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Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
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jemals wieder das Sanatorium würde verlassen können.
    Seine Gedanken wanderten zu Wilhelm Löwenström. Sowohl Harriet als auch Sofia wollten nichts mehr von ihm wissen, nachdem sie von seinen Taten erfahren hatten. Sein Sohn war ein allseits verhasster Krüppel, sein Haus hatte er verloren, und Seth hätte wohl ein bisschen Mitleid für den alternden Mann empfinden sollen, doch er brachte es nicht fertig. Manchmal bekam so ein Mensch eben einfach, was er verdiente. Seth nickte Ruben zu. «Danke», sagte er ernst. «Für alles.»
    «Bitte sehr», antwortete Ruben. Er wischte einen letzten vermeintlichen Staubfleck vom Frack des Bräutigams und trat einen Schritt zurück. «Und wenn ich das dem gnädigen Herrn sagen darf – sehen Sie zu, dass Sie es diesmal nicht verderben.»
    Seth streckte ihm die Hand hin. «Diesmal nicht. Ganz sicher nicht», sagte er, und sie schüttelten einander die Hand.

    In einem anderen Flügel des Hauses streckte Vivienne die Hand nach dem nächsten Keks aus und schob ihn sich in den Mund. Stöhnend legte sie die Füße auf einen Schemel. «Bald kann ich meine Füße nicht mehr sehen», jammerte sie. Sofia kicherte, während Colette Beatrice ein letztes Mal eingehend musterte. Sie befestigte eine Haarnadel, die sich aus der Hochsteckfrisur gelöst hatte. Beatrice hatte sich dünne Diamantkettchen in die lockere Frisur flechten lassen, und einige gelockte Haarsträhnen umspielten ihren Hals. «So, jetzt ist es so weit», sagte Colette und zog die Schutzhülle vom Brautkleid. Es war das erste Mal, dass Sofia und Vivienne das Kleid zu sehen bekamen, und sie seufzten erwartungsvoll. Colette und ihre Schneiderinnen hatten in der letzten Woche rund um die Uhr genäht, um rechtzeitig fertig zu werden.
    Als der letzte stoffbezogene Knopf zugeknöpft war, trat die Schneiderin einen Schritt zurück, um ihr Werk zu begutachten. «Nicht schlecht», meinte sie, doch die tiefen Grübchen in ihren Wangen verrieten, dass sie äußerst zufrieden war.
    «Ich freue mich so für dich», sagte Sofia und schnäuzte sich.
    Vivienne wedelte beifällig mit ihrem Taschentuch. «Aber tut es dir denn gar nicht leid, deinen Gräfinnentitel wieder abzulegen?», fragte sie. «Ich hätte zu gern einen Adelstitel. Jetzt wirst du wieder eine ganz normale Frau.»
    «Du bist ein Snob, Viv», gab Beatrice zurück und strich sich eine Strähne hinters Ohr. «Ich bin eine ganz normale Frau. Es hat nie zu mir gepasst, eine Gräfin zu sein.»
    «Na ja, ich schätze, es ist nicht ganz unerheblich, dass dein zukünftiger Mann monströs reich ist – das sind übrigens Jacques’ Worte, nicht meine.»
    «Du übertreibst», sagte Beatrice, doch Vivienne schüttelte den Kopf. «Jacques und er reden ständig von Maschinen und Apparaten, Dampfloks und Elektrizität, und ich dachte immer, das ist bloß so ein albernes Hobby wie Krawatten sammeln oder Schiffe. Wer hätte gedacht, dass Technik so lukrativ werden würde? Anscheinend gehört dein Zukünftiger zu den vermögendsten Männern Europas.» Sie wedelte mit ihrem Taschentuch. «Aber was ist mit deiner Unabhängigkeit? Bist du wirklich sicher? Vergiss nicht, was du alles aufgibst, wenn du heiratest.»
    «Das ist wohl nicht der richtige Moment», mahnte Sofia. «Und ich glaube auch nicht, dass Bea irgendetwas aufgeben muss. Hör jetzt auf, du machst sie bloß noch nervöser.» Sie drehte sich zu ihrer Cousine um. «Bea, vergiss das Atmen nicht. Und wir müssen gleich los, wenn wir es noch vor dir in die Kirche schaffen wollen», sagte sie und nickte Vivienne zu, die schnaufend aufstand.
    Da klopfte es, und Seth trat ein.
    «Es bringt Unglück, wenn der Bräutigam die Braut vor der Trauung sieht», rief Sofia erschrocken.
    Seth zog eine Augenbraue hoch und blickte Beatrice an. «Das Risiko nehmen wir auf uns», meinte er.
    «Gut, dann gehen wir jetzt zur Kirche», verkündete Sofia und machte eine auffordernde Handbewegung in Richtung Vivienne und Colette.

    Ein Kleidungsstück wie der Frack war für Männer wie Seth erfunden worden, dachte Beatrice überwältigt, als sie nun allein waren. Er sah so elegant aus, dass es beinahe wehtat. Sie lächelte, als sie die mattgrauen Manschettenknöpfe entdeckte, sie hatte doch gleich gewusst, dass ihre nüchterne Eleganz zu ihm passen würde. Seth hielt ihr ein flaches Samtetui hin. Es war dunkelblau und trug den Schriftzug «Zackelius» in Goldbuchstaben auf dem Deckel.
    «Für mich? Liebling, wir müssen uns wohl mal über deine gar zu

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