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Ein unbeschreibliches Gefuehl

Ein unbeschreibliches Gefuehl

Titel: Ein unbeschreibliches Gefuehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Schlueter
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ihrem preisgekrönten Roman »Die Mandarins von Paris« (1954) so unverhüllt literarisch verarbeitet hatte. Beauvoir ihrerseits trug, als sie 1986 beerdigt wurde, immer noch einen Ring von Algren am Finger.
    Simone de Beauvoir gehört zur Geschichte der Frauenbewegung: Sie steht zwischen der ersten, die bis zum Ersten Weltkrieg reichte, und der zweiten, die um 1970 begann. In ihrem eigenen Leben hat sie sich eine Freiheit zu bewahren versucht, die sie als für ihr Glück unerlässlich betrachtete und die sie an der Seite Sartres am besten gewahrt sah. Diese Freiheit definierte sie ganz existenzialistisch als Möglichkeit, sich immer wieder neu zu entwerfen, nicht festgelegt zu sein auf ein Modell, das von außen – von der Gesellschaft und vor allem von den Männern – vorgeschrieben wird.
    Der französische Existenzialismus ist eine Spielart der Existenzphilosophie. Er wurde maßgeblich geprägt von Sartre, doch spricht einiges dafür, dass Simone de Beauvoir dessen Gedanken in ihren frühen Romanen bereits vorweggenommen hat. »Ich bin da, mein Herz schlägt«, heißt es zum Auftakt von »Sie kam und blieb«, in purer Konzentration auf den Augenblick, auf das reine Existieren. Was aber ist eigentlich die »Existenz«, um die es bei alldem geht? Gemeint ist mit dem Wort nicht das bloße Vorhandensein, das Dasein des Menschen, sondern das, was übrig bleibt, wenn man alles Äußerliche, sogar den Körper und seine Fähigkeiten, wegdenkt. Die Existenz ist das Selbst des Menschen. Freilich darf dieses nicht mit Seele oder Charakter verwechselt werden und auch nicht mit ethischen Überzeugungen oder Idealen. Die Existenz ist vielmehr etwas, das geschieht. Sie betrifft die Art, wie der Mensch sein Leben versteht und gestaltet. Sie hat also etwas Prozesshaftes. Und etwas sehr Ungesichertes.
    Für die Existenzialisten muss der Mensch handelnd seine Werte setzen. In der Gegenwart stehend, entwirft sich der Mensch in einer entschlossenen Bewegung in Richtung Zukunft, er wirft sich in die Zukunft hinein, indem er seine Möglichkeit verwirklicht. Weil er frei ist, muss er das selbst tun – oder er verfehlt sein Leben. Indem er sich entwirft, erschafft er sich sozusagen selbst, er gibt sich Sinn. Aber die Existenz, die Zukunft kann jeweils verfehlt werden. Das verursacht Angst. Ähnlich wie Kierkegaard, der Ahnvater der Existenzphilosophie, sagt Sartre in seinem 1943 erschienenen Hauptwerk »Das Sein und das Nichts«: »In der Angst wird dem Menschen seine Freiheit bewusst.« Wer jedoch ausweicht und seine Möglichkeiten nicht verwirklicht, der belügt sich selbst. Er verfehlt die Transzendenz – und die bedeutet bei Sartre nicht Überweltlichkeit, sondern das, wohin ein Mensch sich im Entwurf seiner selbst hin überschreitet.
    Den Begriff der Transzendenz übernahm auch Simone de Beauvoir in ihrem sozialgeschichtlichen Sachbuch »Le Deuxième Sexe« (1949; dt. »Das andere Geschlecht«, 1951): »Jedes Subjekt setzt sich durch Entwürfe konkret als eine Transzendenz. Es verwirklicht seine Freiheit nur durch deren ständiges Überschreiten auf andere Freiheiten hin.« Gelingt das nicht, verbleibt der Mensch in der Immanenz, das bedeutet: in dem, was bereits ist und was ihm nun, da es nicht überschritten werden kann, zur Begrenzung wird. An die Immanenz gebunden zu sein, das heißt, sich nicht weiterentwickeln zu können. Und das, so sagt Beauvoir, ist die Standardsituation der Frau: »Sie soll zum Objekt erstarren und zur Immanenz verurteilt sein, da ihre Transzendenz fortwährend von einem essenziellen, souveränen anderen Bewusstsein transzendiert wird« – nämlich dem des Mannes, des Patriarchats.
    Der Mann begreift sich selbst als den positiven Normalfall. Gemessen daran, wird die Frau zum »anderen« Geschlecht – daher auch der Buchtitel. »Die Menschheit ist männlich, und der Mann definiert die Frau nicht als solche, sondern im Vergleich zu sich selbst.« Damit okkupiert sein Bewusstsein das der Frau, er dominiert ihr Selbstverständnis und schreibt ihr Rollenentwürfe vor, die durch das Anderssein, das Nicht-Mann-Sein definiert sind. So wird die Frau erst zur Frau. Weiblichkeit ist also ein soziokulturelles Produkt, keine Naturgegebenheit. »Man wird nicht als Frau geboren, man wird dazu gemacht«, lautet der berühmteste Satz aus Beauvoirs Buch, das seinerzeit zum Standardwerk der Frauenemanzipation wurde.
    Die Bezogenheit der Frau auf das sie definierende Patriarchat sieht Beauvoir nun auch in der Liebe

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