Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
passiert war.
»Carola!«, knurrte er. »Steh auf!«
Doch Carola war sehr unsanft auf ihrem Hinterteil gelandet. Und schlimmer noch, ihre Würde hatte beträchtlich gelitten. Sie ignorierte Tuppy und kniete neben Neville nieder. »Teuerster!«, rief sie. »Sind Sie auch nicht verletzt?«
Mr Reginald Gerard, der rechts von dem Aufruhr stand, verdrehte nur die Augen. Amateurschauspieler mussten stets übertreiben, und Lady Perwinkle bildete keine Ausnahme von dieser Regel. Neville Charlton hingegen bewahrte beneidenswerte Ruhe und wäre ein Gewinn für die Bühne.
Neville öffnete ein Auge und sah Carola an. Dann öffnete er auch das andere Auge und betrachtete die besorgten und aufgeregten Gesichter derjenigen, die im Kreis um sie herumstanden.
»Au!«, stieß er hervor und rieb sich das Kinn.
Carola ignorierte die ausgestreckte Hand ihres Mannes und kam allein auf die Beine.
»Du bist wohl verrückt geworden!«, rief sie und ballte ihre kleinen Fäuste. Die Menschen um sie herum nickten beifällig. Zwar war die Provokation deutlich genug gewesen, sie stand jedoch in keinem Verhältnis zur Schwere der Strafe.
Dann schauten alle wieder auf Neville, der immer noch auf dem Boden saß. Er kam ganz lässig wieder auf die Beine und machte Anstalten, sein Halstuch zu richten.
Tuppy kam sich allmählich wie der größte Narr vor. »Sie sehen völlig in Ordnung aus.«
Neville betastete seinen Kiefer. »Ich denke, ich werde es überleben«, sagte er in einem Ton, als wäre er von einem Apfelbaum heruntergefallen. »Möchten Sie mir vielleicht die Gründe für diesen Anschlag nennen?« Sein Ton war höflich und so verbindlich, wie es in dieser Situation nur eben möglich war.
»Nein«, entgegnete Tuppy. »Das habe ich nicht vor.« Gegen jede Vernunft ballten sich erneut seine Fäuste, denn Carola flatterte aufgeregt um Neville herum und bürstete ihm den Rock ab.
Neville schob sie von sich. »Wir wollen den wilden Stier doch nicht noch mehr reizen, nicht wahr?«
Aber Carola war vor Zorn und Beschämung ganz außer sich und klammerte sich an Nevilles Arm. »Wie kannst du es wagen, meinen künftigen Ehemann zu schlagen!«, schrie sie Tuppy mit schriller Stimme an. »Den Mann, den ich mehr als alles auf der Welt liebe!«
Tuppy wurde, wenn überhaupt möglich, noch blasser. »Ich sehe da ein kleines Problem … «, begann er ein wenig lahm.
»Ich auch«, nickte Neville.
Carola ließ sich jedoch nicht besänftigen. »Du hast die Frechheit besessen, den Mann anzugreifen, den ich liebe! Du wirst dich unverzüglich entschuldigen!«
Einen schrecklichen Augenblick lang herrschte Stille.
»Na schön, ich entschuldige mich«, sagte Tuppy an sein Opfer gewandt.
Neville rieb sich immer noch das Kinn und wünschte sich weit, weit weg. Er ließ die Hand sinken und hob fragend eine Augenbraue. Perwinkle war doch sicher vernünftiger als seine Frau, nicht wahr? Aber danach sah es leider nicht aus.
»Sie können sie haben!«, fauchte Tuppy. »Nehmen Sie sie! Ich will sie nicht mehr. Ich weiß überhaupt nicht, warum ich versucht habe, ihren Ruf zu schützen.« Damit drehte er sich auf dem Absatz um und verließ den Saal. Keiner der Zuschauer gab einen Mucks von sich, als Tuppy an ihnen vorbeistapfte.
Helene löste sich aus der Menge und nahm Carolas Arm. Lächelnd schaute sie in die faszinierten Gesichter der versammelten Damen.
»Lady Perwinkle muss sich jetzt frisch machen«, verkündete sie. »Männer sind ja so anstrengend, nicht wahr? Diese Leidenschaft! Nur eine Frau, die so schön und keusch ist wie Lady Perwinkle, vermag so viel Leidenschaft zu wecken!«
Lady Troubridge nickte, und alle anderen schlossen sich der Meinung der Gastgeberin an. Helene zog Carola aus dem Saal.
Gina spürte die Anwesenheit ihres Ehemanns neben sich, bevor er einen Ton sagte. »Guten Abend!«, begrüßte sie ihn. »Hast du den außerordentlichen Auftritt deines Freundes Perwinkle miterlebt?«
»Mach du dich nur über die Qualen der Leidenschaft lustig«, brummte er mit aufgesetzter Schroffheit.
»Was weißt du schon über die Qualen der Leidenschaft?«, fragte Gina lachend.
»Viel zu viel«, gab er mit heiserer Stimme zurück. Seine Frau trug ein sehr merkwürdiges Abendkleid. Am Oberkörper saß es extrem eng und zudem hatte es einen Kragen mit kleinen Rüschen. Mit ihrem roten Haar und der weißen Haut wirkte Gina wie eine verführerische Königin Elisabeth.
»Und wann hast du das letzte Mal die Tugend einer Dame verteidigt?«,
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