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Ein unbezaehmbarer Verfuehrer

Titel: Ein unbezaehmbarer Verfuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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geröteten Händen flink und geschickt auf dem Küchentisch aus. „Feuerstelle gehört ausgekehrt."
    „Ah, ja." Helen warf einen raschen Blick zur Feuerstelle. Seit dem Morgengrauen war sie auf den Beinen, hatte geputzt und geschrubbt, so gut sie konnte, um alles für die neue Köchin herzurichten, aber die riesige Feuerstelle auszukehren hatte sie nicht mehr geschafft. Dafür tat ihr jetzt der Rücken weh, und ihre Hände waren rot und rau vom heißen Laugenwasser. „Ich werde einem der Mädchen Bescheid sagen, damit das gleich erledigt wird, ja?"
    Schweigend klatschte Mrs McCleod den Teig in eine Pastetenform und schnitt die überstehenden Ränder ab.
    Helen schluckte. „Gut. Dann werde ich mich jetzt um meine anderen Aufgaben kümmern. Ich komme in einer Stunde noch mal vorbei und schaue, wie Sie zurechtkommen, ja?"
    Die Köchin zuckte nur die Schultern und verteilte Fleisch und Gemüse auf dem Pastetenboden.
    Helen nickte zufrieden, um wenigstens den Anschein zu wahren, dass sie wusste, was sie tat, und verließ die Küche. Draußen im Korridor kramte sie ihr kleines Notizbuch hervor und einen Bleistift. Beides war das Erste, was sie gestern in Glenlargo gekauft hatte. Sie blätterte vor zur dritten Seite und schrieb hinein: Feuerstelle auskehren. Dieser Eintrag stand ganz am Ende einer stetig länger werdenden Liste, auf der sich unter anderem fanden: Bibliothek lüften, Efeu von den Fenstern im Salon entfernen, Fußboden in der Halle wienern, das gute Tafelsilber suchen.
    Dann steckte Helen Block und Stift weg, strich sich kurz übers Haar und ging zum Speisezimmer. Ihr schien es sinnvoll, hier zu beginnen. Wenn das Speisezimmer wieder hergerichtet war, könnte Graf Grimmig bereits heute Abend zu einem ordentlichen Essen Platz nehmen und — weitaus wichtiger — zu der Erkenntnis gelangen, dass eine Haushälterin doch ganz nützlich war. Den ganzen Tag über hatte sie den Hausherrn noch nicht zu Gesicht bekommen. Als sie ihm das Frühstück in sein Turmzimmer bringen wollte, rief er durch die Tür, sie solle es einfach abstellen. Was, wenn er sich den ganzen Tag dort oben vergrub und vor sich hinschmollte, um sie heute Abend allesamt wieder hinauszuwerfen? Umso wichtiger war es, mit dem Speisezimmer einen guten Eindruck zu machen.
    Doch als Helen den Raum betrat, bot sich ihr das reine Chaos. Eines der Mädchen hatte sich die Schürze über den Kopf gezogen und kreischte. Das andere fuchtelte mit einem Besen in der Luft herum und scheuchte einen Vogel quer durchs Zimmer. Jamie und Abigail halfen dabei, den Vogel aus dem Zimmer zu jagen, doch die beiden Lakaien — junge Burschen aus dem Dorf — standen nur da und krümmten sich vor Lachen.
    Einen Moment war Helen wie gelähmt. Warum? Warum nur musste jede Kleinigkeit so schwer sein? Dann riss sie sich zusammen. Gut, ihr Rücken schmerzte, die Dienstboten waren gewöhnungsbedürftig, die Burg immer noch ein Dreckloch — egal. Sie hatte hier das Kommando. Wenn sie nicht für Ordnung sorgte, wer dann? Und wenn sie nicht für Ordnung sorgen konnte, würde Sir Alistair sie und die Kinder nächste Woche vor die Tür setzen. So einfach war das. Und so lief sie hinüber zu den Fenstern im hinteren Teil des Raumes. Die meisten ließen sich nicht öffnen, die Rahmen waren verzogen und die alten bleigefassten, rautenförmigen Scheiben blind. Schließlich fand sie doch noch eines mit funktionierendem Riegel und stieß es weit auf.
    „Scheuch ihn hier herüber", rief sie dem Mädchen mit dem Besen zu.
    Das Mädchen, stämmig und rothaarig, schien ganz vernünftig zu sein und tat, wie ihm geheißen; einige Minuten später war der arme Vogel in die Freiheit entfleucht.
    Helen warf das Fenster zu und legte den Riegel vor.
    „So!" Sie drehte sich um und holte tief Luft. „Was ist passiert?"
    „Er kam aus dem Kamin geflogen! ", rief Jamie. Seine Wangen glühten vor Aufregung, und sein Haar stand in alle Richtungen ab. „Nellie hat den Kamin ausgekehrt ...", er zeigte auf das Mädchen, das sich endlich die Schürze vom Gesicht zog, „... und da kam auf einmal ganz viel Ruß und der Vogel runtergefallen!"
    Tatsächlich lag im Kamin ein beträchtlicher Haufen Ruß und obenauf etwas, das wie ein altes Vogelnest aussah.
    „Mir wär fast das Herz steh'n geblieben, Ma'am", beteuerte Nellie.
    „Und dann hast du rumgeheult wie ein Schlossgespenst und das arme Ding noch mehr verschreckt", schloss die Rothaarige. Sie hatte den Besen wie ein Gewehr geschultert und eine Hand

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