Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
Vom Netzwerk:
zog die Schubladen auf, suchte nach Papier und begann zu schreiben. «Ich habe eine ganze Menge interessante Bücher gesehen – manche sind bestimmt mehrere hundert Jahre alt –, aber es fehlt natürlich auch vieles, das müsste umfassend ergänzt werden», verkündete sie. «Zum Beispiel gibt es kaum französische Literatur, auch bei der griechischen sind große Lücken, und bestimmte Philosophen sind gar nicht vertreten. Ich werde eine Liste anlegen. Vielleicht könnte ich jemand bitten, mir beim Katalogisieren zu helfen, und wenn wir das nächste Mal nach Paris fahren, sollten wir ein paar Antiquariate besuchen. Und in der Rue du Faubourg gibt es eine große Buchhandlung, in die ich furchtbar gerne einmal gehen würde.» Nachdenklich spielte sie mit ihrem Stift.
    «Beatrice?»
    Sie sah ihn geistesabwesend an. «Ja, was?»
    «Ist dir eigentlich klar, dass du völlig nackt bist?»
    Doch sie winkte nur ab und fuhr fort zu schreiben, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen.
    Seth lehnte sich in die Pelzdecken zurück und betrachtete seine zukünftige Frau und ihren ansteckenden Eifer. «Wie willst du das denn alles schaffen? Du hast doch auch noch deine Stiftung?», fragte er nach einer Weile.
    «Die läuft fast von selbst. Die Bibliothek wird eine großartige Herausforderung.»
    Doch nach einer Weile hob sie den Kopf und sah ihn ängstlich an. «Machst du dir Sorgen, dass ich es nicht schaffe?», fragte sie. «Ich werde wirklich mein Bestes geben, du wirst nicht enttäuscht sein.»
    Seth verschränkte die Hände im Nacken und sah zur Decke. «Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich eher die Sorge, dass du das alles ganz wunderbar schaffst, aber überhaupt keine Zeit mehr für mich hast», sagte er lächelnd.
    Sie runzelte die Stirn. «Willst du denn aufhören zu arbeiten, wenn wir geheiratet haben?»
    «Wohl kaum», schnaubte er.
    Sie schwieg, doch er sah, dass sie etwas auf dem Herzen hatte, also wartete er ab, ob sie weitersprechen würde.
    «Seth?», sagte sie nach einer Weile.
    «Ja?»
    «Ich habe gerade überlegt, ob du in Zukunft wohl sehr oft nach Amerika fahren wirst.»
    «Wohl kaum», antwortete er.
    «Aber bisher bist du doch so oft gefahren?»
    «Ach, mein Herz, lass dir einfach mal erzählen, was passiert, wenn ich mit dem Schiff reise …», sagte er lachend, und dann berichtete er von seiner Seekrankheit und seinem Beschluss, so selten wie möglich ein Schiff zu betreten. Als er sah, wie sich ihre Miene aufhellte, dachte er, dass er wohl alles Erdenkliche tun würde, um ihr ein Gefühl von Geborgenheit zu geben. Sie hatte schon genug an das Meer verloren.
    «Gut, dann arbeiten wir tagsüber, und am Abend können wir …» Sie machte eine unbestimmte Handbewegung. «… das hier tun.»
    Er grinste sie an und wackelte mit den Zehen. «Es wäre schön, wenn du mir demonstrieren könntest, was du mit das hier meinst.»
    Sie schüttelte den Kopf und wandte sich wieder dem Schreibtisch zu. «Später. Jetzt muss ich meine Bibliothek planen.»
    Seth betrachtete sie, wie sie an seinem Schreibtisch saß und gänzlich mit ihren Bibliotheksplänen beschäftigt war. Er würde ihr einen eigenen Schreibtisch kaufen, dachte er, und ihn neben seinen stellen. Vielleicht würde sie sich dann öfters zu ihm setzen. Nackt. Sehnsüchtig betrachtete er ihren Hintern, der über den lederbezogenen Stuhl hinausragte. Sie konnten zusammen arbeiten. Und lange Pausen machen. Sich unterhalten. Sie beugte sich über ihre Notizen, kaute auf der Unterlippe und griff sich noch ein Blatt, das sie rasch mit ihrer eleganten Handschrift füllte. Er nahm das kleine erotische Büchlein wieder zur Hand und schlug es auf.
    Hmm. Und wenn sie richtig nett zu ihm wäre, würde er vielleicht das hier mit ihr machen, dachte er grinsend.

[zur Inhaltsübersicht]
    43
    Schloss Wadenstierna
    18. Dezember 1882
    Seth stand mit zusammengebissenen Zähnen in seinem Zimmer und ließ sich ankleiden. Noch nie in seinem Leben war ihm so unwohl gewesen. Er schluckte und knetete seine Finger.
    «Es würde mir die Arbeit sehr erleichtern, wenn Sie aufhören würden, die ganze Zeit zu zucken», bemerkte sein Diener Ruben sarkastisch, während er ihm den Frack hinhielt. «Diese Nervosität sieht Ihnen gar nicht ähnlich.»
    Seth schnaubte. Er war nicht nervös. Er war kurz vor einem Kollaps. Nachdem er die Arme in den Frack gesteckt hatte, befestigte Ruben geschickt die Manschettenknöpfe, die Seth von Beatrice bekommen hatte. Seth senkte die Schultern.

Weitere Kostenlose Bücher