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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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möglich durchzubringen. Sie berührte meine Hand.
    »Du bist ein liebenswürdiger Mensch«, sagte sie.
    »Am Telefon klang er sehr nett.«
    »Das ist er auch.«
    Wir redeten noch eine Weile über Vereinbarungen für die Kinder
und daß ich den Kontakt zu ihnen nicht verlieren dürfe. Ich sagte ihr, sie müsse bald gesund werden, ihre Problemfamilien würden sie vermissen.
    Worauf sie mit einem Stirnrunzeln reagierte. »Ach, erinnere mich nicht daran. Aber es ist die Gesellschaft, die die Probleme hat, nicht die Familien.«
    Ich erwiderte, da habe sie sicher recht, und verabschiedete mich dann, um den kleinen Vortrag zu vermeiden, der sich vermutlich angeschlossen hätte. Außerdem mußte ich ja auch noch meine Tochter auf einer anderen Station besuchen und ein Flugzeug erreichen. Vielleicht zum letzten Mal dachte ich: »Manchmal redet sie schon einen entsetzlichen Blödsinn.«
     
    Meine Tochter war sehr blaß, und die Schwester sagte, ich dürfe nicht zu lange bei ihr bleiben, weil der Schock noch immer nicht ganz abgeklungen sei und sie noch immer unter Beobachtung stehe. Ihr Gesicht war unversehrt, aber unter dem Drahtgestell, auf dem ihre Bettdecke lag, bemerkte ich einen ziemlich langen Gipsverband, der ihr bis zur Taille reichte.
    »Liegst also wie immer nur faul herum, was?« sagte ich, als ich sie küßte.
    »So läßt sich das Leben aushalten«, sagte sie. Ihre Stimme klang schwach und hoch, und sie lächelte schüchtern, als hätte sie etwas ausgefressen. Ich merkte deutlich, wie sehr sie sich freute, mich zu sehen. Ich küßte sie noch einmal.
    »Es tut nicht mehr weh«, sagte sie.
    »Nur wenn du Spielchen spielst.«
    Ich gab ihr die Bücher und Zeitschriften und die Schachtel Pralinen und das silberne Medaillon, die ich ihr gekauft hatte, doch dann fiel mir ein, daß die Pralinen eigentlich für ihre Mutter gedacht waren.
    »Die Pralinen sind für dich und deine Mutter«, sagte ich.
    Das Medaillon gefiel ihr sehr gut. Es war eine ziemlich raffinierte Konstruktion aus Onyxen und silbernen Halbmonden, und die Kette war ebenfalls aus Silber. Man sah ziemlich deutlich, daß ich das Schmuckstück nicht bei Woolworth besorgt hatte.

    »Das ist wunderbar, Dad. Ehrlich, das ist wirklich sehr, sehr schön.«
    »Ja, aber Gott weiß, warum ich einem Mädchen Geschenke bringe, das blöd genug war, sich in einen Autounfall verwickeln zu lassen. Na ja, aber weißt du, ich hatte da diesen Klempnerjob in der Wohnung einer Herzogin am Hyde Park, und da sah ich es zufällig auf dem Toilettentisch liegen und dachte mir ...«
    »Nicht, Dad«, flüsterte sie.
    Sie hatte den Blick auf das Ding gesenkt und strich mit den Fingern darüber, und am Flackern ihrer Lider merkte ich, daß ihr die Tränen in die Augen stiegen. Aber ich machte weiter. Ich weiß auch nicht, warum. Normalerweise bin ich nicht so egoistisch.
    »Genaugenommen war sie eine Marquise. Du weißt schon, eine von diesen kleinen Frauen von einem anderen Planeten mit nur einem Auge und Antennen anstelle von Ohren, und ich habe zu ihr gesagt, ich nehm mir da des Wie-heißt’s für so’n Spatzenhirn, das ich kenn, was annem schönen Vormittag em Frühlin nix Besseres zu tun hat, als in Bett zu liegen und Pralin’ zu lutschen, weilse meint, sie hätten Knöchl verstaucht oda so was. Und die Marquise, weißt du, was die gesagt hat? Sie hat gesagt: >Hörren Ssie. Rühren Sie das Ding nicht an, oder Ssie värlegen bei mir nie mehr ein Rohr.< Worauf ich, weil ich mich nicht so abspeisen lassen wollte ...«
    Inzwischen weinte sie richtig, und die Schwester kam wieder herein und bat mich höflich, zu gehen.
    »Sie hat wirklich einen schlimmen Schock erlitten«, wiederholte sie und ging dann wieder. Ich beugte mich zu ihr und küßte sie ein drittes Mal, strich ihr mit dem Daumen die Tränen von den Wangen und sagte, sie solle kein Dummerchen sein, ich würde sie bald wieder besuchen, und auch dann konnte ich noch nicht aufhören und fügte hinzu, ich gehe jetzt nach Köln und Paris (was wirklich stimmte) und werde ihr ein Parfum oder sonstwas mitbringen, mit dem sie sich überschütten könne, auch wenn sie jetzt nicht den Anstand habe, aus dem Bett zu springen und mich zur Tür zu bringen. Und dann fuhr ich fort: »Die Leute glauben an komische Sachen in Deutschland, zumindest einige. Ich war auf
einer Party, und da schwadronierte dieser Kerl neben mir von kleinen, runden, roten Jeeses, stinkenden, blauen Jeeses, glatten, heiligen Jeeses, Jeeses für Mäuse, Jeeses,

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