Ein unmoralisches Angebot
als er sie in den Blauen Salon geleitete. „Sie sind viel zu lieblich und reizend, um Strenge vortäuschen zu können!“
„Mit welchem Recht kritisieren Sie mein Aussehen, Sir? Verzichten Sie gefälligst darauf, zu persönlich zu werden!“
Er grinste und wies auf einen vor dem Kamin stehenden Sessel. „Genau das ist die Sache, über die ich mit Ihnen reden will, Miss Sheridan. Darf ich Sie Sarah nennen?“
„Ich bin überrascht, dass Sie sich die Mühe machen, mich das zu fragen, Sir!“, äußerte sie hitzig. „Nein, das dürfen Sie nicht!“
„Also gut. Ich will Sie nicht reizen!“ Er setzte sich ihr gegenüber hin. Sarah, die sehr nervös war, ärgerte sich über seine Gelassenheit. „Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie mich anhören wollen. Ich befürchtete das Gegenteil. Mein Benehmen in Bath …“ Guy hielt inne und fuhr nach kurzer Pause fort: „Nach den Dingen, die ich zu Ihnen gesagt habe, könnte ich es Ihnen nicht verargen, wenn Sie meine Entschuldigung nicht annehmen wollen.“
„Ich habe versprochen, Sie anzuhören, Mylord“, äußerte Sarah kalt. „Darüber hinaus verspreche ich nichts.“
Er verzog das Gesicht. „Sie erleichtern mir die Sache nicht, Miss Sheridan! Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, sowohl für mein gestriges Verhalten als auch für meine Äußerungen.“
Sie stand auf. Ihr Gesicht war hochrot. Aus purer Verlegenheit wäre sie am liebsten aus dem Raum geflohen. Es gelang ihr trotz gegenteiliger Bemühungen nicht, die schmerzliche Erinnerung an die Ereignisse des vergangenen Abends zu verdrängen.
Guy ahnte, dass sie gehen wollte, und stellte sich rasch zwischen sie und die Tür.
„Bitte, Miss Sheridan! Sie haben versprochen, mich anzuhören!“
„Ja, das habe ich, Sir“, erwiderte sie so gelassen wie möglich. „Sie wollten sich entschuldigen, und das haben Sie jetzt getan.“
„Und?“
„Und was, Sir?“
Er seufzte verstimmt. „Und verzeihen Sie mir? Ich will mich in keiner Weise rechtfertigen. Was ich getan habe, ist unentschuldbar.“
Sarah überlegte. Es kam ihr kindisch vor, seine Entschuldigung nicht anzunehmen, da er sie offenbar ehrlich meinte.
„Also gut, Sir. Ich nehme Ihre Entschuldigung an.“
„Das war nicht das, was ich hören will.“ Er furchte die Stirn. „Ich wollte hören, dass Sie mir verzeihen.“
„Die Antwort ist Nein.“ Sarah sah ihm in die Augen. „Ich verzeihe Ihnen nicht, dass Sie so zu mir geredet und mich für eine … leichtfertige Frau gehalten haben. Das kann ich nicht verzeihen.“
Guy neigte den Kopf. „Sie sind ehrlich. Ich akzeptiere Ihren Standpunkt, Miss Sheridan. Aber es gibt mildernde Umstände …“
„Von denen Sie gesagt haben, dass Sie sich nicht mit Ihnen rechtfertigen wollen!“
„Das stimmt, aber können wir uns nicht wieder setzen und noch eine Weile reden?“
Einen Moment lang schaute Sarah den Viscount an und nahm dann widerstrebend im Sessel Platz.
Guy setzte sich ebenfalls und stützte das Kinn auf die Hand. „Es tut mir leid, dass ich auf Klatsch, der jeder Grundlage entbehrt, gehört habe. Noch mehr bedauere ich, dass ich ihn mir zu eigen gemacht habe. Ich gestehe jedoch, dass ich neugierig bin, die Wahrheit zu erfahren, Miss Sheridan. Was kann Sie dazu bewogen haben, nach Blanchland zu fahren, obwohl Sie wissen, dass Sie dadurch üble Gerüchte über sich in die Welt setzen?“
Sarah zögerte mit der Antwort. Sie fühlte sich schrecklich versucht, Lord Renshaw die Wahrheit zu erzählen, erkannte jedoch, dass sie diesen Wunsch nur hatte, weil sie wollte, dass er wieder gut über sie dachte. Aber das war kein Grund, das Geheimnis zu verraten. Wenn Seine Lordschaft ihr nicht vertrauen konnte, ohne Bescheid zu wissen, dann war es unangebracht, ihn zu informieren.
„Es geht um eine familiäre Angelegenheit“, antwortete sie ausweichend. „Ich erfülle eine Bitte meines verstorbenen Bruders.“
Guy furchte leicht die Stirn. „Können Sie sich nicht etwas genauer ausdrücken, Miss Sheridan?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß Ihre Sorge zu schätzen, aber es ist eine private Sache. Ich habe niemandem etwas davon erzählt, nicht einmal Amelia. Sie kennt den Grund für meine Reise nicht, ist jedoch willens, sich trotzdem auf mein Urteilsvermögen zu verlassen und mich zu begleiten.“
„Ich verstehe, Miss Sheridan“, murmelte Guy. Er stand wieder auf und schlenderte zum Fenster. „Aber Sie müssen auch meinen Standpunkt verstehen. Sie mögen die lautersten
Weitere Kostenlose Bücher