Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
reden.) Wie gesagt, vor allem, wenn ich unterwegs bin, vermisse ich ... es ist egal, wie sie heißt. Inzwischen schaue ich weniger fern, obwohl uns notgedrungen dieselben Sendungen gefallen, und wir schauen sie uns gemeinsam an, wenn auch nicht hauptsächlich wegen der Sendungen.
Die weite, grüne Landschaft meiner Träume ist geschrumpft, ist jetzt nicht mehr als ein schäbiger, kleiner Park, umgeben von kleinen, freistehenden Häusern, wie man sie in den weniger heruntergekommenen Vorstädten im Norden Londons findet. Der Traum hat sich von Grün zu Grau, von Sonnenlicht zu Dämmerung verwandelt. Der Park ist sehr still, und es gibt keine Tiere darin, nicht einmal Eichhörnchen, nicht mitgezählt den gelegentlichen, heimatlos wirkenden Hund, der an einem kahlen Baum das Bein hebt. Manchmal bin ich mit meinen Kindern in dem Park, aber nie mit einer Frau. Meine Kinder sind jünger geworden und gehen schweigend vor mir her. Manchmal muß ich laufen, um mit ihnen mithalten zu können, obwohl sie immer noch gehen. Ich will sie einholen, um mich zu versichern, daß es noch immer meine Kinder sind. Aber ich schaffe es nicht. Schließlich gebe ich es auf, ihre Namen zu rufen, setze mich auf eine Bank und sehe zu, wie sie durch ein Tor zu einer der Häuserreihen verschwinden. Normalerweise bin ich allein, aber aus irgendeinem Grund ist manchmal Mrs. Webb anwesend – sie lauert dann vorwurfsvoll am Rand meines Gesichtsfelds. Am Tor drehen meine Kinder sich um und winken, aber dann sind sie schon zu weit weg, als daß ich sie noch erkennen könnte. Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß meine Kinder nicht glücklich sind. Ich mache mir nur ein wenig Sorgen, daß sie nicht warm genug angezogen sind, das ist alles. Sie tragen Kleidung, die man bei warmem Wetter am Meer trägt, manchmal sogar nur Badekleidung. Ich trage einen dicken Mantel samt Schal und Handschuhen und werde langsam
zu alt, um auf der Bank sitzen zu bleiben. Ich öffne die Augen und rücke näher zu der Frau, die meine Gattin werden könnte und der immer warm ist, aber nicht so nahe, daß sie aufwacht. Normalerweise stelle ich mir diese Dinge nur vor, wenn wir uns geliebt haben und ich nicht will, daß sie auf dumme Gedanken kommt, ist sie doch jemand, der dazu neigt, es am Morgen noch einmal tun zu wollen, das heißt an Samstagen oder Sonntagen, wenn sich uns keine andere, relativ triviale Pflicht aufdrängt – äußerst triviale, hätte ich schreiben sollen: die Arbeit, meine ich, und das ernste Geschäft des Lebens. Sie schläft sehr tief und offensichtlich völlig sorgenfrei.
In dem Tagtraum scheinen meine Kinder knapp über der Erde zu schweben. Sie gleiten vor mir mit meinem stampfenden Laufschritt dahin. Wenn ich dann ganz wach bin und kalt und zitternd daliege, fällt mir wieder ein, daß meine Tochter inzwischen leicht hinkt, weil seit dem Unfall bei ihr ein Bein etwas kürzer ist. Oder ich sehe meinen Sohn aus der Garage rennen. Es kommt mir deshalb komisch, aber nicht falsch vor, daß ich wärmesuchend näher an eine Frau rücke, die nicht ihre Mutter ist. Tatsache ist, sie haben sie kennengelernt und scheinen sie ziemlich zu mögen. Sie verhält sich ihnen gegenüber genauso wie bei mir, ist lebhaft und hört kaum einmal auf zu reden. Es könnte einfacher werden, mit meinen Kindern etwas zu unternehmen, wenn auch sie mit dabei ist.
(Spätere Ergänzung: Daraus wurde leider nichts. Vielleicht weil sie die meinen getroffen hatte, will sie eigene Kinder, bevor es zu spät ist, und ist deshalb zu ihrem Ehemann zurückgekehrt. Keine Ressentiments, wobei ich natürlich nicht für ihn sprechen kann. Klingt für mich verdammt tolerant und wäre es um so mehr, sollte ich wohl hinzufügen, wenn er mich kennengelernt und gesehen hätte, daß ich nicht (zumindest nicht in jedem einzelnen Aspekt) der reiche, elegante, attraktive Halunke bin, dem jede gottesfürchtige Frau zu Füßen liegt. Inzwischen hat eine Blondine ihren Platz eingenommen. Sie ist im Bankengewerbe. Die beiden zusammengenommen haben mich von meinem Schreiben ziemlich
abgelenkt, aber falls es nur eine Substitution ist, sollte es mir nicht allzuviel ausmachen, oder? Oder ist Sublimierung das richtige Wort? Wie bei vielen Begriffen, die meine frühere Frau verwendete, habe ich keine Ahnung, was er bedeutet, aber so, wie das Wort klingt, vermute ich, das kann es nicht sein, denn sonst wären einem Frauen gar nicht so wichtig, während man gerade drauflos werkelt, meistens in
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