Ein Universum aus Nichts
schauen. Das ist der Punkt, an dem das Universum neutral wurde – die Protonen verbanden sich mit den Neutronen und bildeten neutrale Atome. Danach wurde das Universum für Strahlung weitgehend transparent, und von nun an kann ich die Strahlung sehen, die von den Elektronen absorbiert und wieder abgegeben wurde, als die Materie im Universum neutral wurde.
Aus der Vorstellung des Universums mit dem Beginn in einem Urknall ergibt sich demnach als Vorhersage , dass es Strahlung geben sollte, die mich von dieser »letzten streuenden Oberfläche« her aus allen Richtungen erreicht. Da das Universum sich seit dieser Zeit um den Faktor von ungefähr 1000 ausgedehnt hat, ist die Strahlung auf dem Weg zu uns kälter geworden und hat nun eine Temperatur von annähernd 3 Grad über dem absoluten Nullpunkt. Und 1965 haben die beiden oben genannten Wissenschaftler in New Jersey zufällig genau dieses Signal gefunden, für dessen Entdeckung sie später mit dem Nobelpreis geehrt wurden.
In jüngerer Zeit ist für Beobachtungen der Kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung ein zweiter Nobelpreis vergeben worden, und das aus gutem Grund. Könnten wir ein »Foto« dieser letzten streuenden Oberfläche aufnehmen, erhielten wir ein Abbild des neugeborenen Universums, als dieses gerade mal 300000 Jahre existierte. Wir könnten all jene Strukturen erkennen, die eines Tages zu den Formen von Galaxien, Sternen, Planeten, Außerirdischen und allem anderen kollabieren sollten. Besonders bedeutsam ist, dass diese Strukturen unbeeinflusst wären von der gesamten nachfolgenden dynamischen Entwicklung, welche die eigentliche Natur und den Ausgangspunkt all der anfangs winzigen ursprünglichen Störungen in Materie und Energie verdecken kann, die vermutlich durch exotische Prozesse in den frühesten Augenblicken des Urknalls erzeugt wurden.
Für uns ist jedoch am bedeutsamsten, dass sich auf dieser Oberfläche eine charakteristische Skala befindet, die von nichts anderem als der Zeit selbst dort eingeprägt worden ist. Das ist so zu verstehen: Betrachten wir auf der letzten streuenden Oberfläche eine Strecke, die sich für einen irdischen Beobachter über ein Grad erstreckt, so entspräche das auf dieser Oberfläche einer Entfernung von etwa 300000 Lichtjahren. Nun spiegelt die letzte streuende Oberfläche eine Zeit wider, zu der das Universum selbst ungefähr 300000 Jahre alt war, und laut Einstein kann keine Information schneller als das Licht unterwegs sein. Deshalb konnte zu jener Zeit von einem Ort kein Signal mehr als 300000 Lichtjahre über diese Oberfläche vorangekommen sein.
Stellen wir uns nun eine Materieansammlung vor, deren Durchmesser weniger als 300000 Lichtjahre beträgt. Ein solcher Klumpen wird dank der eigenen Schwerkraft zu kollabieren begonnen haben. Ein Klumpen mit einem Durchmesser von mehr als 300000 Lichtjahren dagegen wird nicht einmal anfangen zu kollabieren, weil er noch gar nicht »weiß«, dass er ein Klumpen ist. Die Schwerkraft breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus und kann deshalb die gesamte Länge des Klumpens noch nicht durchlaufen haben. Wie die Comicfigur Wile E. Coyote aus der Serie »Road Runner«, die über den Rand einer Klippe rennt und in der Luft stehen bleibt, wird dieser Klumpen also einfach da schweben und auf den Kollaps warten, der eintritt, wenn das Universum alt genug sein wird für das, was von ihm erwartet wird!
Dadurch ergibt sich ein spezielles Dreieck. Eine Seite ist 300000 Lichtjahre lang; ihr Abstand von uns ist bekannt, weil er durch die Entfernung zwischen uns und der letzten streuenden Oberfläche bestimmt wird, wie folgender Abbildung zu entnehmen ist:
Die größten Materieansammlungen, die schon zu kollabieren begonnen haben und dabei auf dem Oberflächenbild der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung Unregelmäßigkeiten hervorrufen, werden sich über dieses Winkelmaß erstrecken. Wenn wir ein Bild der Oberfläche zu diesem Zeitpunkt erstellen können, sollten wir erwarten, dass solche heißen Zonen im Durchschnitt die größten im Bild sichtbaren relevanten Klumpen sind.
Ob der von dieser Entfernung überspannte Winkel aber genau ein Grad beträgt, wird tatsächlich von der Geometrie des Universums festgelegt. In einem flachen Universum reisen Lichtstrahlen auf Geraden. In einem offenen Universum hingegen verlaufen Lichtstrahlen, die man in der Zeit rückwärts verfolgt, nach außen gekrümmt. In einem geschlossenen Universum konvergieren die Lichtstrahlen, wenn man sie
Weitere Kostenlose Bücher