Ein Universum aus Nichts
Stern Sirius zu beobachten, wenn die Erde sich im Abstand von sechs Monaten auf der einen bzw. der anderen Seite ihrer Umlaufbahn um die Sonne befand. Aus Beobachtungen schloss er, jede Krümmung unseres Universums müsse wenigstens das 166000-Fache des Radius der Erdumlaufbahn betragen.
Eine große Zahl, die aber in kosmischen Maßstäben verschwindend klein ist. Obwohl Lobatschewski den richtigen Einfall hatte, war er leider durch die Technik seiner Zeit eingeschränkt. 150 Jahre später hat sich das jedoch geändert. Das haben wir der wichtigsten Sammlung von Beobachtungen in der gesamten Kosmologie zu verdanken, den Messungen der Kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung ( CMBR : Cosmic Microwave Background Radiation ).
Die CMBR ist nichts weniger als das Nachglühen des Urknalls. Sie liefert, sofern das noch nötig sein sollte, einen weiteren direkten Beweis dafür, dass der Big Bang wirklich stattgefunden hat. Sie ermöglicht es uns, direkt in die Vergangenheit zu blicken und die Natur des sehr jungen, heißen Universums aufzuspüren, aus dem alle heute sichtbaren Strukturen hervorgegangen sind.
Zu den vielen bemerkenswerten Aspekten der Kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung gehört, dass sie ausgerechnet in New Jersey von zwei Wissenschaftlern entdeckt wurde, die wirklich nicht die geringste Ahnung hatten, wonach sie Ausschau hielten. Dazu kommt, dass sie uns jahrzehntelang praktisch vor Augen stand und potenziell hätte beobachtet werden können, uns aber vollkommen entging. Tatsächlich dürfte so mancher alt genug sein, dass er ihre Wirkungen gesehen hat, ohne sich darüber klar zu sein – man braucht sich nur an die Zeit vor dem Kabelfernsehen zu erinnern, als die Sender ihren Sendetag in den frühen Morgenstunden beendeten, anstatt die ganze Nacht über als Nachrichten getarnte Werbung laufen zu lassen. Wenn der Sender nach dem Testbild abgeschaltet wurde, fiel der Bildschirm auf statisches Rauschen zurück. Ungefähr ein Prozent dieses auf der Mattscheibe sichtbaren statischen Rauschens war vom Urknall übrig gebliebene Strahlung.
Der Ursprung der Kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung ist relativ leicht zurückzuverfolgen. Da das Universum ein endliches Alter hat 17 und wir beim Blick auf immer entferntere Objekte immer weiter in die Vergangenheit schauen – das Licht braucht länger, um von diesen Objekten aus zu uns zu gelangen –, kann man sich vielleicht vorstellen, dass wir den Urknall selbst sehen könnten, wenn es uns nur gelänge, weit genug zu schauen. Prinzipiell ist das nicht ausgeschlossen, praktisch aber liegt zwischen uns und jener sehr frühen Zeit eine Mauer. Keine physische Mauer wie die Wände des Raums, in dem ich an diesem Buch schreibe, aber eine, die weitgehend die gleiche Wirkung hat.
Hinter die Wände meines Zimmers kann ich nicht schauen, weil sie undurchsichtig sind. Sie absorbieren Licht. Wenn ich nun immer weiter nach draußen und damit in der Zeit zurückblicke, betrachte ich das Universum in einem immer jüngeren und auch immer heißeren Zustand, weil es sich seit dem Big Bang immer weiter abgekühlt hat. Blickt man ausreichend weit zurück in eine Zeit, in der das Universum etwa 300000 Jahre alt war, lag die Temperatur des Universums bei ungefähr 3000 Kelvin. Bei dieser Temperatur war die Strahlung so energiereich, dass sie die im Universum vorherrschenden Wasserstoffatome in ihre Bestandteile, Protonen und Neutronen, zerlegen konnte. Vor diesem Zeitpunkt existierte keine neutrale Materie. Die gesamte Materie des Universums lag als dichtes »Plasma« aus geladenen Teilchen vor, die mit der Strahlung interagierten.
Ein Plasma kann jedoch für Strahlung undurchlässig sein. Die geladenen Teilchen im Plasma absorbieren Photonen und geben sie wieder ab, weshalb Strahlung ein solches Material nicht leicht passieren kann, ohne abgefangen zu werden. Wenn ich versuche, in der Zeit rückwärts zu schauen, kann ich folglich nicht hinter den Zeitpunkt zurückgehen, zu dem das Universum zuletzt weitgehend aus einem solchen Plasma bestand.
Das ist, um es zu wiederholen, wie bei den Wänden meines Zimmers. Ich kann sie nur sehen, weil Elektronen in Atomen an der Oberfläche der Wand Licht aus der Beleuchtung meines Arbeitszimmers absorbieren und es dann wieder abgeben, während die Luft zwischen mir und den Wänden durchsichtig ist. Beim Universum verhält es sich genauso. Wenn ich nach draußen blicke, kann ich bis zu dieser »letzten streuenden Oberfläche«
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