Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
mußten ... Aber nicht lange. Gott,
der Vater, der Kinder ertrug, weil sie noch nicht alt genug waren, um zu wissen, was für eine entsetzliche Menge an Leiden er ertragen konnte. Ein fetter, brummiger, alter Narr, der einem zwar sagen will, wo’s langgeht, aber im Verlauf der Jahrhunderte für die Menschheit rein gar nichts getan hat, außer kummervoll auf sie herabzublicken und zu sehen, wie schlecht sie sich aufführt, oder gelegentlich auch, wie überraschend gut. Christus allein weiß, warum um alles in der Welt wir uns fragen sollten, ob er einen guten Vater abgegeben hätte ... In der Zwischenzeit schaute Mrs. Hamble, ohne auf die gaffenden Passanten zu achten, zu, wie mein Sohn ihrem Mann auf die Füße half, und nun begannen ihre Tränen zu fließen. Ich führte sie weg, um zu den anderen aufzuschließen.
»Hier«, sagte ich und gab ihr mein Taschentuch. »Wer würde verstehen, warum Sie jetzt weinen? Ich meine, im Augenblick geht’s Ihnen doch gut, oder?«
Seitdem habe ich versucht, mir zwei Fragen auszudenken, die noch dümmer gewesen wären als die, aber mir ist keine einzige eingefallen.
Sie erholte sich schnell wieder, so daß ich vermutete, daß in diesem Augenblick der Freude auch Schmerz gewesen war. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, was für ein guter Mann er ist«, sagte sie. »Manchmal stelle ich mir vor, wie es wohl ist, wenn er sich einmal selbst überlassen ist, und dann möchte ich am liebsten ins Bad gehen und weinen.«
Dann eilte sie davon, um sich wieder Virginia anzuschließen, und als ich meine Frau anschaute, die mit den Webbs voranging, dachte ich, daß ich, falls ich es schaffen sollte, vor ihr zu verschwinden, ebenfalls ins Bad gehen und weinen würde, da ich doch wußte, wie gut sie zurechtkam und was sie über mich sagte. Gutmütig, bescheiden, anständig und dergleichen war ich geworden. Und dann würde ich die Spültaste drücken, was wahrscheinlich völlig unnötig wäre, und aus meinem Weinen würde ein gespenstisches Grollen werden, weil sie mich nicht besser gekannt hatte und es aus ihrem Blickwinkel nichts zu erkennen gegeben hatte. Ich würde mysteriöse Staubflusen überall im Haus hinterlassen
und in der Toilettenschüssel ein sonderbares, leuchtendes Häufchen. Und irgendwie würde ich sie davon abhalten, meinen Kindern zu erzählen, was für ein gutmütiger Kerl ich doch gewesen war.
Wir waren an einem Bereich vorbeigekommen, wo Gruppen von Leuten an Tischen saßen, die, ihrer geduckten und deprimierten Erscheinung nach zu urteilen, noch gar nicht bemerkt zu haben schienen, daß sie sich im Freien aufhielten.
Mrs. Hamble sagte mit einem kleinen Aufkeuchen: »An einen Tisch hätten wir uns nie gesetzt, oder? Es ist einfach was anderes, nicht, Alf?« Sie hielt kurz inne und fuhr dann fort: »Ich möchte ihr ganz nahe sein. Der Mutter Natur, wie man sie nennt.«
»Sie hätte der Natur ihrer eigenen Mutter um einiges näher auf den Pelz rücken sollen, das kann ich euch sagen«, murmelte Hamble Virginia und mir zu, aber Mrs. Hamble hatte es gehört, und das war auch so beabsichtigt.
»Alf, so was sagt man nicht, nicht über die Toten, oder, Mr. Ripple?« sagte sie mit einem Schniefen oder vielleicht auch einem Kichern.
Ich antwortete nicht, sondern versuchte, sie beide freundlich anzuschauen. Ich sah sehr schnell, daß das, was ihn betraf, sinnlos war, denn inmitten all dieses üppigen Grüns unter einem klaren, blauen Himmel wurde er daran erinnert, daß Tod in der Luft lag und das Laub an diesem Tag nicht das einzige war, was gutes Wachstum zeigte.
Schließlich landeten wir unter einer Gruppe aus Kiefern oder Fichten, und meine Frau breitete die Decke aus, die sie getragen hatte. Wir setzten uns in einen Kreis in folgender Reihenfolge: Mrs. Webb, Webb, meine Frau, Mrs. Hamble, meine Tochter, Hamble, ich selbst und mein Sohn, der halb hinter mir saß, um nicht in Webbs Blickrichtung zu geraten. Es gab sechs Plastikdosen mit verschiedenem Essen, von denen drei von den Hambles stammten, während wir zwei Päckchen Cracker, vier Bananen und einige Pastetensandwiches beisteuerten und die Webbs diverse andere Sandwiches. Mrs. Hamble öffnete ihre Dosen und präsentierte das Angebot einer hochklassigen Miniatur-Konditorei:
Kokosnußkrapfen mit einer Kirsche obendrauf, Dattelschnitten, diese mit Schokolade zusammengepappten Cornflakes-Dinger, Hafermehlkekse, Pfannkuchen und Makronen. Das waren die Teilchen, an die ich mich zwei Monate später sofort wieder erinnere,
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