Ein unmoralisches Angebot
hochroten Gesichts. „Wir müssen unbedingt vor Anbruch der Nacht in Blanchland sein.“
„Müssen Sie das wirklich?“ Guy schlenderte zur Mitte des Raums und wandte sich lächelnd zu Miss Sheridan um. „Haben Sie darüber nachgedacht, was passiert, wenn Sie zur Essenszeit dort ankommen?“, fragte er beiläufig und schaute von Miss Sheridan zu Lady Fenton. „Nun, Sir Ralph mag mitten in einer seiner berüchtigten Orgien sein, und dann platzen Sie hinein! Dafür ist noch Zeit genug, wenn Sie schon eine Weile in Blanchland waren! Wenn Sie Ihre Ankunft jedoch auf den Morgen verschieben, werden alle Leute noch im Bett sein. Natürlich ist das nicht ideal, aber gewiss … unverfänglicher, als wenn Sie abends eintreffen!“
„Unerhört!“, äußerte Amelia.
„Aber wahr!“, sagte Greville kühl.
„Ich befürchte, Milly, Lord Renshaw könnte recht haben“, meinte Sarah nach einem Moment. „Vielleicht sollten wir uns hier Zimmer besorgen.“
„Das kommt überhaupt nicht infrage!“, erwiderte Guy schroff. „Meine Eltern sind gastfreundlich, Miss Sheridan, und es könnte kein größerer Affront für sie sein, als wenn Sie sich zwei Meilen von ihrem Haus entfernt Zimmer in einem Gasthaus nehmen!“
Sarah errötete. „Sie müssen Ihnen ja nicht sagen, dass wir hier sind.“
„Leider wäre es unmöglich, ihnen die Wahrheit vorzuenthalten! Ihre Patentochter, die die zweifelhaften Annehmlichkeiten einer Schenke Woodallan vorzieht! Ich bin sicher, dass meine Mutter dann erschüttert ist!“
Sarah griff nach ihrem Mantel. Irgendwie hatte Lord Renshaw sie ausmanövriert. „Also gut, Mylord! Da ich merke, dass Sie keine Rücksicht auf die Gefühle Ihrer Mutter nehmen wollen, werden wir Sie begleiten. Aber kommen Sie nicht auf den Gedanken …“ Drohend schaute sie Seine Lordschaft an. „… uns von unserem Vorhaben abhalten zu wollen oder sich gar der Unterstützung Ihrer Eltern zu versichern!“
Der Ausdruck in Guys dunklen Augen war spöttisch. „Ich kann meinen Eltern unmöglich erzählen, Miss Sheridan, dass Sie die Absicht haben, nach Blanchland zu fahren! Der Schock würde sie umbringen!“
Er hielt ihr die Tür auf. „Sie sehen sehr hübsch aus, Miss Sheridan“, fuhr er so leise fort, dass nur sie ihn hören konnte. „Wenn ich Ihre jetzige Frisur sehe, komme ich auf den Gedanken …“
„Hören Sie auf!“, unterbrach Sarah gereizt. „Ich habe gestern Abend genug über Ihre Einfälle zu hören bekommen! Ich wundere mich, dass Sie es wagen, sie noch ein weiteres Mal zu erwähnen!“
Er legte ihr die Hand auf den Arm und hielt sie zurück. „Tatsächlich sind sie das, worüber ich mit Ihnen reden will, Miss Sheridan! Ich möchte mich entschuldigen, werde das jedoch erst tun, wenn wir in Woodallan sind!“
Verärgert verkniff Sarah die Lippen. „Es könnte sein, Mylord, dass ich Ihre Entschuldigungen nicht hören will!“
„Sie werden mich ausreden lassen müssen“, erwiderte er in, wie ihr schien, atemberaubend arrogantem Ton. Er reichte ihr den Arm und lachte, als sie an ihm vorbeirauschte und ihn ignorierte. Hinter sich hörte sie Sir Greville und Amelia sich erneut streiten, während man auf den Hof ging.
„Sie sind sich darüber im Klaren, dass Sie mich jetzt heiraten müssen!“, sagte Greville genervt.
„Eher gehe ich über glühende Kohlen, Sir!“, erwiderte Amelia.
Missgelaunt und schweigend fuhr man wenig später nach Woodallan.
Blanchland und Woodallan waren benachbarte Besitzungen und die Eigentümer miteinander befreundet, seit der damalige Baron Woodallan und Sir Edmund Sheridan zur Zeit der Königin Elizabeth als Freibeuter über die Meere gesegelt waren.
Die Kutsche hielt vor dem Portal, und Guy sprang hinaus, um Miss Sheridan beim Aussteigen zu helfen.
„Ich heiße Sie wieder in Woodallan willkommen“, sagte er, und einen Moment lang hatte es den Anschein, dass seine Worte eine größere Bedeutung hatten.
Sarah verdrängte diesen Gedanken. Es war viel zu gefährlich, sich wieder in dieser seit der Kindheit vertrauten Umgebung heimisch zu fühlen, denn in einer Woche oder höchstens zwei Wochen würde sie nach Bath zurückkehren und ihr gewohntes Leben fortsetzen.
Die Countess of Woodallan befand sich in der Halle, um ihren Sohn willkommen zu heißen. Als sich die Kunde von seiner Ankunft verbreitete, hatte es den Anschein, das gesamte Haus sei voller strahlender Dienstboten, die ihn begrüßen wollten. Sarah und die anderen Besucher blieben im Hintergrund,
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