Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot
Lange konnte ich es nicht mehr aufschieben.
Der Sonntag als zweiter Drehtag begann eigentlich ganz gut. Mittlerweile hatte sich herumgesprochen, dass das Fernsehen in Elisabeths Garten drehte, und am Gartenzaun hatten sich jede Menge Nachbarn und Spaziergänger eingefunden, die zuschauten. Die Gaffer sporntendas Team zu Höchstleistungen an. Das Kinderhaus wurde fertig, das letzte Brett des Holzdecks wurde verschraubt, und der kleine gemauerte Brunnen wurde in Betrieb genommen und funktionierte zur Freude aller tadellos.
Schließlich war alles bereit für die Mammutaktion des Rasenverlegens. Die Grassoden waren am Vortag geliefert worden und lagen in unhandlichen Rollen auf Folienbahnen, Jonathan der Stripper hatte mit dem Bagger die Grasnarbe abgetragen, und die anderen hatten, mit Harken und Eimern bewaffnet, den Boden von Steinen befreien und ebnen müssen (dafür hatten wir dann jeden Kabelträger und jedes überflüssige Skriptgirl verpflichtet, denen die Arbeit erstaunlicherweise auch noch Spaß gemacht hatte). Der Boden war also perfekt vorbereitet, und wir waren gut in der Zeit, als sich die Gaffer plötzlich alle verzogen und ein heftiges Sommergewitter samt Platzregen über uns hereinbrach. Fassungslos standen wir alle unter dem Vordach und sahen unseren frisch präparierten Boden davonschwimmen, ebenso wie die Erde um die frischen Pflanzungen.
»Jetzt weiß ich wieder, warum ich zuerst gegen diese Sendung war«, sagte Kimmel und schluckte ein paar Tabletten, von denen ich annahm, sie seien fürs Herz. »Gegen die Naturgewalten ist man machtlos. Film das, Peter, diese Sturzbäche glaubt uns sonst keiner.«
»Normalerweise müssten wir jetzt ein paar Tage warten, bis sich das Ganze abgetrocknet hätte«, sagte ich zu Oliver. »Aber wir müssen in vier Stunden fertig sein. Was sollen wir tun? Den Boden föhnen?«
»Heul nicht«, sagte Oliver unsanft. »Wir müssen jetzt die Nerven bewahren.«
»Ich heule nicht«, sagte ich. »Das ist meine Katzenallergie.«Elisabeths Katze Hummel schlich nämlich immer um meine Beine herum.
Nach dem Wolkenbruch schien beinahe sofort wieder die Sonne.
»Noch ist Polen nicht verloren«, sagte Kimmel.
»Richtig«, sagte Oliver. »Los, Leute, gehen wir wieder an die Arbeit. Wir legen den Rollrasen eben mitten in diesen Matsch, und ich spendiere jedem von euch ein paar neue Schuhe, wenn wir das schaffen.«
»Und Strümpfe«, sagte Konstantin, der bis zu den Knöcheln im Matsch versank.
Ich wandte mich besorgt an den Kameramann. »Am besten nicht so viel von dem Sumpf zeigen«, sagte ich. »Sonst denken die Leute, man muss Rollrasen so verlegen.«
»Das schneiden wir schon, bis es stimmt«, sagte Kimmel.
Ich hatte mich bei der Arbeit ja schon oft schmutzig gemacht, aber so schmutzig wie heute war ich noch nie geworden. Und dann, als ich gerade etwas über die Vorzüge von Rollrasen erzählte und dabei demonstrativ eine Bahn vor der neuen Trockenmauer ausrollte, rutschte ich aus und landete in einem extra tiefen Schlammloch. Mit dem Gesicht zuerst. Es gab wohl keinen im ganzen Team, der nicht vor Lachen grölte. Die Nachbarn kamen ebenfalls voll auf ihre Kosten.
»Und das«, sagte ich in die Kamera, als ich mich wieder hochgerappelt hatte. Ich spuckte ein bisschen Schlamm aus. »Und das ist der Grund, warum man sich beim Gärtnern nie seine besten Sachen anziehen sollte.«
»Klasse«, rief Kimmel. Dann verließ mich die Kamera, um zu filmen, wie Hummel in den frisch befüllten, nagelneuen Sandkasten kackte.
»Komm, Matschi«, sagte Oliver und streckte die Hand aus, um mich hochzuziehen. »Ich weiß nicht, wie du es schaffst, selbst dreckverkrustet noch so sexy auszusehen.«
»Du weißt vieles nicht«, sagte ich.
»Zum Beispiel?« Oliver hatte eine Augenbraue hochgezogen. Ah, wie ich diesen skeptischen Gesichtsausdruck an ihm liebte.
»Ich liebe dich«, sagte ich innig. Plötzlich wusste ich nicht, wie ich das so lange für mich behalten hatte können.
Auf Olivers Gesicht breitete sich ein Leuchten aus, das allerschönste Lächeln, das ein Mensch überhaupt lächeln konnte.
»Und wie lange schon?«
Darüber hatte ich auch viel nachgedacht in den letzten Tagen. »Wahrscheinlich schon mein ganzes Leben lang«, sagte ich. »Noch bevor ich dich überhaupt gekannt habe.«
»Und was ist mit Stephan?«
»Ich hab doch längst mit ihm Schluss gemacht«, sagte ich. Aus meinen Haaren tropfte Schlamm auf meine Nase. »Er soll ohne mich nach Chicago gehen. Ich werde ihm
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