Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot
Grünzeug noch nie etwas übrig gehabt.«
»Aber du hast gesagt, dass das Ganze eine Goldgrube sein könnte, wenn man es nur richtig aufzöge.«
»Ja, aber da habe ich mich getäuscht«, sagte Stephan. »Es war, wie gesagt, eine Schnapsidee.«
Immer noch sehnte ich mich nach Herrn Kabulkes Harke, um sie Stephan in den Bauch zu rammen. Was redete er denn da?
»Was hat das denn überhaupt mit Petra zu tun?«, fragte ich.
Stephan seufzte wieder. »Ich versuche dir seit Monaten klarzumachen, dass diese Gärtnerei unsere Ehe kaputtmacht. Ich war einmal ein erstklassiger Marketingexperte, bis ich deinetwegen meinen Job an den Nagel gehängt und diese hirnrissige Gärtnerei gekauft habe. Aber du bist ja blind und taub für meine Argumente, und dir ist es völlig egal, dass ich hier jahrelang meine Zeit vergeudet habe. Mein Gott, auf was ich alles verzichtet habe! Meinst du, ich will nicht endlich mal wieder ein anständiges Auto fahren, einen Urlaub machen und Klamotten tragen, für die ich mich nicht schämen muss?«
Meine erste, heiße Wut war verraucht. Die Harke brauchte ich nun nicht mehr. Die Wut, die jetzt nachkam, war deutlich kälter.
»Ich verstehe immer noch nicht, was das mit dem Frettchen zu tun hat«, sagte ich.
»Im Frühjahr macht der Baumarkt seine Gartenabteilung auf«, sagte Stephan. »Jetzt ist es spruchreif! Glaub mir, dann kommt kein Mensch mehr hierhin.«
»Natürlich«, sagte ich. »Wegen der alten Rosen, der Formschnittgehölze,der seltenen Stauden und der persönlichen Beratung. Vom einmaligen Ambiente, das ich hier schaffen werde, ganz zu schweigen.«
»Ach, hör doch endlich auf zu träumen, Olli.«
»Ich träume nicht«, brauste ich auf. »Oliver und ich werden bald diese Gartenshow haben, und dann wird unsere Gärtnerei berühmt. Der Baumarkt darf gerne Begonien und dämliche, besprühte Weihnachtssterne verkaufen, das ist keine Konkurrenz für uns! Du bist hier derjenige, der sich den logischen Argumenten verschließt, nicht ich! Niemand hat dich gezwungen, bei dieser Sache mitzumachen. Und außerdem hast du mir immer noch nicht erklärt, was das Ganze mit deiner peinlichen Affäre zu tun hat.«
Stephan seufzte tief. »Herrgott, Olli, ich weiß es doch auch nicht. Ich bin ein Mann – es ist einfach passiert.« Und nach einer Weile, in der ich ihn immer noch anstarrte, setzte er hinzu: »Es tut mir Leid.«
»Liebst du sie?«, fragte ich.
»Herrgott, nein!«, sagte Stephan. »Sie ist doch überhaupt nicht mein Typ. Hast du mal gesehen, was für O-Beine sie hat?«
Ich starrte ihn noch eine Weile verwirrt an. »Aber warum hast du dann …?«
»Ach, keine Ahnung«, sagte Stephan. »Mein Selbstwertgefühl hat einfach gelitten, weißt du? Alle meine Freunde haben eine Karriere, nur ich hab diese Gärtnerei am Bein.«
»Und mich«, sagte ich leise.
»Ach, Olli«, sagte Stephan und lächelte schwach. »Ich liebe dich doch.«
»Was?«
»Natürlich liebe ich dich«, wiederholte Stephan. »Das war niemals anders. Das mit Petra war eine Dummheit.« Er lehnte sich in seinen Schreibtischstuhl zurück und sah mich treuherzig an. »Eine Dummheit, für die ich mich entschuldige. So etwas wird nie wieder vorkommen.« Und übergangslos lächelte er sein umwerfendstes Brad-Pitt-Lächeln. »Wenn wir die Gärtnerei verkaufen, sehen wir sie sowieso nie wieder.«
Ich sah ihn kopfschüttelnd an. »Ich will die Gärtnerei nicht verkaufen, Stephan.«
Stephans Lächeln verschwand so plötzlich, wie er es angeknipst hatte. »Olli! Hast du mir nicht zugehört?«
»Doch«, sagte ich. »Diese Arbeit hier macht dich unglücklich. Du fühlst dich minderwertig und möchtest ein schickes Auto fahren und teure Klamotten tragen. Das habe ich verstanden. Aber hast du auch verstanden, was ich gesagt habe? Wir werden bald genug Geld haben, um uns über Wasser zu halten, wir brauchen dafür nicht mal Fritzens Millionen.«
»Ich werde unser Geld nicht in diesen Saftladen stecken«, sagte Stephan mit Nachdruck. »Wenn wir das halbe Jahr durchhalten, dann haben wir eine Chance, ganz neu anzufangen. Und die lasse ich mir von dir nicht vermasseln.«
»Ich verstehe«, sagte ich. Mein Inneres fühlte sich ganz taub an – und kalt wie eine Tiefkühltruhe.
»Olli«, sagte Stephan, und seine Stimme wurde wieder weicher. »Wenn ich einen guten Job bekomme – und das werde ich –, können wir uns eine tolle Wohnung in der Stadt nehmen und das Leben führen, das uns zusteht. Mein Vater hat schon mal seine alten
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