Ein unmoralischer Handel
Mit Mühe klemmte sie sich die vier Bände unter den Arm, als sie hinaus auf den Bürgersteig trat. Das dickste Buch kam ins Rutschen, ihr Fuß verfehlte beinah die letzte Treppenstufe …
»Vorsicht!«
Feste Hände packten ihren Arm und richteten sie wieder gerade, Alathea starrte - in Lucifers Gesicht. Sie schluckte ihren erleichterten Seufzer herunter und bemühte sich, ihr wild schlagendes Herz zu beruhigen. Einen Moment lang hatte sie ihn, mit der strahlenden Sonne im Rücken, für seinen Bruder gehalten. »Ah …«
»Komm, gib mir die.«
Er ließ ihr - natürlich - keine Wahl. »Ah, ja.« Alathea tat einen hastigen Atemzug. »Warst du heute Morgen beim Ausreiten?«
Er schaute sie an. »Im Park? Nein, wieso?«
Sie zuckte die Schultern. »Ich dachte nur … Ich würde gern mal wieder ausreiten, aber es ist hier so schwierig, da man immer nur im Park reiten darf.«
»Wenn du reiten möchtest« - er klemmte sich ihre Bücher unter den Arm -, »dann solltest du einen Ausflug aufs Land organisieren.«
Alathea schnitt eine Grimasse. »Dann kann ich genauso gut abwarten, bis wir wieder zu Hause sind.« Ihre einzige Hoffnung war, ihn in ein Gespräch zu verwickeln und seine Aufmerksamkeit zu fesseln, damit er keinen Blick auf die Bücher warf. Afrika war kein gängiges Thema, ganz sicher jedoch war es überaus merkwürdig, dass sie sich dermaßen ausführlich damit beschäftigte. Angesichts des Umstands, dass Lucifer in Gabriels Haus logierte, und da sie ja wusste, dass die beiden Beobachtungen und Vermutungen austauschten … Sie holte tief Luft. »Aber die Saison dauert noch Wochen.«
»In der Tat, und diese Wochen sind voll gestopft mit mehr Bällen denn je.« Lucifer blickte finster zu Boden. »Und das, wo Gabriel gerade verkündet hat, allen gesellschaftlichen Verpflichtungen, abgesehen von den familiären, aus dem Weg gehen zu wollen.«
»So. Warum denn das?«
»Die verdammten Zwillinge sind zum Angriff übergegangen.«
»Zum Angriff? Was meinst du damit?«
»Gestern Abend sind sie dreimal mit jeweils einer anderen Dame im Schlepptau bei Gabriel aufgekreuzt und haben ihn in die Enge getrieben.«
Das hätte Alathea gern gesehen. »Konnte er denn nicht einfach weggehen?«
»Nicht so einfach, weil immer einer der Zwillinge an seinem Arm hing und sich weigerte, ihn loszulassen.«
»Ja, du meine Güte.«
»Meine Güte, in der Tat. Du weißt, was als Nächstes passieren wird, oder?«
Sie schaute ihn fragend an.
»Er wird sich der beiden Frätzchen entledigen.«
»Und dich an der Front allein lassen.«
Lucifer blieb unvermittelt stehen. »Gütiger Gott.«
Sie schaffte es, ihn den ganzen Weg bis zu ihrer Kutsche über die Zwillinge schimpfen zu lassen. Dort angekommen, drückte sie ihm einen zarten Kuss auf die Wange und zog die Bücher unter seinem Arm hervor.
Er sah sie stirnrunzelnd an. »Wofür war denn der?«
»Nur dafür, dass du bist, wie du bist.« In der Kutsche, die Bücher sicher neben sich auf dem Sitz, lächelte sie triumphierend.
Er schnaufte verwundert, schloss den Schlag der Kutsche und winkte ihr nach.
Sie lächelte noch immer, als sie über die Schwelle von Morwellan House trat, und nickte Crisp kurz zu, der ihr die Tür aufmachte. Nachdem sie die Bücher auf dem Tisch unter dem Spiegel abgelegt hatte, griff sie nach ihrer Haube, um sie abzunehmen.
»Da bist du ja endlich, Liebes.«
Serena stand in der Tür zum Salon. Alathea legte ihre Kopfbedeckung auf den Stapel Bücher und durchquerte die Halle. »Haben wir Gäste?«, flüsterte sie.
»Nein, nein. Ich wollte nur kurz mit dir sprechen.« Serena ging wieder in den Salon. »Es geht um deinen Vater.«
»So.« Sie folgte ihr und schloss die Tür, dann zog sie fragend die Augenbrauen hoch.
»Er ist in einem seiner Zustände«, erklärte Serena und hob hilflos die Hände. »Du weißt - unpässlich, aber nicht wirklich krank.«
»Ist etwas passiert?«
»Nicht heute. Er war ein bisschen still, als er gestern zurückkam, aber er hat nichts gesagt. Du weißt, dass er normalerweise um diese Zeit bei White’s sein sollte, stattdessen sitzt er allein in der Bibliothek.«
Sie schauten einander besorgt an. Dann nickte Alathea. »Ich werde hineingehen und mit ihm reden.«
Serena lächelte. »Vielen Dank - auf dich hört er immer.«
Alathea umarmte ihre Stiefmutter. »Auf dich hört er doch auch immer, nur dass wir über verschiedene Dinge mit ihm sprechen.«
Serenas Lächeln wurde breiter, als sie die Umarmung erwiderte. »Hast
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