeiten einen Ballon aufblasen.
    »Schon gut. Schon gut. Schon gut«, fuhr er fort, hielt dann abrupt inne, krümmte die Schultern, schloß die Augen und hob den Kopf, als würde er all seine Kraft zusammennehmen. Es tat mir leid, daß er unterbrochen worden war, und so wartete ich jetzt, bis er weiterredete. Ebenso unvermittelt entspannte er sich wieder und lächelte. Es konnte sein, daß er einen Tränenschleier in den Augen hatte, aber sie waren so hell, daß das schwer zu sagen war. Es gab eine Pause, während wir gemeinsam tranken.
    »Das ist eigentlich alles. Der Junge kommt zu Weihnachten zu uns. Sie sind nicht zufällig Kirchgänger?«
    »Nein, eigentlich nicht. Außer daß ich ab und zu mal in eine Kirche gehe. So in der Richtung. Ich mag das sehr. Die Worte und die Musik.«
    »Ich auch nicht. Macht nichts. Aber beten Sie trotzdem für uns. Es wäre das Paradies auf Erden. Das würde mir schon reichen. Die Ewigkeit kann mir gestohlen bleiben. Das Hier und Jetzt. Noch ein paar Jahre davon. Mein Gott. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie wunderbar sie war. Jetzt ist es an manchen Tagen so, daß sie ins Zimmer kommt und lächelt, als wollte sie sagen, es tue ihr leid, daß sie so lange weggewesen ist, sie sei aufgehalten worden ...«
    Er beugte sich ins Licht vor und starrte mich an, als wäre ich an irgend etwas schuld. Es war fast ein zorniger Blick, aber der Schleier war immer noch da.
    »Natürlich werde ich das tun. Ich weiß, was Sie meinen. Ich meine, es ist, na ja, wunderbar ...«

    Er legte mir eine Hand aufs Knie und drückte fest zu. »Machen Sie das, alter Junge, beten Sie für uns.«
    Dann stand er plötzlich auf und ging, wobei er auf dem Weg nach draußen ein paar Worte mit dem Barmädchen wechselte. Mit ernster Miene brachte sie mir kurz darauf ein Schälchen mit Nüssen.
    »Entschuldigung«, sagte sie. »Ihr Freund meinte, ich müsse mich entschuldigen, weil ich nicht an Ihre Nüsse gedacht habe.«
    Ich kicherte so kurz, wie das möglich ist, doch ihre Miene blieb völlig beflissen und/oder entschuldigend. Das Kichern hätte man auch für Halsprobleme halten können, wie sie bei Leuten meines Alters häufig sind. Als sie sich diesmal vorbeugte, waren ihre Brüste wirklich sehr weit von meiner Schulter entfernt.
    »Das waren genau seine Worte«, sagte sie im Weggehen. Und dann grinste sie mit einem schnellen Kräuseln ihrer Nase.
    Ich stieß einen Jubelschrei aus, den sonst niemand hörte.
     
    Drei Tage vor Weihnachten erhielt ich eine nette Überraschung — einen Brief von Agnes.
    Mein lieber alter Knabe, oder wie Ihr Insulaner euch jetzt nennt. Mußte Ihnen einfach schreiben. War vor einem Monat auf Eurer Seite des Teichs, um Susie (erinnern Sie sich noch an sie?) und meine wunderbaren Enkel zu besuchen, und wir haben uns einen Tag freigenommen, um in unser reizendes, kleines Dorf zu fahren und uns das Haus anzusehen. Ich schätze, das war ein Fehler, weil ich an den Colonel denken mußte, wie er in seinem geliebten Garten werkelte und das alles. Die Kirche scheint ganz in Ordnung zu sein, hat jetzt einen neuen Dachstuhl und neue Dachplatten. Das Haus der Jenners ist inzwischen ein kleines Familienhotel. Ihr Häuschen ist noch unverändert, aber der Garten wurde umfangreich entwickelt — ich würde ja sagen, verbessert, aber das würde Ihre Gefühle ganz furchtbar verletzen. Ich habe genau hingeschaut, ob noch irgendwas von den Setzlingen und Ablegern zu sehen ist, die ich Ihnen so reichlich gegeben habe, aber da war nichts mehr. Die
reinste Verschwendung, wenn Sie mich fragen. Ein Stückchen weiter oben an der Straße hat man eine ganze Kolonie neuer Häuser gebaut. Gräßlich. Es war Susie, die meinte, ich solle Ihnen schreiben. Sie erinnert sich noch an die Begegnung mit Ihnen, nachdem der alte Knabe tot war, und meinte, Sie hätten so völlig normal geredet. Sie erzählten ein bißchen von Ihrer Familie, und aus irgendeinem Grund hat ihr das geholfen. Der Colonel meinte, Sie seien ein kleiner Witzbold, und als Sie gegen Ende zu einmal anriefen, meinte er, eigentlich hätten wir Sie besser kennenlernen sollen. Ich bin noch immer Single.

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