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Ein unbezaehmbarer Verfuehrer

Titel: Ein unbezaehmbarer Verfuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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darunter war schlaff.
    Sie starrte in sein Gesicht, starrte ihn an, sah zugleich den gut aussehenden, intelligenten Mann und den entstellten, verbitterten Einsiedler. Mit einem Mal wurde ihr ganz seltsam zumute; mühsam rang sie nach Atem, doch sie konnte den Blick nicht von ihm lassen, zwang sich, ihn in seiner Ganzheit zu sehen. Sir Alistair, wie er war. Was sie sah, hätte sie abstoßen sollen, doch stattdessen fühlte sie sich von ihm angezogen — so sehr, dass sie sich ungeheuer beherrschen musste, nicht aufzustehen und zu ihm zu gehen.
    Langsam hob er sein Glas und erhob es auf sie, ehe er von seinem Brandy trank und sie dabei über den Rand hinweg beobachtete.
    Erst jetzt konnte sie ihren Blick von ihm losreißen. Mühsam rang sie nach Luft, sie versuchte sich zu sammeln und nicht die Besinnung zu verlieren. Etwas war geschehen in dem kurzen Augenblick, in dem sie sich angeschaut hatten.
    Fast war ihr, als hätte sie in seine Seele geblickt.
    Und er vielleicht in ihre.

8. Kapitel
Den ganzen nächsten Tag musste Wahrsprecher daran denken, was er gesehen hatte. Als die Schatten im Hof länger wurden, trat er an den Schwalbenkäfig und öffnete das Türchen. Unverzüglich kamen die Vögel herausgeflogen und schwärmten in den Abendhimmel. Als der schöne junge Mann in den Hof kam, schrie er zornig auf. Aus seinen Gewändern holte er einen seidenen Beutel und einen schmalen goldenen Haken hervor und eilte davon, um den Schwalben nachzustellen ...
    Aus „Der Wahrsprecher"
    A m nächsten Morgen wachte Alistair wie gewöhnlich bei Tagesanbruch auf. Er schürte das Feuer, zündete eine Kerze an, spritzte sich das eiskalte Wasser, das noch in einer Schüssel auf der Kommode stand, ins Gesicht und zog sich eilig an. Aber als er hinaus auf den Flur trat, blieb er unentschlossen stehen. Als Lady Grey noch lebte, hatten sie jeden Tag um diese Zeit einen ausgedehnten Morgenspaziergang gemacht. Doch Lady Grey war nicht mehr, und der Welpe, immer noch ohne Namen, war für solche Touren zu klein.
    Mit einem Mal fühlte er sich traurig und gereizt. Unschlüssig ging er bis ans Ende des Korridors und trat ans Fenster. Mrs Halifax musste hier gewesen sein. Von innen blitzte es verdächtig sauber, doch außen rankte sich noch Efeu über die Scheiben. Die aufgehende Sonne tauchte die Berge am Horizont in rot schimmerndes Licht. Es würde ein herrlicher Tag werden. Ein idealer Tag zum Wandern, dachte er missmutig. Oder ideal zum...
    Kaum hatte die Idee in ihm Gestalt angenommen, war er auch schon auf dem Weg nach unten. Unter Sophias und Phoebes Tür schien noch kein Licht hervor. Ha! dachte Alistair, Erster! Sonst war seine Schwester immer früher auf. Er hämmerte an die Tür.
    „Was ist los?", brüllte sie von drinnen. So wie er war auch sie morgens mit einem Schlag hellwach.
    „Aufstehen, du Schlafmütze!", rief er.
    „Alistair? Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?" Sie riss die Tür auf. Sophia trug ein langes, wallendes Nachthemd, ihr ergrauendes Haar war zu zwei Zöpfen geflochten.
    Er grinste, als er ihre grimmige Miene sah. „Es ist Sommer, die Sonne scheint und die Fische warten nicht."
    Erst sah sie ihn an, als sei er wirklich verrückt geworden, dann dämmerte es ihr. „In einer halben Stunde bin ich so weit."
    „Zwanzig Minuten", rief er über die Schulter, denn er eilte bereits hinüber zu Mrs Halifax' Zimmer.
    „Meinetwegen!", gab Sophia zurück und knallte die Tür zu.
    Unter Mrs Halifax' Tür war auch noch alles dunkel, aber das sollte ihn nicht abhalten. Beherzt klopfte er an die Tür. Von drinnen kam leises Stöhnen, dann ein dumpfes Geräusch. Danach war es wieder still. Er klopfte noch einmal.
    Nackte Füße tappten über die Dielen und die Tür wurde einen Spalt geöffnet. Alistair schaute in Abigails schmales, blasses Gesicht.
    „Schlafen die anderen noch?"
    Sie nickte. „Mama und Jamie brauchen immer Ewigkeiten, bis sie aufwachen."
    „Dann wirst du mir wohl helfen müssen."
    Vorsichtig schob er die Tür auf und trat leise ein. Es war ein geräumiges Zimmer; früher wurde es als Lagerraum genutzt. Das große, hässliche Bett darin hatte er fast vergessen. Was sich nicht alles wiederfand! Jamie und Mrs Halifax lagen in diesem Bett. Auf einer Seite, wo vermutlich Abigail geschlafen hatte, war die Bettdecke zurückgeschlagen. Der Welpe hatte sich auf der Decke zusammengerollt, doch als er Alistair kommen hörte, hob er den Kopf, streckte sich und gähnte ausgiebig. Alistair trat ans Kopfende

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