Ein unmoralisches Angebot
bestätigte der Earl lächelnd. „Im Gegenteil, sie hat sich geweigert, mir zu berichten, welcher Art die Schwierigkeiten in eurer Beziehung sind. Ich nehme an, dass ich mich nicht irre, wenn ich vermute, dass du sie heiraten willst.“
Guy grinste. „Ja, Papa, das stimmt. Du hast soeben erwähnt, dass du möchtest, ich solle sesshaft werden. Nun, diesen Gedanken hatte ich schon, gleich nachdem ich sie getroffen habe, obwohl ich nur kurze Zeit mit ihr zusammen bin. Bei einem Roué sind solche Erwägungen doch befremdlich, nicht wahr?“
„So etwas passiert jedem von uns früher oder später“, antwortete Guys Vater trocken. „Aber du hast dich mit ihr gestritten. Über Blanchland?“
„Ja, mehr oder weniger. Ich dachte, ihre Entscheidung, dort hinzureisen, werfe ein schlechtes Licht auf ihren Charakter und ihr Urteilsvermögen. Ich hab einige schreckliche Dinge zu ihr gesagt, derer ich mich wirklich schäme. Nachdem ich Gelegenheit hatte, über diese Äußerungen nachzudenken, bin ich zu der Einsicht gelangt, dass ich Sarah falsch eingeschätzt habe. Ich habe mich bei ihr entschuldigt. Sie weigert sich jedoch immer noch, mir den Grund für ihre Entscheidung zu nennen.“
„Ich glaube, ich kann etwas Licht in diese Sache bringen“, sagte der Earl überraschenderweise. „Am besten liest du jetzt diesen Brief. Er wurde mir über meinen Anwalt zugestellt.“ Der Earl reichte das Schreiben an seinen Sohn weiter.
Mr. Churchwards Brief war kurz und sachlich. Es sei eine Situation entstanden, die ihn genötigt hätte, den beigefügten Brief an den Earl weiterzuleiten. Er sei zuversichtlich, dass Lord Sheridans Brief für sich spräche, meine jedoch, er müsse anmerken, dass auch Miss Sheridan ein Schreiben ihres verstorbenen Bruders erhalten habe.
Guy nahm den anderen Brief und las: „Mylord, ich bin mir bewusst, Sie werden es sehr seltsam von mir finden, dass ich mit Ihnen über mein Grab hinaus kommuniziere. Ich meine jedoch, dass ich das tun muss. Ich sehe mich genötigt, mit Ihnen in Verbindung zu treten, um Sie zu bitten, mir einen großen Gefallen zu erweisen, nicht mir zuliebe – ich kenne Ihre Gefühle für mich nur allzu gut! –, sondern meiner Schwester und gleichzeitig Ihrer Enkelin zuliebe.
Miss Meredith ist jetzt fünfzehn Jahre alt und lebt in Oxford in einem Mädchenpensionat. Sie ist eine hübsche, wohlerzogene junge Dame, die weder mir noch ihren Adoptiveltern je Kummer bereitet hat. Ich habe keinen Grund zu der Annahme, dass sie nach ihrem Schulabschluss nicht zu gegebener Zeit eine gute und für sie sehr geeignete Partie machen wird. Ich wünsche mir nur, ich hätte die Möglichkeit, das sicherzustellen. Leider ist sie mir nicht gegeben. Ich liege im Sterben und bin mir bewusst, dass Miss Meredith und ihre Adoptiveltern durch meinen Tod nicht mehr die Sicherheit haben werden, die meine Familie ihnen seit der Geburt aus dem Hintergrund zu gewähren imstande war.
Ich konnte nur an eine Lösung des Problems denken. Ich habe Dr. Meredith und seine Frau angewiesen, dass sie sich, falls ihre Adoptivtochter je in Nöten sein sollte, mit Mr. Julius Churchward in Verbindung setzen sollen. Mr. Meredith und seine Frau sind gute Menschen, und ich bin davon überzeugt, dass sie auf diesen Hinweis nur zurückgreifen werden, wenn wirklich Not am Mann ist. Sobald Mr. Churchward eine diesbezügliche Nachricht von ihnen erhält, soll er sich mit Sarah in Verbindung bringen und ihr das Problem vortragen.
Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich meine Schwester bitten soll, meiner unehelichen Tochter behilflich zu sein. Das wäre sehr ungewöhnlich. Natürlich hätte ich die Bitte direkt an Sie, Sir, richten sollen, aber die Wahrheit ist, dass ich das nicht gewagt habe. Vor vielen Jahren haben Sie mir deutlich zu verstehen gegeben, welcher Art Ihre Gefühle für mich sind, und ich weiß auch heute noch, dass Sie mir nicht verzeihen können.
Nun flehe ich Sie jedoch der Liebe wegen an, die Sie als Patenonkel für Sarah haben, ihr als Freund beizustehen. Ihre angeborene Rechtschaffenheit wird sie dazu bringen, das Richtige zu tun, aber sie wird vielleicht einen Beschützer brauchen. Und Miss Meredith lege ich Ihnen als unschuldiges Kind ans Herz, das es nicht verdient hat, unter den Fehlern seines Vaters leiden zu müssen. Verzeihen Sie mir meine Anmaßung. Ich kann nur hinzufügen, dass ich Ihnen immer für Ihre Freundlichkeit dankbar sein werde, falls Sie es für richtig erachten, meinem Ansinnen zu
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