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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Lande zu suchen, und meine frühere Frau und meine Kinder anzurufen, um ihnen zu sagen, ich hätte alles hingeschmissen und wolle jetzt einen frühen Ruhestand genießen. Ich weiß, was hier so aktiv klingt, hätte im Passiv geschrieben werden müssen, aber es gab eben gewisse Verhaltensweisen, die ich mir angewöhnen wollte, bevor ich, sozusagen, den letzten Fetzen meines alten Ichs ablegte. Wie auch immer, keiner von den dreien war zu Hause. Ich dachte mir, auch wenn sie ein noch so selbstgenügsames Leben führen, vielleicht wollen sie mich ja doch einmal anrufen, meine Kinder nur für einen Plausch (armer Daddy, ganz alleine – eine Anleihe dürfte inzwischen das einzige sein, wofür ich noch gut bin), ihre Mutter, um mir eine große Portion ihrer erschöpfenden, unermüdlichen Weisheit aufzutischen. Also beschloß ich, ihnen statt dessen einen Brief zu schreiben, tat es aber
einige Wochen lang nicht. Und ließ mein Telefon abschalten. Was andererseits nicht fair war den Headhuntern gegenüber, die mir vielleicht die Türe einrennen wollten, oder Plaskett, der es sich möglicherweise anders überlegte und ohne mich nicht konnte.
     
    Es gab in diesem Dorf, zwanzig Meilen von der Küste von Suffolk entfernt, mehr Dinge, die ich auf Anhieb mochte, als solche, die ich nicht mochte. Ich hatte nur eine höchst verschwommene Vorstellung, warum ich diesen Schritt unternahm, eine Ahnung zumindest, die über das Wissen um meine finanziellen Verhältnisse hinausging, und den Wunsch, herauszufinden, ob eine Zeit in der Einsamkeit es mir einfacher machen würde, über das zu schreiben, was weniger als okay ist – jenseits, soll das heißen, des unrein Persönlichen, des unbeständigen Hier und Jetzt. Wenn es nicht funktionierte, könnte ich mir immer noch irgendeinen Job besorgen. Plaskett würde mir ein Zeugnis ausstellen: loyal, präzise, geschickt im Organisieren von Zahlen und Fakten – genug Lob, um meine mangelnden Qualifikationen zu überdecken, wenn man von einem eher mäßigen Abiturzeugnis einmal absah. Wie auch immer, hier bin ich noch, werde mit jedem Tag weniger wiedereinstellbar, und London ist nicht die einzige Hauptstadt, die auch nicht mehr ist, was sie einmal war.
     
    Ich entschied mich für ein Häuschen am Rand des dörflichen Bowlingplatzes. So habe ich mir das immer vorgestellt, im Bett an einem Sprossenfenster aufwachen und zwischen den Rosen hindurch jemanden sehen, der zum Spielen kommt. Das Gras war durchs Gartentor gewuchert und auf den Weg zur Haustür ebenfalls, auf dem der Makler mir vorausging und mit seinem Spazierstock die Halme ummähte. Einmal hätte er mich beinahe getroffen, denn ich war direkt hinter ihm, als er sich umdrehte und sagte: »Im Garten muß ein bißchen was getan werden, ist aber gute, fette Erde, falls Sie je auf sie stoßen.«
    Etwas getan werden mußte auch am Schloß der Vordertür, wobei es allerdings unwichtig war, daß er den falschen Schlüssel mitgebracht hatte, denn die Küchentür ließ sich mit einem kleinen
Schubs öffnen, und wir hätten auch durch eins der Fenster einsteigen können. Während wir durch die »Wohn«-Räume stolperten (geräum. Wohnz., EZ, Abstk./Arbeitsz.) und dann die Treppe zu den beiden fünfzehn Quadratmeter großen Schlafzimmern hochstiegen, gab er mir eine Karte mit dem Namen einer Baufirma und sagte: »Glauben Sie mir, es sieht vielleicht nicht so gut aus, aber es ist sehr solide. Kann ein ganz standesgemäßes Heim werden, was allerdings zwei blöde Schwule, die ich mal hier hatte, nicht so recht glauben wollten und sogar einen Gutachter bestellten, nur daß dann einer der beiden abkratzte, und damit hatte sich die Sache. Braucht vielleicht ’nen Anstrich und hier und dort ein paar Schrauben, von denen wir ja alle ein paar locker haben, was, ein paar Schreinerarbeiten und ein neues Dach. Eine Zentralheizung sollte man vielleicht auch einbauen, aber das alles kostet ja nicht mehr als ein paar Tau.«
    Ich sagte, ich würde es mir durch den Kopf gehen lassen, was gar nicht so einfach war bei all dieser muffigen Feuchtigkeit in der Luft und dem Gestanksgemisch der Kleintierhinterlassenschaften eines ganzen Jahrhunderts und was sonst noch alles.
    »Wenn ich ein Pfund bekommen würde für jedesmal, wenn ich ...«, setzte er an, zog dann die Schultern hoch und hielt sich die Nase zu. »Aber was soll’s, wenn man sich das Angebot ansieht ... so ein schreckliches kleines Dorf ist das auch wieder nicht. Käffer wie diese werden ja

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