Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
Hamble.
»Er hatte eine wunderbare Art zu formulieren«, sagte Mrs. Webb.
»Der Kampf auf den Stränden und das alles«, sagte Webb.
Das mußte sofort unterbunden werden, und deshalb sagte ich etwas zu laut: »Der Kampf um einen Quadratmeter Sand und einen Liegestuhl müßte das heutzutage wohl eher heißen.«
Die Röte wich langsam aus Hambles Gesicht, aber er lächelte nicht. Meine Frau bekam den verärgerten Blick, den er ihr zuwarf, nicht mit. Ich konnte mir zu dem Zeitpunkt schon vorstellen, was meine Frau an diesem Abend beim Essen wieder einmal sagen würde: »Schon traurig, diese Sache mit den Briten und ihrer Churchill-Verehrung, diese Bulldoggen-Manie, die noch immer in den Köpfen der normalen, arbeitenden Bevölkerung herumschwirrt.«
Nun sagte Mrs. Webb: »Am Ende wurde er doch dann ein bißchen komisch im Kopf, nicht, ein bißchen gaga? Das stand in der Sunday People. «
»In seinem Alter wärst du auch gaga«, sagte Webb sanft, aber sein Gesicht blieb dabei mürrisch.
Mrs. Webb richtete ihre Antwort direkt an mich. »Ich hoffe, ich bin tot und begraben, lange bevor es soweit kommt, bevor ich zur mümmelnden, sabbernden Greisin werde, meine ich. Das Leben dauert so lange, wie es eben dauert. Manchmal zu lange, wenn Sie mich fragen.«
»Haben wir aber nicht«, sagte Webb.
Nun entstand ein langes Schweigen, währenddessen keiner einen anderen anschaute, bis auf mich, wenn ich das bemerken darf. Unter dem Ellbogen hindurch sah ich, daß mein Sohn aufgehört hatte, mit dem Grashalm zu spielen. Meine Frau kaute feindselig auf einem Kokosnuß-Teilchen herum und schaute durch die Gegend, um sich den anderen anzupassen, die sich bemühten, den Nachmittag auf die eine oder andere Art für sie noch einigermaßen erfreulich herumzubringen. Wir aßen und tranken und schauten uns um oder zum Himmel hoch. Betretenheit lag in der Luft. Mrs. Hamble war die einzige Ausnahme. Das war das Außergewöhnliche. Sie war so strahlend glücklich, als wüßte sie, daß man es nur einmal im Leben sein muß, um zum Sterben bereit zu sein. Ich wünschte mir, ein kleiner Hund würde vorbeikommen, dem ich Adrians Ball zuwerfen könnte. Ich wünschte mir, es gäbe ein Spiel, das wir alle spielen könnten. Ich schaute mich nach einem Stück Holz der entsprechenden Größe um und sagte dann: »Lassen wir doch die Geschichte entscheiden ... ? Adrian, lauf und schau, ob du ein Stück Holz findest, mit dem wir Kricket spielen können.«
»Das hat sie bereits«, erinnerte mich Hamble, während Adrian lange genug zögerte, um deutlich zu machen, daß er das für eine beschissene Idee halte, es ihm aber egal sei, bevor er, mit den Händen in den Hosentaschen, davontrottete.
Meine Frau sagte: »Ich bin mir da nicht so sicher«, und ihre und Webbs Blicke folgten Adrian, während ich Webb beobachtete, bis er es bemerkte, und dann kreuzten sich unsere Blicke, der seine voller verunsichertem Argwohn, der meine (wie ich hoffte) voller Verachtung. Ich war es schließlich, der zuerst die Augen senkte.
Unterdessen hatten Mrs. Hamble und Virginia eine Unterhaltung über die Strickjacke angefangen, die Virginia trug, und
Hamble beugte sich vor, um ihnen zuzuhören. Ich war froh, daß niemand die Blicke gesehen hatte, die er bis zu diesem Zeitpunkt meiner Frau zugeworfen hatte. Hier gab es einen Angehörigen der Arbeiterklasse, der sich von nun an nach einer anderen Sprecherin umsehen oder vielleicht beschließen würde, es ganz ohne zu versuchen, vielen Dank. (Ich konnte Hamble beinahe hören, wie er mich fragte: »Das kommt öfter vor, daß sie den Leuten derart Knüppel zwischen die Beine wirft, nicht?«)
Dann sagte Webbzu seiner Frau: »Zu deinem fünfundsechzigsten Geburtstag schenke ich dir ein Röhrchen Schlaftabletten und einen Gummischlauch, wie wär’s damit?«
Mrs. Webb dachte darüber nach, als würde man ihr die beiden Dinge jetzt im Augenblick hinhalten. »Ich habe keine Angst vor dem Tod, das brauchst du dir gar nicht einzubilden. Ich werde schon merken, wenn’s bei mir soweit ist.«
Ich glaube, sowohl Virginia wie Mrs. Hamble hatten das gehört, denn sie hoben beide die Stimme, und ihre Unterhaltung wechselte abrupt von der Strickjacke zu dem vorletzten Hafermehlkeks, den Mrs. Hamble in der Mitte durchbrach, um die Konsistenz im Inneren zu demonstrieren.
Ich dachte inzwischen, mit der Orangeade wäre die Sache bereinigt gewesen, aber der Becher war umgekippt und das meiste davon im Gras versickert. Hamble schaute meine
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