Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)
schweifen. «Jetzt ist die Reihe auch einmal an mir.»
Beatrice schnappte nach Luft, als sie eine Welle der Erregung überlief. «Wagen Sie es …», murmelte sie.
Doch er ignorierte ihre Proteste, nahm ein wenig Schnee und drückte ihn gegen ihre Lippen. Es war nicht viel, aber er war sehr kalt, und Beatrice zuckte zurück. Dann küsste Seth ihr die Kälte vom Mund. Langsam bewegten sich seine Lippen über die ihrigen, hin und her, bis sie warm und verlangend waren. Und so küssten sie sich weiter zärtlich, gut versteckt hinter dem Baumstamm.
Seth redete sich ein, dass er ihr nur den Kuss gab, nach dem sie sich beide gesehnt hatten, als sie gestern unterbrochen worden waren. Dann würde er natürlich gleich wieder aufhören. Doch während er Beatrice weiterküsste, ging er alle Argumente durch, die dafür sprachen, dass das eine ziemlich schlechte Idee war.
Sie war jung. Sie war unerfahren. Und sie war eine Freundin von Johan und seiner Familie.
Doch er hatte die Dinge ja immer noch unter Kontrolle, dachte er. Es handelte sich ja nur um ein unschuldiges Spiel, und er wusste genau, was er tat.
Als Beatrice ihm die Arme um den Nacken legte und seinen Kuss hitzig erwiderte, hörte er sich selbst aufstöhnen. Seine Kontrolle war dahin, und er drückte sie gegen den Baumstamm. Sie wimmerte, und er ließ die Hände über ihren Rücken wandern, bis er durch die dicken Kleider ihren Po fühlen konnte. Doch bei dieser Berührung erstarrte sie, und diese Reaktion einer unerfahrenen Frau war genau das Zeichen, das er brauchte, um im Handumdrehen wieder zur Vernunft zu kommen. «Es ist wohl besser, wir hören auf damit», murmelte er an ihrem Mund, während er sich bemühte, seine Atmung und seinen ganzen Körper wieder in den Griff zu bekommen. Er küsste ihr die kalte Nasenspitze. «Kommen Sie, ich bringe Sie zurück, bevor Sie sich noch erkälten», sagte er und zwang sich, sie loszulassen.
Das wurde ja langsam zur schlechten Gewohnheit.
Nach dem Mittagessen ging Beatrice in ihr Zimmer, um sich eine Weile auszuruhen. Sie hatte es sich gerade in der Sofaecke gemütlich gemacht, als es klopfte. Sie hoffte auf Seth, doch stattdessen kam Sofia hereingestolpert. Ihre Cousine schluchzte so sehr, dass Beatrice sie kaum verstehen konnte. Mit klopfendem Herzen stand sie auf. Vor ihrem inneren Auge zogen Hunderte schrecklicher Szenarien vorbei.
«Meine Liebe, ich verstehe ja gar nicht, was du sagst», versuchte sie die Cousine zu beruhigen.
Sofia schluchzte etwas, was sich anhörte wie: «Er hat um meine Hand angehalten.»
Beatrice betrachtete ihre verweinte Cousine und musste sich zusammennehmen, um sie nicht zu schütteln. «Du hast mir einen Todesschrecken eingejagt», schimpfte sie. «Freust du dich denn etwa nicht?»
«Doch, ich bin bloß so überwältigt», antwortete Sofia und schniefte. «Entschuldige. Er wird so bald wie möglich mit Papa sprechen und um meine Hand anhalten.»
Sogar mit verquollener Nase und rotgeweinten Augen ist Sofia schön, dachte Beatrice. Eigentlich war es nicht gerecht. Trotzdem freute sie sich für ihre Cousine.
Sehr sogar. Benommen setzte sie sich. Ein bisschen eifersüchtig war sie doch. Aber in erster Linie freute sie sich.
Gegen Abend wanderte Beatrice ganz in Gedanken versunken im Wintergarten hin und her. Sie strich hier mit den Fingern über ein dickes Orchideenblatt und schnupperte dort an einer Gardenie. Das Abendessen sollte später hier im exotischen Grün serviert werden, und die Dienstboten deckten bereits einen großen Tisch mit Leintüchern, Porzellan und Gläsern. Langsam wanderte sie umher und ließ die Blicke über die Eisenpfeiler schweifen, die das Glasdach trugen.
«Guten Abend», sagte hinter ihr jemand auf Norwegisch.
Wie immer fuhr sie zusammen, als sie seine tiefe Stimme hörte. Sie wandte sich um. Seth sah umwerfend elegant aus in seiner dunkelgrünen Abendjacke, der grauen Hose und dem dicken, dunklen, streng zurückgekämmten Haar.
«Wie ich sehe, bewundern Sie gerade Iris’ größten Stolz», bemerkte er.
«Der Wintergarten ist wirklich sehr beeindruckend. Papa hätte er auch gefallen», erwiderte sie zögernd.
Sie standen dicht beeinander in einer schattigen Ecke. Er blickte sie intensiv an.
«Sagen Sie meinen Namen», forderte er leise.
Sie sollte wirklich nicht … «Seth», sagte sie. Sie liebte den Klang seines Namens. Sanft legte sie ihm die Hand auf die Wange. Sie trug keine Handschuhe, und seine Wange war warm und ein bisschen rau. Er
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