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Ein unbeschreibliches Gefuehl

Ein unbeschreibliches Gefuehl

Titel: Ein unbeschreibliches Gefuehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Schlueter
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die sie in die USA und nach Europa geführt hatte. Martin Buber starb acht Jahre später in Jerusalem. Eine Ehe, wie die beiden sie in solch schwieriger Zeit geführt haben, gelingt sicher umso besser, je mehr man einander als Du achtet und behandelt.

Kalkulierte Seitensprünge
    W enn Philosophen als Paar auftreten, liegt beim Thema Liebe der Rückschluss auf die Beziehung zwischen Werk und Leben besonders nahe. Doch auch ohne diese Perspektive hat die Verbindung zwischen Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir für viel Gesprächsstoff gesorgt. Die beiden lernten einander 1929 in Paris als Studierende bei Prüfungsvorbereitungen kennen und schlossen bald auf einer Bank vor dem Louvre jenen berühmten Pakt, von dem Simone de Beauvoir rückblickend erzählte: »Sartre … war nicht bereit, mit 23 Jahren für immer auf die Freuden der Abwechslung zu verzichten. ›Bei uns beiden‹, erklärte er mir unter Anwendung seines Lieblingsvokabulars, ›handelt es sich um eine notwendige Liebe. Es ist unerlässlich, dass wir auch die kontingente Liebe kennenlernen.‹ Wir waren von gleicher Art, und unser Bund würde so lange dauern wie wir selbst; er bot jedoch keinen Ersatz für den flüchtigen Reichtum der Begegnungen mit anderen Menschen.« Und die sollte es reichlich geben.
    Kontingenz bedeutet Zufälligkeit, im Gegensatz zu Notwendigkeit. Die beiden »notwendig« liebenden Partner – das war Gegenstand eines zweiten Pakts – schonten einander übrigens wenig durch Diskretion. Vor allem Sartre berichtete seiner Lebensgefährtin in allen Einzelheiten von Erlebnissen mit den »kontingenten« Lieben. Beauvoir war diesbezüglich zurückhaltender. Die Einbeziehung »kontingenter« Lieben erfolgte aber nicht nur mit ihrer Duldung. Vielmehr standen zuweilen intime Beziehungen Beauvoirs zu jungen Frauen am Anfang, oft Ex-Schülerinnen von ihr, auf die Sartre dann ebenfalls ein begehrliches Auge warf. In späteren Jahren, vor allem nach dem Tod beider und nach der Veröffentlichung von hinterlassenen Briefen Beauvoirs, wurde denn auch öffentliche Kritik laut, weil die getreuliche Einhaltung der Pakte, die bis zum Lebensende bestand, augenscheinlich auf Kosten Dritter gegangen war. In einem Interview mit Alice Schwarzer hatte Beauvoir das 1973 auch vorsichtig eingestanden.
    Im wirklichen Leben entstand durch diese Beziehungen ein Personenkreis, der »famille« genannt wurde. In der Literatur griff Beauvoir einmal zu einem weniger versöhnlichen Mittel: In ihrem Roman »Sie kam und blieb« (1943; frz. »L’invitée« – wörtlich: »die Eingeladene«) bringt Françoise die Dritte im Bunde, eine Frau namens Xavière, schließlich um. In Françoise ist unschwer Simone zu erkennen. Xavière trägt Züge von Olga Kosakievich und deren Schwester Wanda. Die beiden Exilrussinnen waren Mitte der 1930er Jahre »kontingente« Lieben Sartres, wobei er Wanda bis ans Lebensende verbunden blieb. Olga jedoch war zunächst die Geliebte Beauvoirs gewesen und hatte Sartre zwei Jahre lang widerstanden. Beauvoir ihrerseits war zwar gekränkt und fürchtete um ihre Vorrangstellung, sie wollte Sartre die Beziehung zu Olga aber nicht verweigern, um ihn nicht zu verlieren. Olga selbst litt sehr unter der Konstellation. Schließlich heiratete sie Jacques-Laurent Bost, einen Ex-Schüler von Sartre und vormaligen Geliebten Beauvoirs.
    Schwierig wurde es eben immer dann, wenn die »kontingenten« Lieben eine eigene Notwendigkeit beanspruchten. Wie etwa im Fall des amerikanischen Schriftstellers Nelson Algren. Beauvoir hatte ihn 1947 auf einer Vortragsreise in die USA kennengelernt. Bis 1952 verband die beiden eine sehr tiefe Liebesbeziehung. Beauvoir schrieb Algren vor Zärtlichkeit überströmende Briefe, in denen sie ihn ihren »Gatten« nannte. Trotzdem blieb die primäre Beziehung zu Sartre – obwohl die längst platonisch geworden war – unangefochten. Die Schriftstellerin wies Algrens Heiratsantrag sehr vorsichtig zurück. Ab 1948 war er für sie nicht mehr »Gatte«, sondern »mon cher amour«.
    Zwei Jahre überdauerte diese Liebe noch, während deren es zu einigen längeren, nicht immer geglückten Begegnungen kam. 1950 zerbrach sie dann endgültig, doch noch bis 1960 riss der Kontakt zwischen der Französin und dem US-Amerikaner nicht völlig ab. Nelson Algren starb 1981 an einem Herzinfarkt. Unmittelbar vorher hatte er sich in einem Interview noch einmal darüber echauffiert, dass die einstige Geliebte ihre gemeinsame Geschichte in

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