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Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
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gleich ohnmächtig, Sie müssen atmen. Lassen Sie die Schultern fallen und entspannen Sie die Beine. Sehr gut. Und jetzt ballen Sie die Fäuste und bewegen Sie die Zehen. Besser?»
    Sie nickte.
    «Das machen Sie jetzt jedes Mal, wenn Sie merken, dass Ihnen schwindlig wird, verstanden? Ich kann nicht die ganze Zeit Sie auch noch mit im Auge behalten.»
    Beatrice befeuchtete sich die Lippen. «Versprochen», sagte sie. «Was soll ich jetzt tun?»
    «Waschen Sie das hier und geben Sie mir das nächste.»
    Beatrice nahm das blutige Instrument entgegen, legte es in einen Kessel mit heißem Wasser, den ein Dienstmädchen gebracht hatte, und reichte dem Doktor das nächste. Der drückende Blutgeruch mischte sich mit dem erstickenden Geruch der Tinkturen, während sich der Arzt weiter durch die Gewebeschichten schnitt. Sofia war ganz still, doch sie schien regelmäßig zu atmen, und zum ersten Mal wagte Beatrice zu hoffen, dass sich alles zum Guten wenden könnte.
    Schließlich reichte ihr der Arzt sein Skalpell, steckte die Hände in Sofias Bauch und tastete. Fasziniert beobachtete Beatrice, wie er einen unbeweglichen Klumpen herauszog, der ganz mit Blut, Käseschmiere und Fruchtwasser bedeckt war. Sie starrte auf das Wesen, das Sofias Kind war. Eberhardt reichte Beatrice das Baby, klemmte die Nabelschnur ab und durchtrennte sie schnell.
    «Wickeln Sie es in ein sauberes Tuch.» Er wandte sich wieder Sofia zu. «Ich muss noch den Mutterkuchen herausholen.»
    Verblüfft betrachtete Beatrice den zusammengekrümmten, stillen Körper, während sie ihn in ein weiches, ausgewaschenes Laken wickelte. Plötzlich machte das Kind den Mund auf und schrie. Es war ein jämmerliches, leises Geräusch, wie von einem wimmernden Katzenbaby. Beatrice schnürte es die Kehle zusammen. Ein neues Leben war geboren.
    «Verdammt», hörte sie plötzlich den Arzt fluchen. «Sie blutet. Schnell, geben Sie mir die Schwämme! Beeilen Sie sich, Fräulein Löwenström, ich brauche Ihre Hilfe.»
    Beatrice sah sich um. Was sollte sie mit dem Neugeborenen anfangen? Behutsam legte sie es auf den Boden und eilte zu Eberhardt. Sie reichte ihm Schwämme, nahm ihm blutige Stofffetzen ab und versuchte die Unmengen von Blut zu ignorieren, die sich in einer Lache unter Sofia im Bett ausbreiteten und auf den Boden tropften. Wie viel Blut hatte ein Mensch überhaupt? Konnte man einen solchen Blutverlust überleben? Während der Arzt im Bauch zu nähen begann, sah sie, wie Sofia unruhig den Kopf hin und her warf.
    «Herr Doktor! Ich glaube, sie wacht auf. Was soll ich tun?»
    «Ich bin beschäftigt. Tun Sie, was Sie wollen, zum Teufel!»
    Beatrice sah sich um. Sollte sie es wagen, Sofia noch mehr Chloroform zu verabreichen? Was, wenn sie ihr zu viel gab? Sofia stöhnte, und Beatrice nahm ihre Hand. «Ich bin hier, meine Liebe, alles wird gut, das verspreche ich dir. Der Arzt wird dich wieder gesund machen», tröstete sie.
    Das musste er auch, alles andere wäre ungerecht, dachte sie. Und sie betete, wie sie noch nie in ihrem Leben gebetet hatte.
    Von dem kleinen Bündel am Boden kamen jämmerliche Protestschreie. Benebelt schlug Sofia die Augen auf und versuchte, ihren Blick auf irgendetwas zu fixieren. Der Arzt war immer noch an ihrem offenen Bauch beschäftigt. Auf dem Boden weinte verlassen das Neugeborene.
    «Was ist los?», flüsterte Sofia. Ihr Blick war verschleiert, und Beatrice stellte sich instinktiv so hin, dass ihre Cousine nicht sehen konnte, was der Arzt gerade machte. Zärtlich tätschelte sie ihr die Hand. «Alles in Ordnung, aber es wäre das Beste, wenn du jetzt noch ein bisschen die Augen zumachen könntest. Meinst du, das kannst du für mich tun?», bat sie.
    Sofia schloss die Augen und stöhnte matt. «Bea?», flüsterte sie mit trockenen Lippen.
    «Ja, meine Liebe?»
    «Das Kind lebt, nicht wahr?»
    Beatrice drückte Sofia die Hand. «Ja.»
    «Was ist es?»
    «Ich weiß es noch nicht», sagte Beatrice. Sie blickte zum Arzt, der immer noch in Sofias Innerem zu nähen schien. Bildete sie sich das ein, oder hatte die Blutung tatsächlich abgenommen? Schwer zu sagen, weil sie praktisch in Blut wateten. Eberhardt arbeitete methodisch, nur ab und zu kam ihm ein deutscher Kraftausdruck über die Lippen. Doch er schien zu wissen, was er tat, und sie floss über vor Dankbarkeit für den kleinen, hartnäckigen Arzt.
    «Wenn du mir versprichst, ganz still liegen zu bleiben und die Augen geschlossen zu lassen, dann gehe ich nachsehen. Versprichst du mir

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